Die Wohnsituation ist deutschlandweit kritisch und es wird über Enteignungen und Mietpreisbremsen diskutiert. Aber wieso eigentlich nicht über eine Studierendenquote? Das könnte zumindest eine Teillösung sein. Ein Kommentar.
“Wenn du jemanden wieder zum Leben erwecken könntest, wer wäre das?” “Wenn Du ein Tier sein könntest, welches wärst du?” “Wie sieht dein perfekter Sonntag aus?” Mit diesen Fragen musste ich mich herumschlagen, als ich auf der Suche nach einem WG-Zimmer in Dortmund war. Ich hatte ein abgebrochenes Studium und den Willen, von meiner Heimat Nordfriesland in die Großstadt „auszuwandern“, in der Tasche. Zu meinem Glück fehlte nur noch ein WG-Zimmer. Und so ging ich etwas zu optimistisch an die Suche nach einem neuen Zuhause.
Dass meine Abende über Wochen mit WG-Bewerbungen, Verhandlungen für Besichtigungstermine und vor allem Frust gefüllt sein sollten, hätte ich damals nicht gedacht. Doch so wie mir geht es vielen in Deutschland. Vor allem Studierende, aber auch Senioren oder Familien sind auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung ist die Wohnungsnot vor allem in den Städten allgegenwärtig.
Vergangenes Wochenende gingen nun in mehreren Städten Zehntausende auf die Straße, um gegen die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu protestieren. Wie Grünen-Vorsitzender Robert Habeck in einem Interview bekannt gab, könnte er sich die Enteignung von Wohnungsgenossenschaften für eine Entschärfung der Mietsituation vorstellen, sofern andere Methoden in Zukunft nicht funktionieren. Damit trat er eine riesige Debatte in Deutschland los.
Neben Enteignung, Mietpreisbremse und Gesetzesänderungen für die Beschleunigung von Bauprozessen, sollte auch mal über eine Studierendenquote für Wohnungsgesellschaften nachgedacht werden.
Studierendenquote für jede Stadt
Laut des Wohnungsmarktberichts der Stadt Dortmund waren 2016 rund 17 Prozent der Dortmunder Mietwohnungen das Eigentum von börsennotierten Anbietern. Davon gehören allein 20.000 Wohnungen dem Wohnungsunternehmen Vonovia und 13.500 der LEG. Mit der Einführung einer Studierendenquote würden diese Großvermieter verpflichtet werden, einen bestimmten Teil ihrer Wohnungen Studierenden zur Verfügung zu stellen. Je nach Studierendenanteil könnte diese Quote in jeder Stadt individuell ermittelt werden. Die Studierenden könnten sich bei der Stadtverwaltung melden und würden Angebote für freie Wohnungen erhalten.
In Dortmund hat sich die Zahl der Studierenden, die dort auch leben von 2008 bis 2015 auf 22.200 Personen verdoppelt – Tendenz stark steigend. In Dortmund ist also mittlerweile etwa jeder 30. Einwohner ein Student und jeder muss irgendwo leben. Die Nachfrage nach Wohnraum steigt also stetig, das Wohnangebot ist allerdings begrenzt. Die Wartelisten im Studentenwohnheim sind lang und einige Semester Wartezeit müssen in Kauf genommen werden. Um eine bezahlbare Wohnung zu bekommen, wäre die Studierendenquote also eine große Hilfe.
Viele Vorteile
Zum einen entstünde viel mehr Diversität in den Mietshäusern und durch den Einzug von Studierenden würden sich mehr Gesellschaftsschichten verbinden. Auch ich merke, dass ich meine Freizeit häufig nur mit anderen Studierenden verbringe. In gemischten Wohnhäusern würde ich Menschen in anderen Lebenssituationen kennenlernen und ein stückweit aus der Blase des Studentenlebens herauskommen.
Für die Studierenden würde die Suche nach einer Wohnung zudem deutlich einfacher werden. Ewige Besichtigungstermine mit 30 anderen Bewerbern und das Hoffen auf eine Zusage würden wegfallen. So würde auch ich mich in Zukunft freuen, wenn ich bei der Wohnungssuche nicht wie damals 60 Anfragen an Unbekannte schicken müsste, sondern beispielsweise drei freie Wohnungen als Angebot bekommen würde, von denen ich mir eine aussuchen könnte.
Mehr Studierenden würde so Wohnraum ohne langes Suchen zur Verfügung stehen. Um für eine Einhaltung der Quote zu sorgen, könnten Vermieter mit Geldstrafen belangt werden, falls diese nicht erfüllt wird.
Natürlich benötigen auch viele andere Menschen bezahlbaren Wohnraum. Damals hätte mir aber eine Studierendenquote sicherlich geholfen und sie wäre ein Anfang, um mit weniger Stress eine bezahlbare Wohnung zu finden. Auch nach meinem kommenden Auslandssemester würde die Quote dazu beitragen, dass ich mir nicht jetzt schon Gedanken machen muss, wo ich nach meiner Rückkehr wohnen kann.
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