In dem Klimapaket der Bundesregierung ist eine Senkung der Mehrwertsteuer für die Deutsche Bahn vorgesehen. Flixbus fühlt sich benachteiligt. Das Münchner Unternehmen will dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen und eine Beschwerde bei der EU-Kommission einreichen. Dabei profitiert die Marke Flixtrain selbst von der Steuererleichterung.
Im Oktober hat die Bundesregierung das Klimapaket verabschiedet. Damit sollen die CO2- Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Ein wesentlicher Bestandteil des Klimapakets ist die Senkung der Mehrwertsteuer auf Zugtickets des Fernverkehrs. Damit will die Bundesregierung erreichen, dass mehr Menschen für längere Strecken mit dem Zug fahren, anstatt das Flugzeug oder das Auto zu nutzen.
Die Mehrwertsteuer für Bahntickets wird ab Januar 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Von dieser Steuersenkung profitieren alle Anbieter von Verbindungen von Fernzügen. Dazu gehört neben der Deutschen Bahn und der Österreichischen Bundesbahn nur Flixtrain – die Zugmarke von Flixbus.
Flixbus sieht sich als Konkurrent der Deutschen Bahn
Für Fernbusse sieht das Gesetz dagegen keine steuerlichen Vergünstigungen vor. Dagegen will Flixbus Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen. Das Münchner Unternehmen sieht sich als Konkurrenten der Deutschen Bahn. Bei günstigeren Preisen des Wettbewerbers müsste auch Flixbus nachziehen, profitiere dabei aber nicht von geringeren Steuern, beklagte Flixbus-Gründer Andre Schwämmlein gegenüber der Deutschen Presseagentur.
„Wir sind davon überzeugt, dass eine einseitige Mehrwertsteuersenkung für die Bahn, also ohne den umweltfreundlicheren Fernbus zu berücksichtigen, rechtlich nicht erlaubt ist,” sagte Andre Schwämmlein der dpa.
Benachteiligung der Busbranche
Um dies prüfen zu lassen, hatte Flixbus hatte zuvor ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dies ergab, dass die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für den Schienenverkehr ein Verstoß gegen den EU-Grundsatz der steuerlichen Neutralität wäre. Daraus begründet sich auch die Beschwerde an die EU-Kommission.
Flixbus befürchtet, dass die Fernbusbranche bis zu 30 Prozent ihrer Kunden verlieren könnte. Denn die Bahn könnte durch die Steuersenkung auch indirekt den Preisnachteil gegenüber Flixbus wettmachen. Davon sind auch andere Busunternehmen in ganz Deutschland betroffen. Eine Senkung der Mehrwertsteuer nur auf Bahntickets wäre eine unzulässige Benachteiligung der Busbranche, sagt auch Tilman Wagenknecht vom mitteldeutschen Verband der Omnibusunternehmer: “Der Manager, der von Berlin nach München mit dem ICE fährt, zahlt in Zukunft nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer – die Schulklasse, die mit dem Reisebus fährt, zahlt 19 Prozent Mehrwertsteuer.”
Flixbus will Verbindungen streichen
Die Deutsche Bahn hatte bereits angekündigt, die Steuersenkung vollständig an die Kunden weiter zu geben. Tickets würden damit rund zehn Prozent günstiger werden. Daraus zog der Marktführer Flixbus bereits erste Konsequenzen und kündigte an, Strecken und Haltestellen streichen zu wollen. Rund 30 Prozent des Netzes ständen auf dem Prüfstand. Davon seien besonders Strecken an den deutschen Küsten und in Touristengebieten wie dem Harz betroffen. Aber auch Haltestellen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sollen möglicherweise ersatzlos gestrichen werden.
Diese Streichungen könnten vor allem für Reisende zum Problem werden: Denn die Fernbusse fahren vor allem in Regionen, in denen die Zuganbindungen an Fernzüge schlecht sind. So könnten beispielsweise Regionen in Mitteldeutschland weiter vom Verkehrsnetz ausgeschlossen werden. Damit würde eine Verkehrswende nur erschwert.
Flixtrain fährt mit 100 Prozent Ökostrom
Flixbus sieht sich wegen der geplanten Steuererleichterungen auch deshalb benachteiligt, weil das Unternehmen Anfang September bekanntgegeben hatte, bis 2030 CO2-frei fahren zu wollen. Gegenüber dem Handelsblatt sagte Flixbus-Gründer Andre Schwämmlein: “Wir übernehmen Verantwortung und investieren in alternative Antriebe. Das machen wir aus Überzeugung und nicht aufgrund von Regularien oder Subventionen. Aber wir erwarten, dass das durch die Politik entsprechend gewürdigt wird.“
Flixtrain ist im Mai dieses Jahres in Deutschland gestartet. Unter anderem gibt es eine Direktverbindung von Köln nach Berlin, die auch eine Haltestelle in Dortmund hat.
Das Umweltbundesamt hatte errechnet, dass ein Reise- oder Fernbus bezogen auf einen Passagier und einen gefahrenen Kilometer rund 30 Gramm an klimaschädlichen Gasen produziert. Ein Fernzug kommt dagegen auf etwa 40 Gramm. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen sind die Emissionen eines modernen Diesel-Busses nach der Euro-6-Norm Euro nicht sehr hoch. Zum anderen fährt die Deutsche Bahn aktuell noch zu einem großen Teil mit Kohle- beziehungsweise Atomstrom. Nur rund 57 Prozent des genutzten Stroms ist Ökostrom. Der Flixtrain fährt dagegen bereits mit 100 Prozent Ökostrom.
Klage wird eingereicht, wenn Gesetz in Kraft tritt
Zu beachten ist hierbei allerdings, dass solche Verkehrsmittel-Vergleiche nur begrenzt aussagekräftig sind, wie das Handelsblatt schreibt. Das liegt daran, dass mit Durchschnittswerten gerechnet wird. Allerdings hat beispielsweise die Auslastung eines Busses oder eines Fernzuges großen Einfluss auf dessen CO2-Bilanz. Auch müssten korrekterweise die Emissionen berücksichtigt werden, die beim Aufbau der Infrastruktur entstehen, die beide Verkehrsmittel benötigen.
Fest steht jedoch, dass Bus und Bahn haben zusammen die besten CO2-Werte haben, sodass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht logisch wäre. Selbst der Lobbyverband “Allianz pro Schiene” bestätigte, dass der Reisebus pro Personenkilometer die geringsten Umweltkosten verursacht.
Auch der Autoverband ADAC forderte eine niedrigere Steuer für den Fernbusverkehr. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und Beschwerde bei der EU-Kommission gegen den Steuerrabatt auf Fernzug-Tickets will Flixbus einreichen, sobald das Gesetz in der aktuellen Form in Kraft tritt.
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