Frauenfußball beim BVB: Besser spät als nie

Logo des BVD

Borussia Dortmund steigt im Sommer in den Frauenfußball ein. Gestartet wird zunächst mit einem Team in der Kreisliga.  In gut zehn Jahren will der Verein den Aufstieg in die Frauen-Bundesliga geschafft haben. Dabei ist der Schritt in den Frauenfußball für den BVB längst überfällig. Ein Kommentar.

Im vergangenen Herbst wurde es beschlossen: Borussia Dortmund gründet – endlich – eine Frauenfußballabteilung. Dieser Schritt ist nach Angaben des Vereins auf Initiative der Mitglieder begangen worden. Aber auch Fußball-Nationalspielerinnen aus Dortmund und Umgebung haben schon mehrfach eine BVB-Frauenabteilung gefordert. Dazu gehört unter anderem die DFB-Kapitänin Alexandra Popp. Diese zeigte im November 2019 in ihrer Instagram-Story ein Bild von einem Banner auf der Südtribüne, auf welchem die BVB-Fans eine Frauenfußballabteilung fordern. Dazu schrieb Popp: „Wäre schön, wenn es passiert und ich meine Karriere vielleicht bei meinem Herzensverein beenden könnte!“

Auch Popps Nationalmannschafts-Kollegin Lina Magull glaubt, dass der Verein im Frauenfußball etwas bewegen könne. Gegenüber der FAZ sagte sie, dass „viele gute Spielerinnen schon gesagt haben, dass sie sofort für den BVB spielen würden.“ Allein das zeigt schon, was der BVB für eine Anziehungskraft auch im Frauenfußball erreichen kann. Im gesamten Ruhrgebiet wird es vermutlich viele junge Mädchen geben, die Fans von Borussia Dortmund sind und den Traum haben dürften, einmal für diesen Verein aufzulaufen. Es muss die Möglichkeit geben, dass sich dieser Traum erfüllen kann. Diese Chance wird sich in ein paar Monaten bieten. Das Projekt Frauenfußball beim BVB kommt spät, aber es kommt.

Der BVB beginnt ganz unten

In diesem Sommer startet das Frauenteam von Borussia Dortmund in der Kreisliga. Der BVB hat sich dagegen entschieden, die Lizenz eines anderen Teams zu kaufen und mit diesem Team ein paar Ligen höher zu starten. In diesem Falle hätte man sozusagen die Ligazugehörigkeit einer Frauenfußballmannschaft eines anderen Vereins übernommen und die Mannschaft in den BVB eingegliedert. Der Weg in die Bundesliga wäre somit erheblich kürzer gewesen.

Der Verein hat zwar den schwierigsten Weg an die Spitze des deutschen Frauenfußballs gewählt, aber auch den authentischsten. Es passt zum BVB, so etwas selber aufzubauen und dem Image als „Arbeiterklub“ treu zu bleiben. Der Verein hat schließlich die Qualität und die Möglichkeiten, adäquates und qualifiziertes Personal für die wichtigen sportlichen Stellen, wie zum Beispiel für die sportliche Leitung und den Trainerposten der Frauenmannschaft, zu gewinnen. So kann man immer wieder kleine Fortschritte machen.

https://twitter.com/bvb/status/1366044768413835271

Als erste wichtige Personalien wurden bereits die ehemalige Nationalspielerin Annike Krahn, sowie der ehemalige BVB-Profi Christian Timm engagiert. Sie werden nach Angaben des BVB „in sportlich beratender Funktion“ tätig sein. Allein schon die professionellen Strukturen und Stellenbesetzungen machen den BVB interessant für junge Fußballerinnen. In diesen Strukturen könnte jedoch auch ein Problem liegen. Die Gefahr ist natürlich vorhanden, dass das Team von Borussia Dortmund gerade in den untersten Ligen extrem dominiert, da der Verein professionell aufgestellt ist, während die anderen Klubs in der Liga auf Amateurniveau arbeiten und spielen.

Beim Verein wird das zwar ausgeschlossen, es könnte jedoch die sportliche Entwicklung an sich im Endeffekt ausbremsen. Auf Dauer ist es nicht förderlich, wenn man in der Liga alle Spiele mit acht bis zehn Toren Unterschied gewinnt und sportlich kaum gefordert wird, weil alle anderen Vereine sportlich extrem unterlegen sind. Der Verein hat sich nach eigenen Angaben vor der Gründung der Frauenabteilung auch mit anderen, kleinen Dortmunder Vereinen über diesen Schritt abgestimmt. Diese werden möglicherweise unter dem großen BVB leiden. Der Verein darf seine finanziell stärkere Position gegenüber anderen Vereinen nicht ausnutzen, er muss sich so verhalten wie ein normaler Kreisligist. Hier muss der BVB entgegen wirken, um die anderen Vereine nicht zu überrollen. Der BVB darf sie nicht kaputt kaufen, sondern muss dafür sorgen, den Frauenfußball in der Region zu stärken.

Finanzielles Wachstum ist wichtig

Ein weiterer Grund, warum die Gründung einer Frauenfußballabteilung sinnvoll ist, ist das Finanzielle. Auch wenn es schwieriger ist, während der Corona-Pandemie ein solches Projekt zu starten, wird es sich vermutlich im Endeffekt finanziell bezahlt machen. Auf Dauer winken in dieser Branche wichtige, zusätzliche Einnahmen für Borussia Dortmund, wie zum Beispiel TV- und Werbeeinnahmen, Erfolgsprämien und natürlich Zuschauereinnahmen. Auch wenn der Verein – trotz der Corona-Pandemie – finanziell laut Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke stabil ist, ist die wirtschaftliche Entwicklung auf lange Sicht nicht außer Acht zu lassen. Der Frauenfußball kann Borussia Dortmund in diesem Fall als Marke noch größer werden lassen. Der Verein kann mit einem Frauenteam weitere Fans gewinnen und so auch weitere Faneinnahmen, wie durch den Verkauf von Tickets oder von Fanartikeln, generieren. Das ist heutzutage das Ziel eines jeden Fußballvereins, da muss auch der BVB jede Chance nutzen.

In dieser Hinsicht muss man auch folgenden Fakt betrachten: 14 von 18 Vereinen in der Männer-Bundesliga 2020/2021 haben bereits ein Frauenteam. Warum also nicht der BVB, immerhin nach dem FC Bayern die zweiterfolgreichste Kraft in Fußballdeutschland. Da ist es fast logisch und erwartbar, dass dieser Klub in den Frauenfußball einsteigen muss. Deutschland ist schon lange eine große und erfolgreiche Nation im Frauenfußball. Auch die großen deutschen Erfolge im europäischen Frauenfußball, beispielsweise vom FC Bayern oder dem VfL Wolfsburg, haben Zeichen für den deutschen Frauenfußball auf Vereinsebene gesetzt. Ein Verein wie Borussia Dortmund gehört auch in diese Riege. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der BVB nicht erst seit ein paar Jahren zu den erfolgreichsten Vereinen in Deutschland gehört. Zuletzt ist sogar der FC Schalke 04 mit zwei Teams in der Kreisliga der Frauen gestartet. Ein so großer Verein wie der BVB darf sich von seinem regionalen Rivalen nicht abhängen lassen.

Borussia Dortmund kann dem Frauenfußball gut tun

Nicht zuletzt ist der Schritt des BVB in den Frauenfußball auch ein weiteres, starkes Zeichen für mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Fußball. Denn auch wenn der Frauenfußball bei den Fans beliebter wird: Im Profifußballgeschäft selber hat der Frauenfußball weiterhin Schwierigkeiten, sich neben dem Männerfußball zu etablieren. Dabei kann ein weiterer großer Verein wie der BVB mit einer Frauenfußballabteilung sehr helfen. Gleichberechtigung muss das Ziel sein. Auch innerhalb des Vereins. Borussia Dortmund ist für den Fußball bekannt, da sollen die Frauen die gleichen Chancen haben wie die Männer.

Bisher hat sich Borussia Dortmund gegen die Gründung einer Abteilung für Mädchen- und Frauenfußball gewehrt. Zu lange. Es gab schon oft Diskussionen und öffentliche Forderungen, beispielsweise auch auf Mitgliederversammlungen. Der Verein hat seine Entscheidung einmal damit begründet, dass Borussia Dortmund keine Geschichte im Frauenfußball habe. „Die Abteilungen waren schon immer unterteilt in Herrenfußball, Frauenhandball, Tischtennis und ein Blindenfußballteam“, so der BVB in einer Pressemitteilung. Dass dieses Argument äußerst dürftig ist, sollte klar sein.

Natürlich gibt es bei so einem Projekt immer Unwägbarkeiten. Funktioniert die sportliche Entwicklung wie geplant? Ist der Verein finanziell stark genug aufgestellt? Können genug Spielerinnen für das Projekt begeistert werden? All diese Fragen muss Borussia Dortmund in den nächsten Jahren beantworten. Wichtig ist jedoch zunächst, dass der BVB sich endlich für eine Frauenfußballabteilung entschieden hat. Der Verein hat gute Chancen, sich langfristig in der Bundesliga zu etablieren. Vielleicht nicht in zehn Jahren, sondern erst in 15 Jahren. Zunächst muss aber im Sommer der erste Schritt gemacht werden. Der kommt zwar spät, aber auch hier gilt: Besser spät als nie.

Beitragsbild: Patrick Scholz

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