Mein Körper braucht keine Kommentare

Es ist mal wieder soweit: Der Sommer steht vor der Tür, die Temperaturen steigen, die Klamotten werden kürzer. Und was bedeutet das für uns? Ganz genau, jede und jeder fühlt sich dazu befugt, die eigene Meinung zu deinem äußeren Erscheinungsbild preiszugeben. Du glaubst nicht, dass das problematisch ist? Doch, ist es, sagt unsere Autorin.

“Woher hast du denn die ganzen Narben?”, “Mensch, toll wie du abgenommen hast”, “Die Beine könntest du dir aber schon mal wieder rasieren!”. Das sind nur einige wenige Beispiele von alltäglichen Kommentaren, die man sich im Sommer so anhören muss. Auf den ersten Blick klingen die meisten davon komplett harmlos und unbedeutend, für einige sind sie es jedoch nicht.

Wenn mich jemand fragt, woher ich meine Narben habe, erstarre ich erstmal und weiß nicht, was ich antworten soll. In den meisten Fällen stecken hinter solchen Fragen überhaupt keine bösen Absichten und die Person ist einfach neugierig. Mein erster Reflex ist aber nicht, einem fremden Menschen von meinem zwanghaften Verhalten zu erzählen. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass eine Person mit selbstverletzendem Verhalten am Badesee von der psychischen Diagnose erzählen möchte. Narben haben nunmal nicht immer lustige Geschichten als Hintergrund, wie als ich als Kind die Kontrolle über mein Bobbycar verloren habe oder betrunken gestolpert und von der Bierbank gefallen bin – sie können auch durch ein traumatisches Erlebnis in der Vergangenheit entstanden sein. Die Frage mag also zunächst harmlos erscheinen, trägt aber häufig einiges an psychischer Last bei der befragten Person mit sich.

Auch Komplimente sind nicht immer schmeichelnd

Wenn ich also davon rede, dass wir keine Körper kommentieren sollten, dann rede ich nicht nur vom Gewicht. Ganz abgesehen von den ganzen fettfeindlichen Kommentaren, die sich mehrgewichtige Menschen jeden Tag anhören müssen, sind auch vermeintliche Komplimente komplett unangebracht. Der Klassiker: “Mensch, toll wie du abgenommen hast, sieht richtig gut aus”. Was daran falsch ist? Zuerst drückt es aus, dass dünner eben direkt besser ist. Es suggeriert, dass mein Körper vorher eben nicht so schön war wie jetzt, wo er vermutlich mehr dem gesellschaftlichen Schönheitsideal entspricht.

Komplett außer Acht gelassen wird außerdem der Fakt, dass Abnehmen nunmal nicht immer etwas Positives ist. Es gibt etliche physische und psychische Krankheiten, die zu Gewichtsabnahme führen, die oftmals also keine positiven Assoziationen in einem hervorrufen. Wie wäre es also, wenn wir Komplimente in Zukunft einfach körperunabhängig gestalten? Es gibt so viele Dinge, die einen Menschen schön machen. Komplimente zur Person oder der Ausstrahlung sind sowieso viel herzlicher. Ich bin mir sicher, da dürfte jedem*jeder etwas einfallen.

 

Beitrag und Teaser: Foto: Simon Gerlinger

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