Steigende Inzidenz in Dortmund: Wie schlimm wird die Sommerwelle?

Die Corona-Inzidenz in Dortmund ist stark gestiegen. Ist die Stadt auf die anrollende Sommerwelle vorbereitet? Unternehmen setzen auf Eigenverantwortung, ein Experte ordnet ein.

Vor dem langen Wochenende schmieden Dortmunder*innen Pläne. Private Partys, Grillabende, Club-Besuche. Konzerte, Sportveranstaltungen und Festivals sind wieder voll ausgelastet. Die Temperaturen steigen, die Sonne scheint – bestes Wetter für die Dinge, über die coronabedingt lange nur um Konjunktiv gesprochen werden durfte. Die Zeit der Entbehrungen ist für viele Menschen vorbei, der Sommer verspricht gut zu werden. Das lässt etwa der Veranstaltungskalender der Stadt vermuten. Doch in diese allgegenwärtige Sorglosigkeit platzt eine Meldung, deren Klang vielen noch bekannt ist.

Die Stadt Dortmund hat in einer Mitteilung auf der eigenen Homepage einen Überblick über die Corona-Lage in der Stadt gegeben. Das Zahlenwerk: Beunruhigend. Die Inzidenz ist deutlich gestiegen. Auch weitere Parameter, die das gesellschaftliche Leben seit Beginn der Pandemie bestimmt haben, drehen in eine allgemein unerwünschte Richtung.

Mehr Corona-Patient*innen in Dortmunder Krankenhäusern

Die Inzidenz, lange Maßstab für Öffnungen und Schließungen öffentlicher und privater Einrichtungen sowie die Zulassung von Events, ist in den vergangenen Tagen geklettert. Von 515 am 14. Juni 2022 auf fast 540 am Folgetag. Hinzu kommt eine deutliche Differenz zur Vorwoche. Und auch auf den Stationen haben die Verantwortlichen in Dortmunder Krankenhäusern mehr Patient*innen mit Corona-Infektionen gezählt. Dort, so ist zu vernehmen, seien intensive Maßnahmen zwar nicht erforderlich. Die prozentualen Anstiege aber gäben dennoch Grund zur Sorge.

Birgit Zoerner, Krisenstabsleiterin der Stadt Dortmund, will die Ursache im Beginn der Urlaubssaison ausgemacht haben. Die Gesundheits- und Sozialdezernentin richtete sich auf einer Pressekonferenz in dieser Woche daher mit einer Bitte an die Bevölkerung: „Auch wenn es im Sommer warm ist: Tragen Sie eine Maske und achten Sie weiterhin auf Abstände.“ Grund zur Panik sei die aktuelle Situation aber nicht. Jedoch – so ist die Aussage zu deuten – fordert Zoerner weiter zu eigenverantwortlichem Verhalten auf: „Es macht weiterhin Sinn, sich impfen zu lassen, da es ein guter Schutz gegen schwere Verläufe ist.“

Carsten Watzl sieht Unterschied zu vergangenen beiden Jahren

Prof. Carsten Watzl ist Leiter des Forschungsbereichs Immunologie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Im Gespräch mit KURT begründet er die steigenden Fallzahlen und sieht einen Unterschied zu den vergangenen beiden Jahren. Zwar sei in diesem Sommer wieder ein saisonaler Effekt erkennbar. Im Sommer und bei höherer UV-Strahlung habe es das Virus grundsätzlich schwerer, sich auszubreiten. “Auf der anderen Seite aber ist ein Omikron-Subtyp im Umlauf, der es mitunter schafft, diesem saisonalen Effekt entgegenzuwirken.”

Der Anteil von Infektionen mit dem Omikron-Subtyp BA.5 habe vor rund zwei Wochen noch bei zehn Prozent der Fälle gelegen, in der Woche darauf schon bei 20 Prozent. Jetzt könnte er bereits bei knapp der Hälfte der Neuinfektionen liegen.

Watzl drückt damit aus, was Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Interview mit „Rheinische Post“ drastischer formuliert hat: „Die angekündigte Sommerwelle ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannung.“

Wie aber passt die Prognose des Ministers mit der omnipräsenten Aufbruchstimmung nach zwei Jahren Entbehrung zusammen?

“Wir beobachten, dass die meisten mit Maske kommen”

Watzl sieht eine deutlich veränderte Situation mit Blick auf die Corona-Lage, obschon die Pandemie längst nicht beendet ist. Dass eine gewisse Sorglosigkeit eingekehrt ist, könne er gut nachvollziehen, betont der Dortmunder Professor. Auf Großveranstaltungen werde man Infektionen aber nicht vermeiden können. Demnach gelte es, sich an die bekannten Maßnahmen zur Eigenverantwortung zu halten. Wer sich nach einem Festival „schlecht fühlt oder Symptome entwickelt, sollte nicht direkt seine Großeltern besuchen gehen“.

Im Theater Dortmund hat man sich dazu bereits Gedanken gemacht. Hier bleibe man vorsichtig, betont Sprecher Alexander Kalouti. Weiterhin werden die Plätze für Veranstaltungen ausschließlich im Schachbrettmuster verkauft. Das bedeutet, dass zwischen einzelnen Plätzen Freiräume bleiben. „Außerdem bitten wir unser Publikum, weiterhin eine Maske zu tragen, um sich selbst zu schützen. Dies ist jedoch freiwillig. Wir beobachten, dass die meisten mit Maske kommen“, sagt Kalouti gegenüber KURT.

Flughafen Dortmund sind die Hände gebunden

Den Verantwortlichen am Dortmunder Flughafen wiederum sind teilweise die Hände gebunden. Im Airport-Gebäude empfehle man weiterhin das Tragen einer Maske. Mehr Handhabe sei aber nicht möglich, erklärt Sprecher Tim Elsdörfer im KURT-Gespräch. Was Reisende betrifft, ende mit Verlassen des Flughafens die Möglichkeit der Einflussnahme auf deren Verhalten: „Auf den Flügen selbst ist es je nach Ziel und Airline immer noch eine Maßgabe.“

Nach Meinung von Expert*innen rollt die Corona-Sommerwelle auch auf Dortmund zu, doch inzwischen sind Mediziner*innen besser vorbereitet als bei vorherigen Wellen. Zum einen könne man Patient*innen inzwischen deutlich besser behandeln, stellt Carsten Watzl klar. Außerdem haben Beobachter*innen festgestellt, dass bisherige Infektionen mit der Omikron-Variante für eine höhere Infektions-Immunität bei Betroffenen gesorgt haben. Watzl: „Gerade in Stadtteilen, in denen die Inzidenzen sehr hoch waren – zum Beispiel in der Nordstadt – infizieren sich momentan sehr wenige Menschen. In Hombruch ist es dagegen umgekehrt.“

Beitragsbild: Gerd Altmann / Pixabay

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