Werbung für Schwangerschaftsabbrüche ist jetzt erlaubt? – Das wichtigste zur Streichung des § 219a

Die Ampelregierung streicht den Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch. Das hat der Bundestag am 24. Juni entschieden. Was bedeutet das für gebärfähige Personen, Ärzt*innen und schon gefallene Urteile wie das von Kristina Hänel?

„Ich lasse den Paragrafen 219a streichen, weil er Ärztinnen und Ärzten verbietet, sachlich über Methoden aufzuklären.” So hat sich Bundesjustizminister Marco Buschmann im Interview mit KURT während des Wahlkampfs in NRW geäußert. Jetzt ist es so weit: Die Ampelkoalition hat 219a gestrichen. Was ändert sich?

Das regelte der §219a

In der Anfangszeit des Nationalsozialismus 1933 führte der Gesetzgeber den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch ein. Früher war das der Paragraf 220 im Reichsstrafgesetzbuch. Er regelte die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Allgemein galt bisher: Es war strafbar, wenn Ärzt*innen öffentlich darüber informierten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder wenn sie über die Methoden aufklären. Zumindest, wenn es wegen eines Vermögensvorteils, in reißerischer Weise oder in Bezug auf strafbare Schwangerschaftsabbrüche passierte. Der Vermögensvorteil galt für Ärzt*innen, die den Schwangerschaftsabbruch durchführen. Denn sie erhalten ein Honorar für den medizinischen Eingriff. Wenn sie dagegen verstießen, drohte ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Doch es gab Ausnahmen. Zum Beispiel durften Ärzt*innen, Krankenhäuser oder Einrichtungen ihre Kolleg*innen und staatlich anerkannte Beratungsstellen darüber aufklären, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Diese durften es an Betroffene weitergeben. Außerdem durften Ärzt*innen, Krankenhäuser oder Einrichtungen seit März 2019 öffentlich zum Beispiel auf ihrer Website darauf hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Der Bundestag hatte den Paragrafen 219a entsprechend geändert. Die Ärzt*innen durften aber nicht darüber informieren, wie sie vorgehen.

Wie der Fall von Kristina Hänel das Gesetz veränderte

 

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Dass der Bundestag den Paragrafen geändert hat, ist Kristina Hänel zu verdanken. Sie ist Ärztin und hat sich dazu entschieden, gegen das Gesetz zu verstoßen. Auf der Website ihrer Praxis für Allgemeinmedizin hat sie öffentlich gemacht, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt und welche Methoden es gibt. Das war zu dieser Zeit illegal. Deshalb laufen seit 2009 mehrere Ermittlungsverfahren gegen sie. Auf Twitter schreibt Hänel dazu:

Das Landgericht Gießen verurteilte Kristina Hänel mehrmals zu einer Geldstrafe. Abtreibungsgegner*innen zeigten sie in allen Fällen an. Hänel reichte immer wieder Revision und 2021 eine Verfassungsbeschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein.

Auch betroffene gebärfähige Personen leiden darunter, dass sie nicht von Fachkräften aufgeklärt werden, sondern dass Abtreibungsgegner*innen zum Teil Falschinformationen verbreiten. Das erschwert den Zugang zu seriösen Informationen.

Hier findet ihr Seiten, die sachlich über Schwangerschaftsabbrüche aufklären:

Was bedeutet die Streichung?

Dagegen geht die Ampelregierung jetzt vor. Der Bundestag und der Bundesrat haben zugestimmt, den Paragrafen 219a ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das bedeutet, dass Ärzt*innen jetzt zum Beispiel auch darüber informieren dürfen, wie sie bei Schwangerschaftsabbrüchen vorgehen. Die Änderung führt dazu, dass Urteile wie das von Kristina Hänel nicht mehr rechtskräftig sind.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hält es außerdem für wichtig, die medizinischen Voraussetzungen zu verbessern. „Es gibt Landstriche in Deutschland, da werden überhaupt keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vorgenommen. Da müssen junge Frauen hunderte von Kilometern weit reisen. Ich finde, wir müssen jetzt erstmal diese praktischen Probleme lösen“, sagt Buschmann.

Einigen Aktivist*innen, Politiker*innen und Parteien geht das nicht weit genug. Sie wollen auch den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch streichen lassen. Dieser regelt, dass betroffene Personen Schwangerschaftsabbrüche nur unter bestimmten Voraussetzungen wie der Beratungspflicht durchführen lassen dürfen. Die Ampel-Regierung hat dazu im Koalitionsvertrag nichts vereinbart.

Beitragsbild: Pexels/Derek French

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