Proteindatenbank – ein neuer Stern am Nachhaltigkeits-Himmel?

Proteine sind für Menschen überlebenswichtig. Der Industrie fehlen für die Herstellung von pflanzlichen Proteinprodukten aber häufig Informationen. Daher ist es aufwendig und teuer Alternativen zu Huhn, Ei und Co. zu produzieren. Das soll sich ändern.

Die vegetarische oder vegane Ernährung liegt im Trend. Das zeigt der Ernährungsreport 2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). 64 Prozent der zwischen 14- und 29-Jährigen haben mindestens einmal im vergangenen Jahr Alternativen zu tierischen Produkten gekauft. Bei den über 60-Jährigen sind es 29 Prozent. Am beliebtesten sind pflanzliche Produkte wie Soja- oder Hafermilch. Der Grund für den Kauf sei vor allem Neugier. Aber auch die Tierschutz- und Umweltaspekte haben im Vergleich zu den letzten Jahren laut Ernährungsreport deutlich zugenommen.

Neues Projekt in der Lebensmitteltechnologie

Der Innovationsraum „Newfoodsystems“ hat das Projekt „nachhaltige Proteinzutaten“ entwickelt. Das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV), die Universität Bonn und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg sind ebenfalls an dem Projekt beteiligt. Gefördert wird es durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. In diesem Projekt werden Proteine aus vielversprechenden pflanzlichen und alternativen Quellen auf ihre verschiedenen Eigenschaften erforscht. Bei pflanzlichen Quellen handelt es sich zum Beispiel um Soja oder Erbsen. Zu den alternativen Quellen gehören Insekten wie Heuschrecken oder Mehlwürmer. Die Forscher*innen untersuchen die chemische Zusammensetzung, die ernährungsphysiologischen und die physikalisch-chemischen Eigenschaften. Zu den chemischen Eigenschaften gehören der Fettgehalt und der Rohstoff- oder Stärkegehalt des Proteins. Bei den ernährungsphysiologischen Eigenschaften wird der Gehalt der unentbehrlichen Aminosäuren gemessen. Die physikalisch chemischen Eigenschaften geben an, wie gut die Proteine zum Beispiel Wasser oder Öl binden können und wie gut sie sich in verschiedenen Flüssigkeiten lösen lassen.

Die ermittelten Werte werden in einer Proteindatenbank festgehalten. Ziel des Projektes ist es, eine umfassende Datenbank für Lebens- und Futtermittelhersteller zu entwickeln. Noch katalogisiert und durchsucht die Datenbank vor allem nach unterschiedlichen Proteinen. Perspektivisch soll sie durch eine Rechenfunktion erweitert werden, sodass den Hersteller*innen von alternativen Lebensmittelprodukten bei der Eingabe verschiedener Anforderungen eine Proteinkombinationen vorgeschlagen wird. Dadurch können die Hersteller*innen gezielt die Zutaten einkaufen, die sie für die Produktion benötigen. Zugang zur Datenbank sollen alle erhalten.

Ist das ein Durchbruch?

Dr. Susanne Gola, Gruppenleiterin Lebensmittelzutaten und Projektleitung am Fraunhofer IVV sagt: „Die Auswahl der richtigen Proteine ist aktuell für die Hersteller schwer zu entscheiden, da die Datengrundlage noch nicht verfügbar ist.“ Auch der Lebensmitteltechnologe Dr. Knut Franke von der Leibniz Universität Hannover sieht große Zukunftschancen für die Proteindatenbank. „Durch die vereinfachte Verfügbarkeit wichtiger Daten können die Proteinquellen sehr viel zielgenauer ausgewählt werden. Dadurch muss weniger ausprobiert werden, so dass Zeit und Ressourcen in den Unternehmen gespart werden.“

Nachhaltigkeit steht im Fokus

Mit der stetig wachsenden Weltbevölkerung wird auch die Nachhaltigkeit in der Ernährung immer wichtiger. „Durch Herstellung und die Weiterverarbeitung der pflanzlichen Proteine kann ein bedeutend großer Anteil zur Verbesserung des Klimas beigetragen werden“, betont Dr. Susanne Gola. Komplett alternativlos seien die pflanzlichen Proteine für die Kund*innen allerdings nicht, gibt der Lebensmitteltechnologe Dr. Knut Franke zu bedenken. „Rein aus Nachhaltigkeitsaspekten werden wir den Konsum tierischer Produkte nicht komplett einstellen müssen.“ Es gebe sehr viele Böden auf der Erde, auch in Deutschland, die sich zum Beispiel nicht für den Anbau von Getreide oder Ähnlichem eignen, dafür aber sehr gut als Weideland genutzt werden können.

Nachdem nun auch die Europäische Union Insekten in Lebensmitteln erlaubt hat, kann sich der Markt der alternativen Produkte weiter ausbreiten. Die dafür benötigten Kooperationen zwischen Lebensmittelindustrie und Forschung werden durch das Projekt „nachhaltige Proteinzutaten“ unterstützend vorangetrieben.

Was ist ein Innovationsraum?
Das Konzept der Innovationsräume ist ein großes Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In diesen Innovationsräumen können Forschungs- und Industriepartner über Grenzen hinweg zusammenarbeiten und werden staatlich gefördert. Newfoodsystems ist einer von vier Innovationsräumen im Bereich der Bioökonomie.

 

Beitragsbild: Innovationsraum NewFoodSystems/Janosch Gruschczyk

Ein Beitrag von
Mehr von Tabea Bremer
KURT – Das Magazin: Andere Welten
Die Giganten des Weltalls: Schwarze Löcher. Eine Ausstellung im Planetarium in Bochum...
Mehr
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert