Während sich Millionen Menschen auf der ganzen Welt beim Weihnachtsessen den Bauch vollschlagen, wird in Amerika Basketball gespielt. Die Christmas Games am 25. Dezember sind das Highlight der regulären NBA-Saison. Weltweit schauen Millionen Menschen dabei zu, wie sich die Top-Teams heiße Duelle liefern. Doch performen die Teams (und die Spieler) auf der großen Bühne wirklich besser als in anderen Spielen?
Es läuft das zweite Viertel im NBA Christmas Game 2021 zwischen den Los Angeles Lakers und den Brooklyn Nets. LeBron James setzt zum Wurf an und wird gefoult. Der zu dem Zeitpunkt noch 36-Jährige geht an die Freiwurflinie, titscht den Ball einmal auf und wirft ihn dann in den Korb.
Es ist ein historisches Ereignis, denn in diesem Moment zieht LeBron James an Kobe Bryant vorbei und krönt sich zum besten Scorer der NBA Christmas Games aller Zeiten.
Ein Feiertag für Basketball-Fans
Der „Christmas Day“ ist einer der spektakulärsten Tage in der regulären Saison der National Basketball Association (NBA). Am 25. Dezember, dem einzigen Weihnachtsfeiertag in Amerika, läuft von morgens bis abends Basketball im Fernsehen. Zwischen dem Weihnachtsessen und der Bescherung schauen Millionen Amerikaner (und Menschen auf der ganzen Welt) dabei zu, wie die Superstars um LeBron James, Stephen Curry und Co. zu Hochleistung auflaufen.
Das Christmas Game zwischen den Los Angeles Lakers und den Brooklyn Nets sahen 5,75 Millionen Zuschauer im TV (2021/22).
Traditionell erzielt die amerikanische Basketballliga am Christmas Day die höchsten TV-Einschaltquoten der regulären Saison. Alle Spiele werden im National TV (frei empfangbar für alle) gezeigt. Das Duell zwischen den Los Angeles Lakers und den Brooklyn Nets sahen 5,75 Millionen Zuschauer. Zum Vergleich: Ein normales Spiel der regulären Saison hatte 2021/2022 durchschnittlich 1,6 Millionen Zuschauer.
Auch in den Basketballhallen sind die NBA Christmas Games besonders gut besucht. Die Daten der letzten Jahre zeigen, dass rund um die Woche 10 (die Zeit der Christmas Games) mehr Zuschauer in die Hallen kamen als in den meisten anderen Wochen der regulären Saison. Ähnlich hohe Besucherzahlen erreichen die NBA-Spiele nur zu Beginn der regulären Saison und rund um die 20. Woche.
Drei Christmas-Game-Mythen im Check
Für die NBA und die Teams sind die Christmas Games deshalb auch finanziell sehr lukrativ: Viele Fernsehzuschauer versprechen der Liga satte Werbeeinnahmen. Gleichzeitig erhoffen sich die Teams hohe Umsätze in den Arenen und in ihren Fan-Shops. Sie bringen beispielsweise extra Weihnachtsmerchandise auf den Markt.
Der Trubel rund um die Christmas Games ist also groß – Doch welchen Stellenwert haben die Christmas Games für die Teams und die Spieler? Performen sie auf der großen (medialen) Bühne bei den Christmas Games besser als in anderen Spielen der regulären Saison?
Um diese Fragen zu beantworten, haben wir die Statistiken der letzten vier Spielzeiten der NBA ausgewertet. Dabei haben wir die statistischen Leistungen der Teams (Spieler) in den Christmas Games mit ihren durchschnittlichen Leistungen in der regulären Saison verglichen. Untersucht wurden pro Saison die zehn Teams, die in der jeweiligen Saison an den Christmas Games beteiligt waren.
Mythos 1: In den Christmas Games zeigen Teams mehr Einsatz als in den Spielen der regulären Saison
Ein Blick auf die Laufleistungen der Basketballteams zeigt, dass es dort keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem Christmas Game und den restlichen Spielen der regulären Saison gibt. Während die Laufleistung in den Christmas Games der Saison 2018/19 bei sechs von zehn Teams etwas über dem Durchschnitt der restlichen regulären Saisonspiele lag, zeigt sich in der Saison 19/20 ein umgekehrtes Bild. Hier lag die Laufleistung in den Christmas Games bei sechs Teams etwas unter ihrem Durchschnitt der regulären Saison.
Grundsätzlich ist zu erkennen, dass sich die Laufleistungen ziemlich konstant auf einem hohen Niveau halten. Im Schnitt laufen die Teams in der NBA zwischen 27 und 29 Kilometer pro Spiel.
Auch beim Vergleich Drives (wie häufig ein Team zum Korb zieht) ist kein Unterschied zwischen den Werten der Christmas Games und dem Durchschnittswert der regulären Saison zu erkennen. Das heißt, die Teams performen in den Christmas Games in diesem Wert nicht wirklich besser als in den anderen regulären Saisonspielen.
An dem Mythos, dass die Basketballteams in den Christmas Games mehr investieren als in den anderen Spielen, ist also nichts Wahres dran. Dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze: Das Niveau der NBA ist extrem hoch und ausgeglichen. Die Teams performen sehr konstant. Letztendlich ist das Christmas Games auch nur eins von 82 Spielen in der regulären Saison. Zudem ist der Spielplan extrem eng getaktet (alleine im Dezember haben die NBA-Teams 14 bis 15 Spiele) und beansprucht die Spieler körperlich, sodass sie vielleicht auch gar nicht dazu in der Lage sind, in den Christmas Games noch eine Schippe draufzupacken.
Mythos 2: In den Christmas Games erzielen die Teams mehr Punkte (mehr Assists und Rebounds) als in Spielen der regulären Saison
In der Saison 2021/22 erzielten sieben Teams in den Christmas Games etwas mehr Punkte im Vergleich zum Durchschnitt der regulären Saison. In der Saison 2019/20 war es dagegen andersherum.
Auffällig ist, dass es vereinzelte Ausreißer nach oben oder unten gibt. So erzielten die Los Angeles Lakers im Christmas Game 2020/21 (138:115 gegen die Dallas Mavericks) über 20 Punkte mehr als im Schnitt der regulären Saison. Ganz anders war das bei den Atlanta Hawks, die in ihrem Spiel 2021/21 (87:101 gegen die New York Knicks) einen rabenschwarzen Tag erwischten und deutlich weniger Punkte als im restlichen Saisonverlauf erzielten.
Auch bei der Statistik der Rebounds, die angibt, welches Team sich mehr Abpraller sicherte, gibt es keinen Unterschied zwischen den Christmas Games und den regulären Saisonspielen. In der Saison 21/22 gelangen fünf Teams etwas mehr Rebounds als gewöhnlich. Fünf Teams hatten weniger Rebounds.
Hier lohnt sich allerdings ein genauerer Blick auf die Daten der Milwaukee Bucks (rot eingekreist): In drei der vier vergangenen Spielzeiten sicherten sich die Bucks mehr Rebounds als es ihnen im Durchschnitt in der regulären Saison gelang. Die drei Spiele, in denen sie auch bei den Rebounds über ihrem Saisonschnitt performten gewannen sie am Ende auch. Erfolgreiche Rebounds zählen seit einigen Jahren bei den Bucks zu den größten Stärken. Diese Stärken haben sie in den Christmas Games zuletzt besonders gut auf den Basketballcourt gebracht.
Trotzdem kann man auch hier ganz klar sagen, dass die Teams in diesen Statistiken in den Christmas Games nicht besser performen als in den anderen regulären Saisonspielen.
Mythos 3: Die Starspieler zeigen in den Christmas Games mehr Einsatz als in anderen Regular Season Games
Die NBA versucht die Begegnungen für die Zuschauer so attraktiv wie möglich zu gestalten und wählt die Teams aus, mit der größten Strahlkraft und den größten Stars der Liga. Von den Stars erhoffen sie sich gute Performances. Die Laufstatistik der diesjährigen Christmas Games zeigt tatsächlich, dass die Superstars mehr laufen als in den regulären Saisonspielen. Stephen Curry, Jason Tatum und LeBron James sind in ihren Spielen etwas mehr gelaufen als im Saisondurchschnitt.
Ob das aber wirklich bedeutet, dass die Spieler in den Christmas Games mehr Einsatz zeigen, ist mit Vorsicht zu betrachten. Denn: Die Distanz, die ein Spieler in einem Spiel zurücklegt, wird maßgeblich davon beeinflusst, wie viele Minuten der Spieler auf dem Court steht. Milwaukees Superstar Giannis Antetokounmpo lief im Christmas Game 2021 zum Beispiel fast 500 Meter weniger, als er es sonst in der Saison durchschnittlich tat. Der Grund: Giannis fehlte die fünf Spiele davor verletzt und stand deshalb nur 29:48 Minuten auf dem Court.
Schaut man also auf die Statistiken, dann ist der große Hype um die Christmas Games nicht unbedingt gerechtfertigt. Sie unterscheiden sich statistisch nicht von anderen Spielen der regulären Saison.
Christmas Games bleiben etwas Besonderes
Trotzdem bleiben es ganz besondere Spiele. Denn dadurch, dass so viele Basketballfans auf der ganzen Welt die Spiele verfolgen und auch die mediale Aufmerksamkeit so groß ist, wird einfach viel mehr über die Spiele gesprochen. Deshalb erinnern sich die Fans einfach besser an diese Spiele. Außergewöhnliche Leistungen von Spielern in den Christmas Games bleiben den Fans besser im Gedächtnis.
„It’s always exciting and an honor to be able to play on Christmas.“ – LeBron James
Auch die „Match-Ups“ der Christmas Games sorgen jedes Jahr für Nervenkitzeln und Vorfreude bei Fans und Spielern. So postete Ja Morant, Superstar der Memphis Grizzlies, vor einigen Wochen nach Bekanntgabe der Christmas Games 2022 auf Twitter, dass er sich auf das Duell mit den Golden State Warriors freue.
Der Hintergrund: Die Grizzlies und die Warriors lieferten sich in den Playoffs in der Saison 2021/21 sehr hitzige Duelle. Am Ende setzten sich die Golden State Warriors durch und sicherten sich am Ende auch den NBA-Titel.
Viele NBA-Spieler schwärmen von den Christmas Games. Der deutsche NBA-Profi Daniel Theis, der bei den Boston Celtics spielt, sagte 2018 in einem Interview beispielsweise: „Für mich ist es was Besonderes – wir haben das Privileg, an Weihnachten zu spielen.“ Superstar LeBron James pflichtete ihm im Winter 2021 bei und sagte: „Es ist immer aufregend und eine Ehre an Weihnachten zu spielen.“
LeBron James: Der König der Christmas Games
Dass ihm diese Spiele so viel bedeuten, stellte James im vergangenen Winter im Duell gegen die Brooklyn Nets eindrucksvoll unter Beweis. Am Ende erzielte er 39 Punkte und stellte für sich einen persönlichen Punkterekord in einem Christmas Game auf.
Die Statistiken, die James in seinen 16 Christmas Games aufzuweisen hat, sind beeindruckend. Im Durchschnitt erzielt er 26,4 Punkte, gibt 6,8 Assists und holt 8,1 Rebounds pro Spiel.
Dazu hat er mit einer Bilanz von zehn Siegen und sechs Niederlagen gemeinsam mit Dwyane Wade die meisten Siege bei Christmas Games. Schon in diesem Winter könnte James aber der alleinige Rekordhalter werden.
Denn noch hat der 37-Jährige seine Karriere ja nicht beendet.
Datenquellen: Basketball-reference.com; NBA.com
Grafiken: Sükrü Bakan, Christopher Baczyk
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