Öffentliche Toiletten: Menschenrechte müssen für alle gelten

Dortmunds Politik beschließt den Ausbau der Infrastruktur öffentlicher Toiletten. Der Grund: Es häufen sich Beschwerden über Fäkalien in der City. Unsere Autorin bezweifelt, dass sich die Situation durch den Beschluss verbessern wird. 

Wenn ich mit meinem Hund in die Innenstadt gehe, muss er einen Maulkorb tragen. Denn – und es fällt mir schwer, das zu schreiben – die Gefahr, dass er menschliche Fäkalien frisst, ist einfach zu groß. Die Angst vor einer Drogenüberdosis und einem anschließenden teuren Aufenthalt beim Tierarzt mit Einsatz von Brechmitteln – da gehe ich lieber auf Nummer sicher. 

Exkremente im öffentlichen Raum oder in Hauseingängen stellen besonders in der City ein Problem dar. Die Bezirksbürgermeisterin der Innenstadt-West, Astrid Cramer, hatte bereits im Sommer in der Bezirksvertretung auf das Thema aufmerksam gemacht. Sie schildert, dass sich die Beschwerden häufen.

Wer keine Toilette hat, muss ins Freie 

Das verwundert kaum, denn es gibt eine einfache Wahrheit: Wer keine Toiletten hat, verrichtet sein Geschäft notgedrungen im Freien. Das ärgert Anwohner*innen und Geschäftsleute, führt zu hygienischen Problemen und stößt auf Abscheu. Aber das Problem ist nicht der Mensch, der dringend eine Toilette braucht. Das Problem ist die fehlende Infrastruktur.

Innerhalb des Wallrings gibt es derzeit nur zwei öffentliche Toiletten. Hinzu kommen zwar die „Netten Toiletten“ in Cafés und Restaurants, die Menschen unterwegs aufsuchen können. Für Menschen in prekären Lebenslagen sind sie aber oft tabu. 

Mangelnde Grundversorgung für Menschen in prekären Lebenslagen

Das ist schier absurd, denn eben diese Menschen halten sich vorrangig in der Innenstadt auf. Eine genaue Zahl der Menschen, die sich in Dortmund notgedrungen auf der Straße aufhalten, lässt sich nicht ermitteln. Offiziellen Schätzungen zufolge sind es bis zu 2500. Wie viele von ihnen obdachlos sind, ist nicht klar. Hinzu kommen suchterkrankte Menschen, von denen sich einige im öffentlichen Raum aufhalten. 

Der Mangel an öffentlichen Toiletten stellt besonders für sie ein großes Problem dar. Er schafft eine Situation, die die Betroffenen entmenschlicht, die sie sich „wie Hunde“ fühlen lässt. Und das, obwohl der Zugang zu Toiletten seit 2010 von der UN-Generalversammlung als Menschenrecht anerkannt wird.

Reicht ein Toilettenwagen aus?

Der Stadtrat hat im Dezember erkannt, dass in Hinblick auf die öffentliche Toilettensituation etwas passieren muss. Deshalb plant die Stadt einen Ausbau der Infrastruktur öffentlicher Sanitäranlagen. 

Ob die beschlossenen Angebote kostenfrei und niedrigschwellig zugänglich sein werden, bleibt abzuwarten. Die Veröffentlichung der vorhandenen Toilettenanlagen im Geodatenportal der Stadt oder die Neukonzeptionierung der  touristische Beschilderung in der City werden die Situation für Menschen, die von Armut betroffen oder obdachlos sind, voraussichtlich nicht verbessern. 

Ihnen hilft langfristig nur der Ausbau kostenfreier, mobiler Toilettenanlagen. Um die Bedarfe zu ermitteln, wird dazu ein solcher Toilettenwagen in einer zweijährigen Pilotphase an unterschiedlichen Orten in der Innenstadt stehen. Zu welchen Uhrzeiten dieser zugänglich sein wird, ist derzeit noch unklar. 

Kostenlose, rund um die Uhr zugängliche öffentliche Toiletten sind die einzige Lösung

Die von der Grünen-Politikerin Cramer geforderte „massive Investition“ in eine flächendeckende, kostenlose und 24/7 zugängliche Toiletteninfrastruktur bleibt also vorerst eine Forderung. 

Und solange das der Fall ist, wird sich die Situation für Menschen, die auf der Straße leben, nicht verbessern. Es bleibt also dabei: Wer keine Toilette hat, muss ins Freie. 

Deutlich wird aber, dass öffentliche Toiletten mehr als nur ein Ort sind, um sich zu erleichtern. Sie sind ein Symbol dafür, wie eine Gesellschaft mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Und aktuell zeigt sich: Es gibt noch viel zu tun.

 

 

Beitragsbild: Adobe Stock/MissKlik 

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