In der Dortmunder City gibt es nur wenige öffentliche Toiletten. Das stellt vor allem wohnungslose und suchterkrankte Menschen vor große Probleme. Die Politik will nun handeln: Ein Beschluss des Stadtrats soll Abhilfe schaffen.
„Es ist an der Zeit, dass wir eine Toiletten-Offensive starten!“, forderten die Fraktionen der Dortmunder SPD und Grünen im Sommer in der Bezirksvertretung Innenstadt-West. Im dicht besiedelten Klinik- und Kreuzviertel gebe es nur eine kostenpflichtige Sanitäranlage.
Die Konsequenz: Wildpinkeln und auch die Verrichtung größerer Geschäfte verlagere sich in den öffentlichen Raum oder sogar auf Privatgelände, erklärten die Parteien. Sie appellierten an den Stadtrat, die Notlage anzuerkennen und Mittel für den Ausbau sanitärer Infrastruktur bereitzustellen.
Viele öffentliche Toiletten sind defekt oder geschlossen
Das Ergebnis ist ein Beschluss des Rates der Stadt Dortmund, um die derzeitige Situation zu verbessern. Denn aktuell betreibt ein Dienstleister im Auftrag der Stadt zwar 19 öffentliche Toiletten im gesamten Stadtgebiet, davon befinden sich aber lediglich zwei innerhalb des Wallrings.
Darüber hinaus gibt es mehrere stadteigene öffentliche Toiletten, von denen zurzeit aber nicht alle in Betrieb sind. Die Gründe dafür sind (Vandalismus-)Schäden oder Sanierungen. Hinzu kommen rund 120 Standorte der „Netten Toilette“ – ein Konzept, bei dem Restaurants und Büros ihre Sanitäranlagen öffentlich zugänglich machen und dafür monatlich 100 Euro netto von der Stadt erhalten. Diese Toiletten stehen nur zu den Öffnungszeiten der Gastronomien zur Verfügung.
Druck aus der Zivilgesellschaft – Beschwerden häufen sich

Veranlasst hat die Auseinandersetzung mit dem Thema die Bezirksbürgermeisterin der Innenstadt-West, Astrid Cramer. Der Grund: „Es häufen sich Beschwerden von Fäkalien im öffentlichen Raum oder in Hauseingängen, vor allem in der City. Das nehmen wir ernst. Gleichzeitig wurmt uns, dass wir seit Jahren auf fehlende Toiletten hinweisen und trotz teilweise bestehender Beschlüsse bisher wenig umgesetzt wurde“, bemängelt die Grünen-Politikerin.
Doch das soll sich nun ändern: Die im Dezember 2024 beschlossene Resolution des Stadtrates sieht vor, die städtische Infrastruktur öffentlicher Sanitäranlagen weiter auszubauen. Künftig sollen alle öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Toilettenanlagen mit wenigen Klicks über das Geoportal der Stadt Dortmund auffindbar sein. Zudem soll die neu geplante touristische Beschilderung der Innenstadt deutlicher auf öffentliche Toiletten hinweisen.
Ein weiterer Punkt des Beschlusses ist die neue „Toilette für alle“ im Stadthaus. Diese soll barrierefrei sein, auch für Menschen mit (schweren) Mehrfachbehinderungen. Zudem ist ein Pilotprojekt geplant: Ein für Nutzende kostenfreier, mobiler Toilettenwagen soll in einer zweijährigen Testphase jeweils sechs Monate lang an vier verschiedenen Orten aufgestellt werden.
Obdachlose sind besonders betroffen
Besonders betroffen von dem Mangel an öffentlichen Toiletten seien Menschen, die (überwiegend) auf der Straße leben, sagt Bezirksbürgermeisterin Cramer. Eine genaue Zahl lässt sich schwer ermitteln: Das Jobcenter Dortmund erfasst derzeit 750 Leistungsempfänger*innen, die wohnungslos sind. Doch die Dunkelziffer dürfte höher sein. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe schätze die Zahl 2023 auf 1.750 bis 2.500 wohnungslose Personen in Dortmund.
Das Stimmungsbild dieser marginalisierten Personen in der Dortmunder Innenstadt ist im Februar pessimistisch. Entmenschlichend sei es, auf offener Straße seine Geschäfte zu verrichten, erzählen mehrere. Dabei ist der Zugang zu Toiletten seit 2010 von der UN-Generalversammlung als Menschenrecht anerkannt.
„Ich fühle mich wie ein Hund“ – Betroffene berichten
Ein suchterkrankter und wohnungsloser Mann, der lieber anonym bleiben möchte, erklärt, er fühle sich „wie ein Hund“. Schon lange bitte er nicht mehr in Gastronomien um Zugang zur Toilette. „Ich kann nicht einfach in ein Café gehen. Die schmeißen mich sofort raus, auch wenn ich freundlich frage“, berichtet er.
Ein anderer wohnungsloser Mann sagt: „Die paar öffentlichen Toiletten, die es gibt, sind entweder zu oder total versifft. Ich war mal in einer, da lagen überall Spritzen und es stank nach Pisse und Kot.“ Geld für eine kostenpflichtige Sanitäranlagen habe er nicht, deshalb gehe er lieber ins Gebüsch.
Eine suchterkrankte Frau erzählt im Gespräch, dass sie beim Toilettengang in der Öffentlichkeit bereits mehrfach von Männern angesprochen worden sei. Sie habe Angst, denn in der Situation fühle sie sich besonders ausgeliefert.
Aktuelle Angebote helfen nur bedingt
„Es gibt Hilfsangebote, zu deren Öffnungszeiten auch Toiletten zugänglich sind. Für die lange Zeit dazwischen oder in der Nacht gilt das nicht. Auch das Konzept der ,Netten Toilette’ greift hier zu kurz, obwohl der Ansatz grundsätzlich gut ist. Verwahrlost wirkende Menschen bekommen nicht unbedingt Zugang zu Geschäften oder in die Gastronomie, welche überdies auch irgendwann geschlossen sind“, stellt Astrid Cramer fest.
Das führe dazu, dass sich Menschen notgedrungen in Hauseingängen oder dunklen Ecken erleichtern – sehr zum Ärger von Anwohnenden und Händler*innen. „Auch in den Parks wird wild uriniert. Besonders im Sommer stinkt es in manchen Gegenden zum Himmel“, kritisiert Cramer.
Die einzige nachhaltige Lösung sei die „massive Investition“ in eine flächendeckende, kostenlose und 24/7 zugängliche Toiletteninfrastruktur, sagt die Bezirksbürgermeisterin. Sie merkt an: „Noch besser wäre es natürlich, Menschen dabei zu unterstützen, wieder eine Wohnung zu bekommen. Und noch besser wären natürlich auch rund um die Uhr Betreuungsangebote. Das ist zwar zeitnah aus vielen Gründen schwierig umzusetzen, aber es ist etwas, woran wir arbeiten sollten.“
Beitragsbild: Adobe Stock/Heiko