Darum gibt es noch keine Pille für den Mann

Seit über 60 Jahren gibt es die Pille – allerdings nur für die Frau. Bei Männern ist für eine Verhütung ein anderes Hormon entscheidend. Leider tauchen dabei auch Nebenwirkungen auf, die eine Zulassung bisher verhindert haben.

In Sachen Verhütung greifen die meisten Frauen auf die Pille zurück. Und auch viele Männer verlassen sich darauf. Selbst nehmen können sie aber nichts, denn obwohl die Medizin seit ca. 50 Jahren daran forscht, ist noch keine Pille für den Mann auf dem Markt. Das hat verschiedene Gründe.

Die Pille für den Mann
Überbegriff für Medikamente zur Verhütung für Männer

Andere Verhütung

Die Pille muss bei Frauen und Männern anders wirken. Frauen haben einen regelmäßigen Zyklus. Die Pille, welche die beiden weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen oder nur Gestagen enthält, unterdrückt diesen und verhindert einmal im Monat die Eizellreifung und den Eisprung. Männer haben so einen Zyklus nicht. Die Spermien sind immer aktiv. Daher muss eine hormonelle Verhütung kontinuierlich die Spermienbildung unterdrücken und in den Hormonhaushalt eingreifen. Diese hormonelle Veränderung kann nur über das männliche Geschlechtshormon Testosteron erzielt werden – ein Hormon, das die Pille für die Frau nicht enthält.

In der Vergangenheit hat die Medizin an verschiedenen Verhütungsmedikamenten mit Testosteron geforscht, welche aber nie zugelassen wurden. Der Grund dafür waren die vielen Nebenwirkungen, wie z.B. Depressionen, Gewichtszunahme und Libidoverlust. Für viele Frauen sind solche Nebenwirkungen jedoch Alltag, denn die Liste auf dem Beipackzettel der Pille ist lang. Und trotzdem ist sie auf dem Markt, während das Pendant für Männer eben genau deshalb auf sich warten lässt.

Höheres Interesse an der Verhütung?

Bekommen zwei Menschen ein Kind, sind immer beide betroffen, doch die Verantwortung einer Schwangerschaft bleibt oft an der Frau hängen. Denn sie trägt die direkten Folgen und das medizinische Risiko der Schwangerschaft und der Geburt. Daher hat die Frau per se auch ein höheres Interesse an einer vernünftigen Verhütung und nimmt die Nebenwirkungen in Kauf. Ein bisschen unfair ist das schon, das sieht auch Prof. Dr. Pia Paffenholz, Urologin der Uniklinik Köln, so, „aber was soll man machen als Frau. Man will ja eine Verhütung.“ Tatsächlich ist die Pille bei Frauen mit über 60% die häufigste Verhütungsmethode. Wahrscheinlich stecke die Forschung deswegen nicht so viel Energie darein etwas anderes zu finden, denkt Dr. Paffenholz.

Die Zeiten ändern sich

Eine Studie muss heute erst über einen langen Zeitraum an einer großen Gruppe erfolgreich ohne viele Nebenwirkungen getestet werden, bevor sie zugelassen werden kann. Die Regeln sind viel intensiver. Im Studiendesign wird vorher genau die Art und Menge der Nebenwirkungen festgelegt, die in einer Studie erlaubt sind. Das ist bei jeder Studie anders. Heutige Studien sind daher nicht unbedingt mit den damaligen vergleichbar. Dr. Paffenholz glaubt, die Pille für die Frau würde so heute auch nicht mehr zugelassen werden. Die Nebenwirkungen will schließlich keiner. „Aber jetzt ist die Pille ja schon auf dem Markt, deswegen hat man diese Gedankengänge irgendwie nicht mehr.“

Grafik: Lara Marie Beckord

Es gibt einige Ansätze zur Pille für den Mann, die Grund zur Hoffnung geben. Aber wie lange es noch dauert, bis etwas davon zugelassen wird, können Forscher:innen aktuell nicht sagen. Wer verhüten will, muss also vorerst auf bekannte Methoden zurückgreifen.

Beitragsbild: Canva/ pixelshot

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