Die Nachrichten auf Social Media überfordern oft viele junge Menschen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, genauso wie die Folgen. Doch die Reizüberflutung kann zur echten Gefahr werden.
Fast drei Stunden pro Tag verbringen die Menschen in Deutschland ab 14 Jahren durchschnittlich im Internet. Jüngere sogar bis zu fünf Stunden – das ergibt eine Studie von ARD und ZDF. Einen großen Teil dieser Zeit verbringen sie in den sozialen Medien wie Instagram, Twitter und Tiktok.
Für viele dienen die sozialen Medien als Informationsquelle. Gerade in Krisenzeiten kann das zu Problemen führen. Reizüberflutungen und Überforderung können das Resultat sein und gesundheitliche Probleme auslösen. Iren Schulz, Mediencoach der Initiative „Schau hin!“, bestätigt das Problem. „Grundsätzlich sind Medien immer ein Ventil“, erklärt sie. Vor allem Extremes werde betrachtet, wodurch es ein Schlaglicht auf Krisen gebe. Auch die Möglichkeit selber zu posten, trage dazu bei. „Dadurch, dass jeder Beiträge kommentieren oder teilen kann, entsteht eine große Quantität“, so der Mediencoach.
Fehlende Distanz und Endlosigkeit
Ein weiterer Grund sei die Distanz der User*innen zu den Akteur*innen. „Social-Media kriecht einem schon quasi unter die Bettdecke“, so Schulz. Zu journalistischen Produkten wie der Tagesschau könne man noch die Distanz wahren. Anders sehe das bei Formaten für jüngere Nutzer*innen aus. Durch Interaktionen mit Influencer*innen könne ein Gefühl von Freundschaft entstehen. „Das geht so weit, dass Personen aus den sozialen Netzwerken Teil des persönlichen Beziehungsnetzes werden und alles verschwimmt“, warnt der Mediencoach. Im Gegensatz zu Sendungen im Fernsehen, die ein Ende haben, könne man sich in den sozialen Medien regelrecht verlieren. „Das ist nicht wie eine Pizza, die man irgendwann aufgegessen hat“, sagt Schulz. Besonders auffällig sei Tiktok, da die Plattform sehr schwierig mit Krisen umgehe. Das äußere sich zum Beispiel durch viele Fakenews.
Ohnmachtsgefühle und ihre Folgen
„In schlimmen Fällen kann es auch zu depressiven Verstimmungen führen. Das sorgt dafür, dass Menschen Lebensmittel horten oder Schutzräume einrichten.“ Iren Schulz, Mediencoach.
Aufgrund besonderer Krisen wie dem Ukraine-Krieg tauche man förmlich in die Nachrichten ein und sauge alle Informationen auf. „Das kann zu Leidensdruck führen, der sich zum Beispiel darin äußert, dass man Freunde nicht mehr trifft“, erklärt Schulz. Des Weiteren erleben viele Betroffene ein Ohnmachtsgefühl. Deshalb möchten viele aktiv helfen. Spenden oder Demonstrieren seien nur ein Bruchteil der Möglichkeiten.
„In schlimmen Fällen kann es auch zu depressiven Verstimmungen führen. Das sorgt dafür, dass Menschen Lebensmittel horten oder Schutzräume einrichten“, so der Mediencoach. Der Grund: Viele möchten das Thema greifbar machen. „Das wiederum führt dazu, dass wir uns nicht von den Medien distanzieren“, so Schulz weiter.
Körperliche Auswirkungen und Gefährdungspotenzial
Die Überforderung könne zudem psychosomatische Symptome hervorrufen. „Die Personen haben dann mit Problemen wie Herzrasen oder Übelkeit zu kämpfen.“ Die Langzeitfolgen seien dabei nicht immer absehbar und sehr individuell. Grundsätzlich seien Menschen gefährdet, die psychisch nicht stabil sind, warnt Schulz. Heutzutage scheine es zudem so, dass vor allem die jüngere Generation betroffen ist. „Das liegt allerdings daran, dass die jungen Menschen sich mehr mit dem Thema beschäftigen und damit auch offener umgehen“, ergänzt sie.
Beitragsbild: Andrea Piacquadio/ Pexels