Schwarz und Weiß, wir stehen auf eurer Seite

Im Ruhrgebiet prägen Traditionsklubs wie BVB, Schalke, RWE oder MSV das Fußballbild. Aber auch ETB Schwarz-Weiß Essen im Süden der Stadt hat Geschichte. Heute spielt der Verein in der Oberliga und bemüht sich, für junge Generation attraktiv zu sein.

Die vielen Zuschauer*innen am Stadion am Uhlenkrug scheinen Glück zu bringen. Gerade einmal 20 Sekunden sind gespielt, als Schwarz-Weiß Essen im Stadtderby gegen die Spielvereinigung Schonnebeck das 1:0 erzielt. Die Fans springen auf, sie reißen die Arme nach oben, der Verein lebt – das ist in diesem Moment nicht nur eine Floskel. Auch am Stehplatzstand herrscht Bewegung. Johannes Busley, 37, klatscht mit einem Lächeln seine Kollegen ab. Er hat das Tor nicht gesehen. Denn er ist für den Stand verantwortlich, an dem er Bier und weitere Getränke verkauft.

Der Uhlenkrug zählt zu einer der traditionsreichsten Stadien der Oberliga.

2.378 Zuschauer*innen sind an diesem Tag ins Stadion gekommen. So viele wie lange nicht mehr. Der Uhlenkrug präsentiert sich zum ersten Mal in seiner neuen Form: Frisch sanierte Haupttribüne und die neue Laufbahn. Selbst der Oberbürgermeister Thomas Kufen ist da. Es ist ein Tag, an dem Schwarz-Weiß Essen nicht nur ein Fußballspiel gewinnt. Es ist ein Tag, der zeigt, wie viel Kraft in einem Traditionsverein steckt, der schon seit den 70er-Jahren aus dem Profifußball verschwunden ist.

Projektmanager, Vater, Allrounder – Johannes Busley

Johannes Busley lebt in Kettwig im Südwesten der Stadt, ist Projekt- und Organisationsmanager, Vater eines 13-jährigen Sohnes und seit 2019 ehrenamtlich aktiv beim ETB Schwarz-Weiß Essen, Abt. Fußball e.V.

Mein erstes Erlebnis mit Schwarz-Weiß Essen war eigentlich ziemlich blöd. Mein kleiner Sohn wollte hier 2018 oder 2019 unbedingt ein Testspiel sehen. Dann habe ich für den Siebenjährigen und mich viel Eintritt bezahlt und dachte: Das kann doch nicht wahr sein, bei einem Testspiel in der Oberliga. Ein gutes Jahr später hat mich ein Freund hier eingeführt. Da musste ich mein schlechtes Bild erst einmal aufräumen. Das hat aber sehr schnell geklappt. Dass ich hier so aktiv bin, hat auch viel damit zu tun, dass mein Sohn sich unglaublich in den Verein verliebt hat und den Verein atmet.

Derbysieg mit halbem Auge gesehen

Der Bierwagen ist ein beliebter Stand jedes Heimspiels.

Schwarz-Weiß Essen zeigt auf dem Rasen einen überzeugende Leistung und schlägt Schonnebeck am Ende dank einer starken zweiten Halbzeit mit 4:1. Davon bekommt Busley nur wenig mit. Der Bierhahn tropft, der nächste Becher will gefüllt werden. Das 2:1 rauscht an ihm vorbei. Beim 3:1 lächelt er. Beim 4:1 hebt er die Arme und jubelt – so viel Zeit muss sein.

In den letzten Minuten leert sich der Stand. Die Fans wollen das Spiel genießen. Busley wischt die Theke sauber, richtet die Getränkekisten. Erst jetzt schaut er zum Rasen. Zufrieden. Als der Schlusspfiff ertönt, klatscht er mit.

Die vielen Aufgaben

Seit 1978 spielt Schwarz-Weiß Essen in der Oberliga. Auch wenn der Verein aus dem Profifußball raus ist, bleibt der Verein attraktiv. Für Busley ist es eine große Freude, beim Verein zu arbeiten und ihn zu unterstützen.

Das hat mit den Menschen zu tun. Ich freue mich, dass ich hier mit meinen Fähigkeiten und Neigungen helfen kann. Ich habe in der Organisation in vielem weitergeholfen, habe Clouds und Rechner eingerichtet. Ich bin heute noch zuständig für das Servermanagement, also dass die Webadressen, die E-Mail-Adressen funktionieren. Ich bin außerdem stellvertretender Pressesprecher und betreue seit Ende letzten Jahres mit dem Pressesprecher und betreue seit Ende letzten Jahres mit dem Pressesprecher Axel Schulten das Merchandising. Mich freut es, dass ich hier mithelfen kann.

Der Allrounder

Johannes Busley engagiert sich beim ETB Schwarz-Weiß Essen.

Als Busley zum Verein kam, war der in keiner guten finanziellen Lage. Schwarz-Weiß Essen stand vor dem Ruin und musste sich komplett neu aufstellen. Johannes Busley hat bei dem Umbruch viel mitgeholfen und ist dankbar für die Mitarbeitenden des Vereins.

Mit seinen vielen Aufgaben gilt Busley vereinsintern als “Allrounder” und wird auch in den sozialen Medien so bezeichnet. Selbst den Posten des Geschäftsführers hatte er schon. Busley selbst nennt sich lieber “Mädchen für alles”.

Das mit dem Merchandising macht mir sehr viel Spaß. Ich habe zuvor den Job als Geschäftsführer sehr gerne gemacht. Leider nur ein gutes Jahr, weil ich mich dann beruflich verändert habe, sodass beides nicht zu verbinden war. Ich bin gerne mittendrin.

125 Jahre Geschichte – und ein neues Kapitel

Gegründet 1900 als Fußballabteilung des Essener Turnerbundes (ETB), hat Schwarz-Weiß Essen eine traditionsreiche Geschichte. DFB-Pokal-Sieger 1959, zahlreiche Fußballlegenden wie Oliver Bierhoff und Jens Lehmann stammen aus der ETB-Jugend. Auch heute haben Profifußballer wie Atakan Karazor (VFB Stuttgart) oder Noel Futkeu (Greuther Fürth) ihre Wurzeln am Uhlenkrug.

In den letzten Jahren gab es bei Schwarz-Weiß Essen Sanierungen und Umstrukturierungen: eine bescheidenere Kaderplanung, nachhaltige Jugendarbeit, Investitionen in die Infrastruktur. Der Verein will wachsen – ohne sich zu übernehmen.

Rot-Weiss oder Schwarz-Weiß

Eine alte Gaststätte direkt neben das Stadion. Sie ist das Wahrzeichen des Oberligisten.

Natürlich ist Essens Aushängeschild im Fußball der Rot-Weiss Essen aus dem Norden der Stadt, der Drittligist mit dem großen Stadion und mit der größeren Aufmerksamkeit. Rot-Weiss Essen hatte im August gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal gespielt und in der dritten Liga erwarten Gegner wie 1860 München, Hansa Rostock und den MSV Duisburg. Schwarz-Weiß spielt in der Oberliga gegen Vereine wie SV Sonsbeck, den 1. FC Monheim oder SV Blau-Weiß Dingden. Busley findet den Oberligisten trotzdem wesentlich attraktiver.

Ich war mit meinem Sohn früher erst bei Rot-Weiss, bevor es uns zu Schwarz-Weiß verschlagen hat. Bei Rot-Weiss ist man einer von Tausenden. Hier ist alles ein bisschen heimeliger, ein bisschen familiärer. Die Leute kennen meinen Sohn seit vielen Jahren. Er ist dafür bekannt, wahrscheinlich der beste Spendensammler der Oberliga zu sein. Der Verein hat so eine besondere Art, das könnte mir ein anderer Verein in der Form nicht geben. Ich fühle mich hier sehr wohl.

Große Momente – und schwierige Tage

Auch wenn Schwarz-Weiß Essen seit 1978 in der Oberliga spielt, gibt es immer wieder besondere Momente. Seitdem Johannes Busley im Verein aktiv ist, erinnert er sich an einige Spiele.

Das sind die Abendspiele im Niederrheinpokal. Die sind immer etwas ganz Besonderes. Dann haben wir auf unserer richtig schönen, großen, grünen Anlage Flutlichtanlagen – das gibt fantastische Bilder. Kann ich jedem Groundhopper nur empfehlen, sich das einmal anzuschauen.

Die Zukunft des Vereins

Schwarz-Weiß Essen hat das letzte Spiel der Saison gegen Homberg verloren – der Aufstieg ist futsch. Platz Drei in der Oberliga. Und doch überwiegt die Hoffnung, denn die Ziele des Vereins sind klar.

Im Uhlenkrug soll in den nächsten Jahren Regionalliga-Fußball gespielt werden.

Mittelfristig möchten wir den Aufstieg in die Regionalliga schaffen. Das hätten wir in den letzten beiden Saisons schon erreichen können. Aber wir waren am Ende nicht das Topteam. Dafür waren wir immer lange mit dabei.

In den nächsten fünf Jahren sehe ich Schwarz-Weiß Essen in der Regionalliga und in den nächsten zehn Jahren bestimmt auch länger als eine Saison mit der Chance, sich festzusetzen.

Für den Aufschwung des Vereins sind vor allem Vorstandsvorsitzender Karl Weiß und sein Team verantwortlich. Sie setzen dabei auf Vernunft: keine überteuerten Spielerverträge. Schritt für Schritt, Stein auf Stein – wie der Umbau des Stadions. Das Ziel für die nächste Saison ist klar: im Aufstiegsrennen dabei zu sein. Sportliche Änderungen stehen schon fest. Trainer Julian Stöhr verlässt Schwarz-Weiß Essen und wechselt zum Ligakontrahenten KFC Uerdingen 05. Der sportliche Aufschwung soll nun mit anderen Trainer fortgeführt werden. 13 neue Spieler sind dazugekommen, 14 Spieler aus der letzten Saison haben Schwarz-Weiß Essen verlassen.

Arbeit nach dem Spiel

Nach dem Spiel bleibt Busley noch eine Weile. Mit seinem Sohn und einem Kollegen räumt er den Stand auf. Die Bierkisten wandern zurück in den Lagerraum, Bestände werden gezählt sowie Theken und Flächen gereinigt. Der Stand wird geschlossen. Die Fans längst auf dem Heimweg.

Busley schaut auf das leere Stadion. Egal, wie viele Zuschauer*innen hier sitzen. Johannes Busley fühlt sich im Uhlenkrug sehr wohl. Für ihn ist das Stadion eines der schönsten kleinen Stadien in ganz Deutschland. Auch wenn dort nur ein Fünfligist spielt, ist die Tradition spürbar – und ein Gefühl von Aufschwung.

 

Fotos: Linus Mainka

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