Ein Selfie-Adventskalender mit “praktischen Accessoires und Requisiten” oder doch lieber 24 Übungen zur Achtsamkeit? Beim Adventskalender-Boom machen inzwischen von der Kirche bis zum Sextoy-Shop alle mit. Aber brauchen wir vor dem Konsum-Marathon in der Weihnachtszeit tatsächlich auch noch ein Adventskalendershopping? Eine Glosse über die Absurditäten der 24 täglichen Geschenke.
Noch rund vier Wochen bis Weihnachten – aber nur noch ein paar Tage bis zum ersten Türchen des Adventskalenders. Und was steckt dahinter? Schokoladen-Adventskalender sind ja schon fast out. Zumindest diese Billigen mit No-Name-Produkten und ohne personalisiertes Bild. Heute muss es zumindest ein Kalender von Ferrero, Lindt oder Ritter Sport sein. Auch wenn es in vielen Fällen deutlich günstiger wäre, diese Produkte ohne Adventskalender-Verpackung im Laden zu kaufen. Das ahnen wir alle. Und trotzdem kaufen wir die teurere Variante. Schließlich hat sie dafür ja 24 Papptürchen zum Öffnen.
24 Täfelchen für 9,99 im @RITTER_SPORT_DE #adventskalender. Ohne Kalender bekäme der Verbraucher 54 Täfelchen. #unsportlich #abermanbleibtschlank @annabel_oelmann @VZNiedersachsen @vzhamburg @vznrw pic.twitter.com/PFTeDufLTM
— Verbraucherzentrale (@VZHB) 18. November 2018
Die Hälfte der Deutschen verschenkt Adventskalender
Laut einer Umfrage von Statista und der Online-Community YouGov verschenken 50 Prozent der Befragten in diesem Jahr einen Adventskalender. Vor allem gekaufte Kalender sind dabei beliebt. Klar, die erfordern weder Kreativität noch Zeitaufwand. Aber sie können ganz schön ins Geld gehen. Der Porsche-Adventskalender kostet beispielsweise 190 Euro, verspricht dafür aber, dass man “in 24 Schritten zum Porsche unterm Weihnachtsbaum” kommt. Leider handelt es sich dabei nur um ein Modellauto und das darf man für diesen Preis dann auch noch selbst zusammenbauen. Ein Schmuckkalender kann sogar mal eben 1000 Euro kosten. Bei Leuten, die so teure Adventskalender für sich selbst kaufen oder sogar verschenken, stellt sich die Frage: Was schenken die zu Weihnachten?
Skurrile Kuriositäten
Der Adventskalender-Wahn scheint jedes Jahr zuzunehmen. Inzwischen gibt es so ziemlich alle Variationen. Für Sportler gibt es den Power-Riegel-Adventskalender, für Nicht-Vegetarier wahlweise den Wurst-Kalender und Adventskalender für Haustiere sind auch keine Neuheit mehr. Die Tiere bekommen im Dezember haufenweise Leckerlies und werden dafür dann im Neujahr von Herrchen und Frauchen auf Diät gesetzt. Beim Selfie-Adventskalender bekommt man Beauty-Produkte und lustige Kärtchen, mit denen man posen kann. Damit ist er etwas für alle angehenden Influencer, die die Sticker-Funktion auf Snapchat und Co. noch nicht entdeckt haben. Paare können sich mit dem Adventskalender zum Ausfüllen angeblich individuelle Liebesbotschaften schreiben. Na gut, wer’s braucht. Man könnte sich natürlich auch einfach jeden Tag was Nettes sagen. Wahrscheinlich kämen sogar beim Schreiben über Whatsapp noch individuellere Botschaften zustande als mit vorgedruckten Adventskalender-Lückentexten.
“Chef, aber ich brauche Tageslicht in meinem Büro.”
“Halt die Fresse!”#Advent #Adventskalender #Weihnachten pic.twitter.com/lKGPlA5Cis— Tristan Veith (@TristanVeith) 26. November 2018
Längst nicht mehr nur für Kinder
Es gibt Adventskalender für Leseratten, Teeliebhaber, Foodies, Gamer und Bastelbegeisterte. Und wer die ganze Adventszeit so gar nicht ertragen kann, braucht nicht bis zum Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt zu gehen, sondern kann sich den Dezember mit einem Bier-, Whisky- oder Gin-Adventskalender schön saufen. Tee-Adventskalender haben wenigstens den Vorteil, dass man es sich an einem Winterabend mit einer warmen Tasse Tee gemütlich machen und eine neue Sorte probieren kann. Aber ob der Inhalt eines erotischen Adventskalenders auch Abend für Abend ausprobiert wird? Weihnachten – das Fest der Liebe.
Dieses Jahr hab ich sogar auf dem Klo einen #Adventskalender.😂😂😂 pic.twitter.com/ukWTMKNVV9
— ⚡Muttchen⚡ (@Muttchen5) 23. November 2018
Kaufwahn vor der Weihnachtszeit
Müssen wir jetzt schon im Oktober von Laden zu Laden hechten um die besten Adventskalender abzugreifen oder um Geschenke zu kaufen, mit denen wir unseren selbstgebastelten Kalender für Mutti bestücken? Von täglichen kleinen Bildchen oder Schokoladenstücken ist das Adventskalender-Business inzwischen zu einem teilweise teuren, alles umfassenden Markt geworden. Natürlich stellt sich da die Frage, ob das sein muss. Allerdings gibt es auch tolle Adventskalender, mit denen man sich nicht in den Kaufwahn einreiht. Beispielweise findet man online auf vielen Seiten ein gratis Adventskalender-Programm, es gibt Adventskalender durch deren Kauf man für gute Zwecke spendet und Kalender, die einen mit kleinen Aufgaben jeden Tag vor eine neue Herausforderung stellen.
Die Vorweihnachtszeit ist leider selten so besinnlich, wie es in Liedern angepriesen wird. Bei all dem Trubel und Stress kann es gut tun, zumindest beim Öffnen des Türchens einmal täglich kurz inne zu halten. Und jetzt mal ganz ehrlich: Wer bekommt nicht gerne 24 kleine Geschenke? Selbst wenn es wie beim Bio-Saatgut-Adventskalender 24 Samen von mediterranen Kräutern und Gemüsesorten sind.
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