Erinnerung lebendig halten – das sollen Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig deutschlandweit. Sie gedenken dem Schicksal von Menschen, die während des Nationalsozialismus ermordet, vertrieben, deportiert oder in den Suizid getrieben wurden. Zum 75. Holocaust-Gedenktag am Montag (27. Januar) haben Menschen in vielen Städten die Stolpersteine gesäubert und wieder zum Glänzen gebracht.
Die Putz-Aktion
Jeder Stein erzählt die Geschichte eines Menschen – nur was, wenn niemand diese Geschichte sehen kann? Wind und Wetter haben grau-braune Spuren hinterlassen auf den Stolpersteinen. Zum Holocaust-Gedenktag haben daher Freiwillige deutschlandweit die Steine geputzt und wieder lesbar gemacht. Unter dem Hashtag #KeinVerblassen posten User auf Twitter Bilder von der Aktion und erinnern an die Geschichten der Opfer des Nationalsozialismus.
Auf dem morgendlichen Weg zum Bäcker die #Stolpersteine für Else und ihren gerade vierjährigen Sohn Peter gereinigt. #keinVerblassen #Berlin #Wannsee Im letzten Sommer erst waren die letzten Angehörigen aus Australien bei mir zu Gast. #HolocaustRemembranceDay pic.twitter.com/auDMp3ZKfK
— thomas mosch 🤔🇪🇺 (@Rakkox) January 26, 2020
Normalerweise sollen sich die Stolpersteine selbst reinigen – die Oberfläche aus Messing ist eine Art Schutzschicht. Wenn Passanten darüber laufen, sollen sie quasi “blank poliert” werden. Wo allerdings wenige Menschen unterwegs sind, können sich die Steine verfärben. Ein Grund, warum viele Twitter-User dazu aufrufen, bei der Aktion mitzumachen. Egal ob mit einem einfachen Schwamm und Wasser oder mit professionellen Reinigungspasten. Nur Drahtbürsten oder andere harte Gegenstände sollten nicht benutzt werden, weil sie die Messingplatten sonst beschädigen könnten.
Am Montag vor 75 Jahren wurde das KZ #Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit.
Zum #HolocaustMemorialDay rufen wir wieder dazu auf, #Stolpersteine zum Glänzen zu bringen und die Geschichten der Menschen unter #KeinVerblassen zu teilen.#75Befreiung #Auschwitz75 pic.twitter.com/K7vahLWb4r
— #KeinVerblassen (@DiePolierer) January 25, 2020
Stolpersteine in Dortmund
Mehr als 300 Stolpersteine gibt es in Dortmund – zwar keinen auf dem Campus der TU Dortmund, dafür aber fast in allen anderen Teilen der Stadt. Sie liegen meist vor dem früheren Zuhause der Opfer. Trotzdem findet man sie nicht nur in typischen Wohngegenden, sondern zum Beispiel auch am Osten- und am Westenhellweg in der Fußgängerzone. Der Stolperstein für Kurt Dorr liegt ebenfalls an einem eher ungewöhnlichen Ort: Er war obdachlos, sein Stolperstein wurde vor dem Rathaus auf dem Friedensplatz verlegt.
Wer sich einen Überblick über Stolpersteine in seinem Viertel verschaffen möchte, kann die Karte des Historic Place Wiki nutzen. Hier sind Stolpersteine in Dortmund und europaweit verzeichnet, außerdem ist auch die Inschrift der Steine dokumentiert.
Die Idee der Stolpersteine
Stolpersteine sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Ursprünglich war sie nur als einmalige Kunstaktion geplant, heute gibt es europaweit mehr als 75.000. Sie sollen an alle Opfer des Nationalsozialismus erinnern und auch Angehörigen helfen, die eigene Familiengeschichte zu verarbeiten. Die Steine aus Messing liegen vor allem auf öffentlichen Grund – das vereinfacht die Genehmigungsprozesse.
Prinzipiell kann jeder die Verlegung eines Stolpersteins planen und die Patenschaft übernehmen. Voraussetzung ist, dass man die Biografie für die Inschriften selbst recherchiert. Auch mit den Angehörigen der Opfer sollte man vorher sprechen. Außerdem muss bei der Stadt eine Genehmigung eingeholt werden. Die Kosten liegen pro Stein bei 120 Euro. Für die Organisation sollte man sich an die Mitarbeiter des Kunstprojekts Stolpersteine wenden.
Beitragsbild: Maik Haubrich