Eintönigkeit in der Bundesliga – Wieso eine Superliga gut wäre: Ein Gedankenspiel

Eine neue Liga könnte die Bundesliga für die Fans spannender machen.

18. Mai 2030. Der letzte Spieltag der Fußball-Bundesliga steht an. Drei Mannschaften können noch Meister werden: Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt. Dortmund und Frankfurt spielen gegeneinander, der Sieger der Partie ist deutscher Meister. Die Gladbacher empfangen die Abstiegsbedrohten Hoffenheimer. Sie müssen gewinnen und auf ein Unentschieden der anderen beiden hoffen. Es ist spannend bis zur letzten Minute…

Eins Vorweg: Ich bin selbst großer Fußballfan, gehe regelmäßig ins Stadion und supporte meinen Verein stimmungsvoll. Ich bin kein Freund von Investoren, wahnwitzigen Ablösesummen und Verschuldung ohne Ende. Ich möchte spannende und ausgeglichene Meisterschaften. Der Handlungsspielraum für die Vereine muss so frei wie möglich sein. Der Wettbewerb erhalten bleiben. Doch um die Spannung zu erreichen, bedarf es meiner Meinung nach Veränderungen, die nicht jedem passen. Der Beitrag ist ein Gedankenspiel, dass zeigen soll, wie es womöglich eine spannendere Saison geben könnte, ohne dabei irgendeinem Verein den bis jetzt hart erarbeiteten Status streitig zu machen.

Zugegeben, diese Ausgangslage klingt heutzutage sehr utopisch. Die Fußball-Bundesliga hat ein Spannungsproblem. Zumindest in Sachen Meisterkampf ist die Eintönigkeit im letzten Jahrzehnt nicht nur beängstigend. Sie ist richtig langweilig. Zum achten Mal in Folge hat sich der FC Bayern München dieses Jahr den Titel gesichert. Meist ist der Titel schon einige Spieltage vor Saisonende eingefahren worden. Es ist schon irgendwie ironisch, dass zum Ende einer Saison neben dem Abstiegskampf der Kampf um die europäischen Startplätze das “Interessante” ist. Zu gern wünsche ich mich zurück in die Zeit, wo ich die Bundesliga verfolgt habe und diese für jährliche Spannung gesorgt hat. Doch es könnte möglich sein…

Bundesliga damals vs. heute: Spannung verpufft

Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Bundesliga noch etwas abwechslungsreicher. Fünf Meister in zehn Jahren. Zwischen 1999 und 2009 sicherte sich Bayern München sechsmal die Meisterschale, Borussia Dortmund, Werder Bremen, VfB Stuttgart und VfL Wolfsburg jeweils einmal. Es macht den Eindruck, dass die Bayern hier bereits dominierten. Aber in diesem Zeitraum sind fünf Meisterschaften erst am letzten Spieltag entschieden worden, zum Teil sehr dramatisch. Man hat die Spiele damals so gut es ging verfolgt oder sich abends auf die “Meisterkonferenz” im Free-TV gefreut. Doch die Zeiten sind vorbei…

Jetzt kann man sich fragen: Wo liegt der Unterschied von damals zu heute? Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der komplette Fußballmarkt hat sich entwickelt. Die Rolle des Geldes wurde immer wichtiger: Immer höhere TV-Rechte, mehr Eigenvermarktung durch Internet und Social Media und höhere Preisgelder sorgen dafür, dass immer mehr Geld im Profifußball unterwegs ist. Und wer Geld hat, der kann auch investieren. In Deutschland ist dies mit weitem Abstand dem FC Bayern München am besten gelungen, weswegen man ihm diesbezüglich nur beglückwünschen kann. Der Erfolg ist erarbeitet, ohne Zweifel. Doch diese Dominanz, sowohl sportlich als auch ökonomisch, macht die Liga auf Dauer immer langweiliger. Es muss eine Veränderung her, andernfalls versinkt die Liga in der Bedeutungslosigkeit.

Die Liga umstrukturieren

Eine wie in der Einleitung beschriebene Ausgangslage am letzten Spieltag wünschen sich sicherlich viele Fans. Eine Entscheidung am letzten Spieltag, alles ist möglich und nicht nur die Bayern haben eine Chance. Nichts gegen die Bayern, aber es erfreut mich aktuell immer, wenn jemand anderes einen Titel gewinnt. Doch so, wie aktuell die Vereine agieren, wird sich daran wohl schwer was ändern. Die Liga und Vereine müssen sich mehr trauen und ein “Produkt Bundesliga” entwickeln, was außerhalb von Deutschland viel mehr Beachtung finden wird. “Produkt Bundesliga” – ja auch mir tut dies als Fan weh und ja auch ich bin der Meinung, dass ich mehr als nur ein “Kunde” bin. Doch sind wir das nicht alle schon? Etliche Abos für Live-Übertragungen, teure Tickets und Fanprodukte, all das gehört doch irgendwie schon dazu, zumindest in den Profi-Ligen.

Wenn ich schon ein Kunde bin, dann darf ich mir doch auch ein gutes Produkt wünschen oder? In meinem Fall eine Liga mit einer Ausgangssituation, die für alle Vereine ausgeglichener als jetzt ist. Ich habe mir schon paar mal Gedanken darüber gemacht, ob und wie etwas umzusetzen wäre. Am ehesten wohl durch die Einführung einer europäischen Fußball-Liga. Der Begriff “Superliga” ist spätestens seit 2016 ein Begriff in der Fußballwelt, da wurde erstmals über eine solche Liga gesprochen.

Superliga und nationale Ligen

Ich dachte damals: “Na klasse, wieder so eine tolle Möglichkeit für die reichen und erfolgreichen Vereine noch mehr Kohle zu generieren. Was für ein Schwachsinn.” Doch mit der Zeit und einige Saisons später stehe ich dem Ganzen weitaus offener gegenüber. Nicht nur in Deutschland gibt es Serienmeister, sondern auch in Frankreich und Italien. Die anderen beiden Top-Ligen in England und Spanien haben immerhin noch einen Kampf zwischen zwei Mannschaften. Insgesamt lässt sich in den meisten europäischen Ligen eine “Übermannschaft” finden. Die Superliga könnte eine Win-Win für alle Beteiligten sein. So hätte man eine Liga, in der sich zu Beginn die “Übermannschaften” einer neuen sportlichen Herausforderung stellen müssten. 20 Vereine, 14 davon aus den Ligen Deutschland, England, Italien, Frankreich und Spanien. Die restlichen Vereine spielen die anderen Ligen untereinander aus.

Durch das Ausbleiben des üblichen Titelfavoriten haben die übrigen Vereine in den nationalen Ligen eine höhere Möglichkeit sportlichen Erfolges. Zudem muss ein Auf- und Abstieg zwischen Superliga und nationalen Ligen möglich sein. So tauscht beispielsweise der Meister der Bundesliga seinen Platz mit der schlechtesten deutschen Mannschaft in der Superliga. Doch ein Problem lässt sich allein durch diese Umstrukturierung nicht lösen: Wer das meiste Geld hat, kann am meisten ausgeben. Hier wird es jetzt etwas knifflig, denn Vereine sind irgendwo auch Unternehmen, die am Ende des Tages versuchen neben sportlichem Erfolg auch finanziell Gewinne zu machen. Dieser ökologische Wettbewerb soll auch beibehalten werden, aber beim System der Geldausgabe kann man eine interessante Lösung finden.

Eine einheitliche Regelung lautet: Gib nur das für den Kader aus, was du in einer Saison durch sportlichen Wettbewerb verdienst! Wichtig hier, das Wort “sportlich”. Darunter verstehe ich alle Einnahmen aus TV-Rechten, Erfolgsprämien der Wettbewerbe sowie dem Verkauf von Tickets. Zudem dürfen alle Vereine einen festgelegten Prozentsatz des Umsatzes durch Fanartikel und Marketing nutzen. Somit lassen sich die Ausgaben der Vereine regulieren und Investoren haben nicht mehr einen solch großen Einfluss auf die Vereine, zumindest auf die Finanzen für den sportlichen Wettbewerb. Wer sich nicht dran hält, der wird sanktioniert. Aber es wird nicht nur reichen, eine gemeinsame Grundlage bei den Finanzen zu schaffen, auch sportlich muss sich etwas tun, damit Star-Spieler nicht immer zu denselben Vereinen wechseln.

Strukturen aus US-Ligen adaptieren

Das Regulierung größtenteils funktioniert, zeigt der US-Sport. Es ist schon erstaunlich wie global erfolgreich die hiesigen Ligen NFL (American Football), NBA (Basketball) oder NHL (Eishockey) in Sachen Zuschauerzahlen sind. In Deutschland hat die NFL in den letzten Jahren einen regelrechten Boom ausgelöst. Doch vom Football-Sport in Deutschland hört man wenig. Ein gutes Beispiel, dass die Vermarktung der NFL greift. Doch noch etwas macht die US-Ligen so interessant. Ihre Struktur, die im Vergleich zu Deutschland und Europa für mehr Spannung sorgt. Eine Kombination aus Draft und Salary-Cap macht es möglich. Durch diese Regelungen in Bereichen Finanzen und Verstärkung des eigenen Teams wird den Teams eine möglichst ausgeglichene Ausgangslage vor jeder Saison geschaffen.

Draft kurz erklärt
Im US-Sport bezeichnet der Begriff Draft die Rekrutierung von Nachwuchsspielern in die Mannschaften der Profiligen. In verschiedenen Zugrunden wählen die Vereine die Nachwuchsspieler aus und nehmen sie so für die kommende Saison unter Vertrag. Die Zugreihenfolge beruft sich dabei auf das abschneiden in der letzten Saison, in umgekehrter Reihenfolge. Somit sollen neue Talente gleichmäßig auf die Vereine verteilt werden und schwächere Teams neue gute Starspieler bekommen.
Salary-Cap kurz erklärt
Der Salary-Cap reguliert das den Vereinen zur Verfügung stehende Budget für Spielergehälter pro Saison. Dieses Budget wird jede Saison neu von der Liga berechnet und ist für jedes Team gleich hoch. Es berechnet sich über die Gesamteinnahmen der Liga. Wie das Budget auf die Gehälter der Spieler aufgeteilt wird ist den Vereinen frei überlassen. Es müssen lediglich die in einem Tarifvertrag festgehaltenen Mindestgehälter und die Budgetgrenze eingehalten werden. Falls nicht, drohen hohe Geldstrafen oder gar Vertragsauflösungen durch die Liga. Durch dieses System verteilen sich die Starspieler sich in der ganzen Liga.

Doch wie soll dies in Europa funktionieren, schließlich gibt es hier mehr als nur eine Liga. Der Aspekt Salary-Cap ist eben schon von mir aufgegriffen worden. Der Draft allerdings noch nicht. Hier muss beachtet werden, dass die Vereine alle eigene Nachwuchsabteilungen haben und somit ein Draft wie in America nicht umsetzbar wäre. Doch man könne den Vereinen andere Vorgaben machen. So müssen pro Saison eine bestimmte Anzahl an Spielern aus der eigenen Nachwuchsabteilungen stammen bzw. verpflichtet werden. Zudem dürfen pro Verein maximal 3 Spieler vorhanden sein, die frei von der mir eben vorgestellten Regulierung der Finanzen sind.

Blick in die Zukunft

Somit fallen alle Spieler, mit Ausnahme dieser drei, unter dem den Vereinen zur Verfügung stehenden Budget ihrer sportlichen Einnahmen. Dies hat zur Folge, dass die Vereine sich nicht einen teuren Star-Spieler nach dem anderen leisten können Stattdessen verteilen sich diese sich in Europa. Die Quantität von sportlich qualitativ ähnlich starken Mannschaften wird dadurch steigen und damit auch die Spannung im Wettbewerb.

Kommen wir zurück zum Fallbeispiel zu Beginn des Textes. Eine Umsetzung dieses Gedankenspieles könnte genau zu einem solchen Szenario führen. Mir ist durchaus bewusst, dass Vereine wie Dortmund oder Schalke aufgrund großer Stadien und einer größeren Anzahl an Fans immer noch Vorteile haben gegenüber Vereinen wie Freiburg oder Mainz. Aber der Unterschied würde aufgrund der Regulierung nicht mehr allzu groß sein, da das finanzielle Budget für die Zusammenstellung des Kaders begrenzt ist. Und gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um solche Strukturen einzuführen, da die Vereine durch Corona ohnehin zum Sparen angehalten werden, um zu überleben.

Beitragsbild: Pexels/ Pixabay

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