40 Jahre AIDS: Wie es sich heute mit dem Virus lebt

Vor 40 Jahren berichtete die US-Gesundheitsbehörde CDC erstmals über AIDS. Damals kam die Diagnose noch einem Todesurteil gleich. Inzwischen ist eine HIV-Infektion gut zu behandeln, wenn sie früh erkannt wird. Auch vorbeugend können Medikamente eingenommen werden. Kurt hat mit Alexandra Frings gesprochen, die seit 19 Jahren mit der Diagnose lebt.

Die Diagnose hatte Alexandra Frings erst einmal komplett den Boden unter den Füßen weggerissen. Vor 20 Jahren erkrankte sie, vor 19 Jahren erhielt sie die Diagnose und musste täglich über 10 Tabletten einnehmen. Heute ist es eine Tablette am Tag. Damals war die Lebenserwartung ungewiss, die Nebenwirkungen der Tabletten erheblich und dass sie mit ihrem Partner mal wieder kondomlosen Sex haben könnte, war undenkbar.

Freunde mussten über 30 Pillen am Tag nehmen, erinnert sich Anja Wolff. Sie arbeitet seit 32 Jahren als Beraterin und Begleiterin in der AIDS-Hilfe. Viele konnte sie anfangs nur einige Jahre bis zu ihrem Tod begleiten.  Die Schrecken der Anfangsjahre sind dank wissenschaftlicher Forschung überwunden. So mancher meinte damals, HIV-Positive sollten mit Tätowierungen gekennzeichnet oder gar in Konzentrationslager gesperrt werden. Das ist heute anders. Trotzdem gibt es nach wie vor Diskriminierung, so Anja Wolff von der AIDS-Hilfe Bochum.

Von Arzt zu Arzt geschickt

Bevor 2002 die Immunschwächeerkrankung bei Alexandra Frings erkannt wurde, wurde sie von Arzt zu Arzt geschickt, eineinhalb Jahre lang. Sie war schon Mutter, ein Risiko hatte sie für sich nicht gesehen. Als sie ihrer Familie und engen Freunden von der HIV-Infektionen erzählte fielen die Reaktionen durchweg positiv aus. Auch mit ihren Partnern habe sie nie negative Erfahrungen gemacht. Diskriminierung hat aber auch sie erlebt, sogar mit Ärzt:innen und Pfleger:innen.

Grundsätzlich ist sie nicht dazu verpflichtet ihre HIV-Infektion offen zu legen. Das sei ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Und Ärzte müssten ohnehin immer strenge Hygienemaßnahmen einhalten, damit sie weder andere Patienten noch sich selbst gefährden. Schließlich gäbe es schätzungsweise über 10.000 unerkannte HIV-Infektionen. Dennoch macht sie ihre Infektion stets bekannt. „Wenn ich das nicht anspreche, wenn ich nicht sichtbar werde, wenn ich nicht ins Gespräch gehe, dann kann sich nichts verändern in der Gesellschaft.“

Um etwas in der Gesellschaft zu verändern engagiert sie sich in der AIDS-Hilfe. Zunächst ehrenamtlich, später hauptberuflich. Sie berät Menschen mit einer HIV-Infektion, koordiniert Selbsthilfeangebote und leistet Aufklärungsarbeit in der Schule. Dabei ist ihr Anspruch, den Schüler:innen das Wissen zu vermitteln, dass sie brauchen um selbstbestimmt leben zu können. Etwa zu Übertragungswegen und zum Schutz vor Übertragungen durch Kondome, Femidome und PrEP.

„Viele wissen nicht, dass die Medikamente so gut sind heutzutage, dass sie eine Übertragung verhindern können.“

PrEP ist die Kurzform von Präexpositionsprophylaxe, der Vorbeugung einer HIV-Infektion durch die Einnahme von Medikamenten. Das sei eine sehr zuverlässige Präventionsmaßnahme und könne auch den Kopf frei machen, da man die Angst vor einer HIV-Infektion nicht mehr haben müsse.

Beratung und Testen

Dabei kann eine Beratung helfen, etwa im WIR, dem Zentrum für sexuelle Gesundheit und Medizin in Bochum, dem auch die dortige AIDS-Hilfe angehört. Stefan Esser, Vorsitzender der Deutschen AIDS Gesellschaft hält auch die Präexpositionsprophylaxe gegebenenfalls für sehr sinnvoll. Eine Impfung gegen HIV sei leider nicht so schnell zu erwarten, da im Gegensatz zum Coronavirus die Antigenstruktur nicht zu erfassen sei.

Im Zentrum für sexuelle Gesundheit in Bochum kann man bei einem Verdacht einen begleiteten HIV-Selbsttest durchführen. Die gibt es inzwischen auch in Drogeriemärkten und Apotheken zu kaufen. Eine Infektion ist allerdings erst zwölf Wochen nach einem möglichen HIV-Risiko sicher ausschließen. Alexandra Frings, Anja Wolff und Stefan Esser raten jedem sich bei einem Verdacht auf ein Risiko zu testen. Denn je früher mit der medikamentösen Therapie begonnen wird, desto weniger Folgen treten auf.

Mit HIV ist ein weitgehend normales Leben möglich

Wird die HIV-Infektion schon vor Ausbruch von AIDS erkannt, kann ein Mensch mit einer HIV-Infektion mit medikamentöser Therapie weitgehend ohne Einschränkungen sein Leben fortsetzen. Durch medikamentöse Therapien lässt sich die Zahl der HI-Viren im Körper mittlerweile so weit reduzieren, dass ein HIV-Infizierter nicht mehr ansteckend ist. Alexandra Frings rät jedem sexuell aktiven Mensch sich auch ohne Verdacht mindestens einmal im Jahr auf HIV zu testen.

Beitragsbild: Reproductive Health Supplies Coalition; unsplash.com

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