Wenn einem der 24-jährige Informatik-Student Timo Frommann auf dem Campus der TU-Dortmund begegnet, wirkt er auf den ersten Blick eher unscheinbar. Er ist durchschnittlich groß, hat unauffällige blonde kurze Haare und ein gesundes Lächeln auf den Lippen. Ein ganz normaler Student eben. Doch dieser Schein trügt, denn Timo ist alles andere als Durchschnitt. Timo spielt bei den Dortmund Devils, unserer Uni-Mannschaft, Flagfootball. Und nicht nur das: Er spielt mittlerweile sogar in der deutschen Nationalmannschaft. Was sich nach dem perfekten Werdegang anhört, ist jedoch eine Geschichte mit Rückschlägen, Schlüsselerlebnissen und Glück.
Timo erinnert sich noch genau an die Zeit, in der er ins Team der Dortmund Devils gekommen ist. Zu Beginn seines Informatik-Studiums an der TU Dortmund im Jahr 2013 probierte der gebürtige Lünener verschiedenste Sportarten aus. Darunter waren unter anderem Basketball, Judo und sogar Cheerleading. Doch eine Sportart hatte es ihm besonders angetan: „Flagfootball kannte ich aus der Schule und ich war sofort Feuer und Flamme.“ Dabei begann seine Zeit bei den Dortmund Devils kurios. Beim ersten Turnier sollte Timo, der bis dato als Offensive-Spieler eingeteilt war, eigentlich nicht im Kader stehen. Er hatte sich kurz zuvor einen Finger verletzt, sodass das Fangen des Balles unmöglich war. Die Trainer nahmen ihn aber trotzdem mit: „Sie haben gemerkt, dass ich unbedingt mit will.“, sagt Timo.
Wie der Zufall es so wollte, kam Timo zum Einsatz. Der sogenannte „Blitzer“, ein Defense-Spieler, der den Quarterback der Gegner durch schnelles Entgegenlaufen unter Druck setzen soll, hatte körperliche Probleme. Timo musste auf dieser für ihn ungewohnten Position aushelfen: „Das erste Spiel war schrecklich. Ich musste gleich gegen den besten Quarterback Deutschlands spielen und bin am Ende völlig frustriert vom Spielfeld gegangen. Das nächste Spiel saß ich auf der Bank“, sagt Timo. Doch den Frust wandelte Timo schnell in Energie um. Und als der Stamm-Spieler nach dem nächsten Spiel endgültig außer Gefecht war, durfte Timo wieder ran. Dieses Mal mit Erfolg: Am Ende des Turniers wurde Timo zum „Defense-MVP“ gewählt, also zum wertvollsten Spieler des Turniers. Und nicht nur die Schiedsrichter und Offiziellen erkannten seine Leistung an, sondern auch Gegner, Mitspieler und Trainer: „Die Trainer meinten sofort: Timo, du weißt, du spielst ab sofort immer auf dieser Position. Na gut, dann war ich ab diesem Moment halt Defense-Spieler“, sagt Timo.
Das Märchen geht weiter
Zwei Jahre nach diesem für Timo magischen Turnier nahm er an den „offenen Tryouts für die Nationalmannschaft teil. Dort durfte jeder teilnehmen, egal ob Spieler oder Laie, und sich für die Nationalmannschaft empfehlen. Timo machte dort auf sich aufmerksam und wurde in den 25-er Kader für das anstehende Trainingslager eingeladen. Dort wurde der Kader für die darauffolgende Europameisterschaft gebildet und die Mannschaft auf 15 Mann verkleinert. Timo schaffte es gerade so ins Team und gewann prompt die Bronzemedaille zur Europameisterschaft.
Flagfootball hat Priorität
Dass Timo es so weit gebracht hat, hinterließ im Studium allerdings Spuren: „Ich musste mir schon die Frage stellen: will ich in Regelzeit durchkommen und dann sofort arbeiten? Oder will ich das machen, was mir Spaß macht, und die Freiheiten eines Studenten mitnehmen? Ich habe mich für Flagfootball entschieden.“ Der Spaß am Sport stand für ihn immer im Vordergrund. „Sport ist mein Leben. Es ist mir wichtiger, mit 40 noch sportlich aktiv zu sein, als eine Villa und einen Pool zu besitzen.“ Und sportlich lief es für Timo ja bislang wie geschmiert. Auch, wenn seine sportliche Karriere bislang eine richtige Achterbahnfahrt war: „Es ist schon erstaunlich, was für eine Kette von Zufällen dazu geführt hat, dass ich jetzt Nationalspieler bin. Hätte ich mir am Anfang nicht den Finger verletzt, hätte ich vielleicht nie erfahren, dass der `Blitzer` die perfekte Position für mich ist. Und dann wäre ich auch nie Nationalspieler geworden.“
Teaser- und Beitragsbild: Eduard Zwickl