Die Bundesliga-Vorrunde ist vorbei. Und am Ende scheint alles ist wie immer: Die Bayern sind kaum zu schlagen. Aber dahinter gibt es interessante Entwicklungen. Augsburg ist näher an der Europa League als an den Abstiegsplätzen. Dort liegt der 1. FC Köln abgeschlagen auf dem letzten Platz. Und was treibt Schalke auf Rang 2? Die KURT-Redaktion bewertet die ersten 17 Spiele – mit Überraschungen, Flops und den besten deutschen Spieler.
Überraschung der Saison (Spieler): Leon Bailey
14 Millionen kostete der Jamaikaner Bayer Leverkusen im Winter des vergangenen Jahres – um dann in der Rückrunde nur einmal länger als 30 Minuten zu spielen. Auch zu Beginn dieser Saison lief es noch nicht ideal: am 1. Spieltag gegen Bayern zur Halbzeit ausgewechselt, danach aus der Startaufstellung verschwunden. Dort tauchte er erst am 6. Spieltag gegen den HSV wieder auf. Mit Erfolg: Beim 3:0 der Werkself bereitete Bailey zwei Treffer vor. Von da an verpasste er nur noch zwei Halbzeiten, erzielte sechs Tore und bereitete drei weitere vor. Inzwischen führt das Sportmagazin “Kicker” ihn als bestbewerteten Spieler der Liga.
Überraschung der Saison (Team): FC Augsburg
Rang neun, irgendwo im Niemandsland der Tabelle – für die Augsburger ein beachtlicher Erfolg. Denn vor Beginn der Saison galten die Schwaben als wahrscheinlicher Absteiger. Und was sollte man bei den finanziellen Eckdaten der Mannschaft auch anderes erwarten? Würde die Tabelle aus Marktwert des Kaders und Transferausgaben gebildet, wären die Augsburger auf einem Abstiegsplatz.
Und dennoch ist die Europa League näher als die Relegation. Das liegt auch am produktivsten Sturmduo der Liga: Michael Gregoritsch (acht Tore, vier Vorlagen) und Alfred Finnbogason (11/2) sind an den meisten der 27 Tore des FCA beteiligt. Auch bemerkenswert: Linksverteidiger Phillip Max legte in der Hinrunde zehn Tore auf. Zur Vergleich: Die nächstbesten Vorbereiter haben sechs Assists gesammelt.
Diese Abhängigkeit von einigen Spielern ist allerdings gefährlich. Es gibt genügend Beispiele von Mannschaften, die zur Winterpause alle Erwartungen übertrafen, nur um im der Rückrunde einzubrechen. Ob mangelnde Kaderbreite, Verletzungen oder einfach Formschwäche von Leistungsträgern – es gibt genügend Gründe, warum die Rückrunde sich für gewöhnlich deutlich anders entwickelt als die Hinrunde.
Bester Transfer: Michael Gregoritsch (5,5 Millionen Euro; Hamburg nach Augsburg)
Wie oben erwähnt, die Augsburger Offensive ist beachtlich. In dieser Hinrunde haben nur vier Teams mehr Tore erzielt. Letztes Jahr sah das noch ganz anders aus: In der Saison 2016/2017 hatten die Schwaben mit 35 Treffern den viertschlechteste Angriff der Liga. Dazu verließen mit Halil Altintop (6), Raul Bobadilla (4) und Elfmeter-Schütze Paul Verhaegh (3) entscheidende Spieler, die immerhin 13 der 35 Augsburger Tore erzielt hatten, vor der neuen Saison den Verein. Die entstandene Lücke konnte mit der Verpflichtung von Gregoritsch und dem entfesselt spielenden Alfred Finnbogason mehr als geschlossen werden. Gregoritsch hat diese Saison bereits zwölf Scorerpunkte, letztes Jahr erreichte er in 30 Spielen mit dem HSV gerade einmal acht.
Schlechtester Transfer: Jhon Córdoba (17 Millionen Euro; Mainz nach Köln)
Die Einschränkung zuerst: Der Kolumbianer ist verletzt. Trotzdem: Auch mit ihm war die dysfunktionale Kölner Offensive nicht wirklich besser. In den acht Spielen, in denen der bis dato teuerste Einkauf des Effzeh auflief, erzielte – wohlgemerkt die gesamte Mannschaft – zwei Tore. Davon eines von Córdoba vorbereitet. Chancen waren dabei durchaus vorhanden: Córdoba steht bei 24 Torschüssen, und die Expected-Goal Metrik (siehe Spoiler) würde für seine Situation 2,45 Tore erwarten.
Zusammengefasst: Die Kölner Probleme beschränken sich nicht nur auf Jhon Córdoba. Dennoch stehen seine bisherigen Leistungen in keinem Verhältnis zum Kaufpreis. Es bleibt zwar abzuwarten, was der Kolumbianer wieder genesen in der Rückrunde erreichen kann, aber gegenwärtig ist der Ex-Mainzer der schlechteste Transfer der Saison.
Bedeutendste Entlassung: Peter Bosz (BVB)
Es gibt an dieser Stelle nur zwei Optionen: Carlo Ancelotti und Peter Bosz. Dabei ähneln sich die Situationen in gewisser Hinsicht. Ein Spitzenteam, das plötzlich nicht mehr seine gewohnten Leistungen abrufen kann. Bei den Bayern wurde allerdings deutlich schneller gehandelt und bald nach der Champions-League-Niederlage gegen Paris Saint-Germain Trainer Carlo Ancelotti entlassen.
Borussia Dortmund dagegen klammerte sich deutlich länger an seinen Trainer Peter Bosz. Grundsätzlich ist Kontinuität auf der Trainerposition zwar positiv zu bewerten, aber wenn der Trainer nur gehalten wird, weil laut Vereinsführung “keine Alternativen” verfügbar sind, ist das ein anderer Fall. Spätestens nachdem der BVB beim 4:4 gegen Schalke einen 4:0-Vorsprung verspielt hatte, war die Entlassung eigentlich nicht mehr vermeidbar. Dennoch war Bosz noch zwei Wochen länger Trainer des BVB. Dieses Zögern gibt hier den Ausschlag “zugunsten” von Peter Bosz.
Die bisherige Tendenz unter Bosz-Nachfolger Peter Stöger, der die Mannschaft nach seiner Entlassung in Köln übernommen hatte, zeigt in die richtige Richtung. Beide Bundesligaspiele (gegen Mainz und Hoffenheim) wurden gewonnen. Es könnte sich eine ähnliche Entwicklung anbahnen wie in München. Unter Ancelottis Nachfolger Jupp Heynckes hat der FC Bayern zu alter Stärke zurückgefunden und geht mit elf Punkten Vorsprung auf Schalke in die Winterpause.
Bester Trainer: Domenico Tedesco (Schalke)
Der Jungtrainer hat auf seiner ersten Station in der Bundesliga einiges an Staub aufgewirbelt. Schalke steht auf Rang zwei. Das letzte mal war das am 12. Spieltag der Saison 2012/13 der Fall. Ganz unerwartet war es sicherlich nicht, dass Schalke oben mitspielen kann. Der Kader um Leon Goretzka und Abwehrchef Naldo ist durchweg gut besetzt. Dennoch ist es in weiten Teilen derselbe Kader, der letztes Jahr im Mittelfeld (Rang zehn) gelandet ist. Tedesco hat es in seiner ersten Saison geschafft, ein funktionierendes System zu etablieren, mit dem Schalke nach längerer Abstinenz wieder wie ein legitimer Anwärter auf die Champions League wirkt.
Bester deutscher Spieler: Mark Uth (Hoffenheim)
Der Hoffenheimer hat sich unter dem Radar zu einem der gegenwärtig besten deutschen Stürmer entwickelt. Neun Tore und zwei Vorlagen sprechen für sich selbst. In der Torschützenliste reicht das für Rang vier – hinter Lewandowski, Aubameyang und Finnbogason. Auch persönlich ist es seine beste Saison: Er hat bereits einen Scorerpunkt mehr als in der ganzen letzten Saison. Bezeichnend ist auch, welche Klubs an ihm interessiert sein sollen. Mitunter wird er in Zusammenhang mit Mönchengladbach, Schalke und Dortmund gebracht.
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