Friedrich der Große, Freddie Mercury, Helene Lange, Käthe Kollwitz, Leonardo da Vinci, Marlene Dietrich, Pjotr Iljitsch Tschaikowski: Menschen, die homo-, trans- oder intersexuell waren – aber noch wichtiger: Menschen, die unsere Gesellschaft und Kultur prägten. Dass viele geschichtsträchtige Personen nicht heterosexuell waren, ist häufig nicht bekannt. Die Kunstausstellung „WE ARE PART OF CULTURE“ ist ihnen gewidmet. Sie wird vom 12. bis zum 24. Juni im Dortmunder Hauptbahnhof gezeigt.
Alan Turing, ein britischer Mathematiker, Kryptoanalytiker und Informatiker, war einer der ausschlaggebenden Personen bei der Decodierung der Enigma-Maschine – dem Gerät zur Verschlüsselung von Nachrichten der Nationalsozialisten. Dieser Mann war maßgeblich am Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Eine Person, die in die Geschichtsbücher eingeht – sollte man meinen. Stattdessen wurde er 1952 wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ verurteilt. Um einer Haftstrafe zu entgehen, stimmte er einer chemischen Kastration zu. Unter dieser litt Turing so sehr, dass er sich mit 42 Jahren das Leben nahm.
Alan Turings Verbrechen? Er war homosexuell. Lebensgeschichten von Menschen, die die europäische Kultur geprägt haben und gleichgeschlechtlich liebten oder gleichgeschlechtliche Thematiken hatten, sind in der Ausstellung „WE ARE PART OF CULTURE“ zu sehen. Sechs große Aufsteller mit Illustrationen verschiedenster Künstlerinnen und Künstler stehen in der Eingangshalle des Hauptbahnhofs. Die Infotexte zu den in Rot und Schwarz gehaltenen Illustrationen sind auf vier Sprachen verfasst: Deutsch, Englisch, Arabisch und Russisch.
Die Geschichte sei nicht nur von heterosexuellen Cis-Männern geschrieben worden, erklärt Holger Edmaier, Initiator der Ausstellung. “Lesbische Frauen haben Geschichte geschrieben, schwule Männer haben die Welt verändert. Menschen mit Transsexux und Intersexus, Transgender haben Großartiges geleistet”, so der 46-Jährige. Edmaier will Menschen aus der Opferrolle holen: „Opfern bringt man Mitleid entgegen, aber nur selten Respekt. Und wir sind so viel mehr als Opfer!“
Über fast zwei Jahre tourt die Ausstellung durch 20 deutsche Bahnhöfe. Der Ort ist bewusst gewählt. Die Ausstellung soll alle Menschen erreichen, auch solche, die sich mit dem Thema sonst nicht beschäftigen – die Intention wirkt. Während der Vernissage scharen sich immer mehr interessierte Bahnreisende um die Installationen. Ob Menschen in Anzügen mit Businesskoffern, Jugendliche oder eine rumänische Familie mit Reisetaschen. Die kostenlose Ausstellung lädt ein zum Innehalten.
Teaser- und Beitragsbilder: Pia Voigt