Duell: Virtuelle Museen – vielfältige Alternative oder asozialer Kulturersatz?

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Virtuelle Museen sollen es ermöglichen, dass man einen Museumsrundgang von Zuhause aus machen kann. Museen erstellen auf ihrer Internetseite einen virtuellen Raum, den man – ähnlich wie Google Street View – betreten kann. Die Frage ist nur: coole Alternative oder faule Ausrede, um das Zimmer nicht mehr verlassen zu müssen?

Robin: Virtuelle Museen bieten mehr Möglichkeiten als herkömmliche Museen.

Von stressed out zu chill out…

Virtuelle Museen sind bequem und einfach. Keine langen Anfahrtszeiten, keine einschränkenden Öffnungszeiten. Viele Fragen stellen sich gar nicht erst: Wann trifft man sich mit anderen? Kommt man überhaupt rechtzeitig los mit dem typischen Freund, der sowieso immer zu spät kommt? Hat das Museum überhaupt noch offen, wenn man mit der Bahn irgendwann ankommt?

Dann kommt man nach einer langen Tortur endlich an und möchte sich Zeit lassen, die Ausstellungen im Museum auch genauer zu betrachten. Blöd nur, dass es einer riesigen Menschenmasse an anderen Touristen genauso geht. Nichts ist mit mal eben ruhig durch das Louvre schlendern und sich in Ruhe alles angucken. Und bei den interaktiven Spielen und Vorführungen funktionieren oft die Geräte nicht. Am Ende ist man von dem Ausflug so genervt, dass er sich nicht mal lohnt.

Virtuelle Museen hingegen sind standortungebunden und jederzeit abrufbar. Die Kunst im British Museum oder im Louvre kann man sich von zuhause angucken, ohne Geld auszugeben und Zeit mit der Anreise zu verlieren.

Auf zu neuen Landen

Virtuelle Museen eröffnen weitere Welten, die dem normalen Museumsbesucher verschlossen sind. Museen haben oft irrsinnig große Sammlungen, für Ausstellungen wird aber normalerweise nur ein kleiner Anteil davon genutzt. Ist die Ausstellung beendet, wandern sie wieder ins Lager. Statt sie dort ungesehen vor sich hin rotten zu lassen, sollte man sie lieber per Digitalisierung in ein virtuelles Museum einbinden, wo sie bestaunt werden können. Viele Objekte sind in einem Museum sowieso hinter einer Glaswand – mehr als Anschauen ist da auch nicht.

Der Sinn und Zweck eines Museums ist es, Wissen für alle zugänglich aufzubereiten und anzubieten. Virtuelle Museen vereinfachen den Zugang zum Wissen da schon enorm. Im Internet ist eine Verknüpfung mit anderen (vielleicht sogar schon beendeten) Ausstellungen, Museen oder Bibliotheken möglich und es ergibt sich direkt ein ganzes Netz an weiterführenden Links und Informationen, wenn man einem Bereich genauer nachgehen möchte. Man kann seinen eigenen „Museumsrundgang“ auswählen und muss sich dabei nicht mal auf ein Museum beschränken.

Das Museum ist für alle da

Museen schreiben sich meist auf die Fahne, „für jung und alt“ – für alle – zu sein. Trotzdem empfinden Menschen immer wieder eine Hemmschwelle, ins Museum zu gehen. Ein Problem, das ein virtuelles Museum umgehen kann. Jeder kann ganz einfach die Seite des Museums abrufen und sich kurz umschauen. Man muss keine Sorge haben, sich eine Blöße zu geben, weil man den Inhalt vielleicht ohne Hintergrundwissen nicht versteht. Es wird versucht, die Texte im Museum so einfach wie möglich zu schreiben, damit sie ohne Probleme von jedem gelesen werden können. Aber als Tourist einen Text einfach in der eigenen Sprache lesen zu können, würde schon vieles vereinfachen. Virtuelle Museen heben die Problematik auf, dass es nicht genügend Platz an der Wand gibt, um die Texte in jede Sprache zu übersetzen.

Das Internet ist ohne Schranken und Barrieren, während Museen darum kämpfen müssen, ihre Räume barrierefrei zu gestalten. Das heißt für herkömmliche Museen, dass sie sich jedes Mal entscheiden und abwägen müssen, welchen Kompromiss sie eingehen wollen. Im Internet hingegen könnte das individualisiert werden. Es müssten keine halbgaren Kompromisse geschlossen werden, sondern das Museum könnte wirklich einmal für alle gleichermaßen da sein.

Adela: In Zeiten der Digitalisierung noch mehr Zeit vorm Bildschirm!

Von sozial zu unsozial…

Die Couch-Potato muss sich nicht mal mehr für einen Museumsbesuch vor die Tür quälen, sondern kann einfach bequem in Jogginghose auf dem Sofa sitzen bleiben. Abgesehen davon, dass dieser Museumsrundgang nahezu keine Kalorien verbrennt, ist er auch noch unsozial.

Ein Ort der Begegnung und Interaktion wird zu einem 360-Grad-Rundgang im Internet. Das soll gut sein? Vor allem bei Technikmuseen ist die Zielgruppe hauptsächlich auf Kinder, Jugendliche und Familien ausgelegt. Oldtimer bestaunen, selbst Münzen prägen oder mit dem Bobbycar durch die Ausstellung düsen, entwickelt sich zu einem Sitzen vor dem Bildschirm. An Stelle des Sonntagausflugs in die DASA sitzen alle einfach nur noch vor ihrem eigenen Display. Und wer hat sich nicht in der Schule auf die Ausflüge ins Museum gefreut? Anstatt vor Arbeitsblättern zu sitzen, konnte man die Objekte bestaunen. Also stellt euch in Zweier-Reihen auf, nehmt euch an der Hand und plant den nächsten Museumsbesuch!

Digitalisierung? Nein danke!

Das Museum ist ein Medium, das alle Sinne anspricht. Sehen, Hören, Fühlen… eine Ausstellung ist darauf angewiesen, dass ihr euch mit allen Sinnen auf sie einlasst. Euch von den Exponaten fesseln lasst. Mehr und mehr Museen nutzen Interaktion, Lernen durch Kontakt mit den Objekten. Ohne diese Interaktion bleibt die Erfahrung immer eindimensional.

So wird der Museumsbesuch für jeden Gast einmalig und einzigartig, die Ausstellung gibt nicht immer einen klaren Weg vor. Jeder Mensch fokussiert sich auf andere Dinge, nutzt seine Sinne anders und geht mit anderen Erfahrungen und Eindrücken nach Hause. Genau das macht das Museum so persönlich. Kuratoren können nicht planen, wie die Besucher ihre Arbeit empfinden, ob sie verstehen, was sie sagen wollten, oder es ganz anders und eigen interpretieren.

Das Institut für Museumsforschung bestätigte in einer Studie von 2017, dass die Besucherzahlen steigen. Das Bedürfnis nach selbstständigem Lernen, unterstützt durch interaktive Objekte oder auch “Hands on”, sollte nicht vermisst werden. Wir brauchen nicht in jedem Bereich Digitalisierung und „Fortschritt“. Wir wollen vor realen Dingen stehen und stauen.

Eine Frage der Kosten

Große Museen sind klar im Vorteil: mehr Geld, mehr Personal, mehr Diversität. Ein virtuelles Museum zu erstellen, ist eine aufwendige Sache und kleine Häuser sind dabei kaum konkurrenzfähig. Bei allen kostenlosen Angeboten im Internet ist auch hier die Frage: Wer bezahlt? Nahezu alle Internetseiten werden durch Anzeigen finanziert. Ohne Werbung, keine Geld! Wir kennen es von Facebook, YouTube oder jeder anderen Seite, auf die wir klicken und auf der uns erstmal personifizierte Werbung ins Auge fällt.

Aber wer kann ein kostenloses Museum im Internet bezahlen? Das können sich nur große Häuser leisten, die durch Förder- oder Eintrittsgelder so gut aufgestellt sind, dass sie ihre Ausstellung online kostenfrei zur Verfügung stellen können.

Zusätzlich zum Kostenpunkt ergibt sich noch eine Frage: Warum in einer Zeit der Digitalisierung noch mehr Zeit am Bildschirm verbringen? Wir alle verbringen Stunde um Stunde vor dem Bildschirm. An der Arbeit, in der Uni, zu Hause, unterwegs hat fast jeder sein Handy dabei. Lasst es doch einfach mal zu Hause, geht in eine Ausstellung, ohne die Highlights auf Insta zu posten. Seid da, in dem Moment anwesend und genießt die Realität in vollen Zügen. Meine Mama würde jetzt auch sagen: Es ist besser für die Körperhaltung und die Augen.

Also… an jeden Liebhaber da draußen: Vergesst nicht die Schönheit des Originals!

und
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