DJ Livestreams: Eine Alternative zum Clubbing?

Seit Anfang des Jahres sind die meisten Festivals, Konzerte und Club-Partys verboten. Dadurch können auch DJs ihrem Job momentan nicht wirklich nachgehen. Viele von ihnen suchen jetzt Alternativen und wechseln zum Beispiel zum Livestreaming. Vor allem Plattformen wie Twitch, aber auch Facebook und Co. erleben dadurch einen Hype, den es so noch nie gab. Aber sind Livestreams überhaupt eine gute Alternative und ist Streaming eventuell sogar etwas für die Zukunft?

Der persönliche Kontakt fehlt

Simeon Krüger ist Betreiber der Dortmunder Diskothek Nightrooms und als DJ Simo unterwegs. Zu Beginn der Pandemie legte er sich in‘s Zeug und organisierte Livestreams mit Dekoration, Kostümen und Entertainern. Doch nach zwei Monaten beendete er die Aktion. „Die Resonanz war zu Beginn super stark, lies aber irgendwann nach, weil fast jeder auf den Streaming Zug aufgesprungen ist“, sagt der DJ. Dadurch waren seine Aktionen nichts Besonderes mehr. Krüger wurde also schnell klar, dass Streaming für ihn nicht die richtige Option ist.

Für mich sind Streams keine Alternative zu Partys. Partys leben vom Kontakt zu den Gästen und dem Kontakt der Gäste untereinander. Dazu gehört einfach, neue Leute kennenzulernen, das wilde Tanzen – das kann kein Stream der Welt ersetzen.

Auch finanziell ist die Situation schwierig, denn in Livestreams wird man meist lediglich durch Spenden oder Abonnements bezahlt. Und selbst wenn der/die Streamer*in Spenden nimmt, heißt es nicht, dass diese an die Einnahmen einer normalen Party herankommen. Für größere Streamer *innen könnte das aber möglich sein, sagt Lars Brodherr, besser bekannt als DJ Larse. Er hat auch schon DJ Livestreams hinter sich. Er sagt: „Ich denke schon, dass es Möglichkeiten gibt, Streams auch monetär umzusetzen. Es gibt diverse Portale auf denen man sich dann via pay per view zuschalten kann.”

Das technische Hindernis

Neben dem finanziellen Aspekt gibt es aber noch ein weiteres Hindernis. Auch wenn es so aussieht, als würde man sich einfach nur beim Auflegen filmen, benötigt man für Streams ein großes Portfolio an Equipment. Das DJ-Setup ist dasselbe, doch dazu kommen noch Kameras, eine stabile Internetverbindung, die nötigen Kabel und verschiedene Softwares. Für viele ist allein das schon mit zu vielen Kosten verbunden, als das man sie stemmen könnte. Vor allem für kleine DJs, die noch nichts oder nicht viel mit der Musik verdienen.

Quelle: TwitchTracker – Music Statistics

Doch gerade für die kleineren Streamer*innen ist die Zeit gerade optimal. Die Twitch-Statistik zeigt deutlich, dass seit Februar die Menge an Zuschauer*innen, die gleichzeitig Musik-Streams gucken, um ein Vielfaches gestiegen ist. Zwischen Februar und November wuchs die Zahl dieser nämlich von gerade einmal 7.300 auf 27.500, also fast um das Vierfache. Dadurch, dass mehr Leute die Streams schauen, können auch mehr Leute auf kleinere Streamer*innen aufmerksam. Sobald die Zahl der Zuschauer*innen steigt, wird man auch auf den Plattformen höher eingestuft und öfter anderen Leuten vorgeschlagen. Eine große Zuschauerschaft kann dann dazu führen, dass auch Clubbesitzer oder Festivalorganisatoren auf bisher unbekanntere DJs aufmerksam werden. Twitch kann also helfen, bekannter und erfolgreicher zu werden. Ein gute Qualität hält natürlich auch mehr Leute auf den Kanälen. Dazu braucht man zum einen das technische Equipment, man sollte aber auch für Abwechslung sorgen. Beispielsweise durch Streams zu speziellen Anlässen.

Silvester ohne Clubs

Ein Beispiel für einen speziellen Anlass ist Silvester. Die Silvesternacht ist eine der wichtigsten Nächte für die Clubszene. Doch dieses Jahr ist es anders, die Clubs bleiben zu. Können Livestreams auch hier helfen? Lars Brodherr denkt, dass Streams ein Ansatz aber keine Lösung sind. Es gehe Silvester darum, Leute zu treffen und gemeinsam ins neue Jahr zu rutschen. Das könne kein Stream leisten. Und auch DJ Simo ist da eher skeptisch. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Bildschirm das Erlebnis zu Silvester mit Freund*innen in einem Club ersetzt.”

Die Zukunft des Streamings

Keiner kann sagen, wann es in den Clubs wieder los geht. Doch auch dann werden die Streams weiter bestehen bleiben, da ist sich DJ Larse sicher.

Ich denke schon, dass es immer mal wieder Streams geben wird, genauso, wie es sie ja auch vorher schon gab. Allerdings werden die Streams aus dem Wohnzimmer von DJ XY abnehmen, es geht hoffentlich mehr in Richtung hochwertige Produktionen.

Genauso denkt auch DJ Simo. Er kann sich sogar vorstellen selbst Events zu Streamen. „Zum Beispiel für Leute aus anderen Städten und welche, die es nicht zur Party geschafft haben“. Er sieht Streaming in Zukunft nicht als Alternative, sondern als Ergänzung. Aber vielleicht stellt sich das Streamen ja zumindest für wenig bekannte DJs als die perfekte Art zum Wachsen heraus.

 

Foto: Daniel Brocke / Kurt

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