Zwischen Sommer und Schneegestöber

25 Grad und Sonne — und fünf Tage später üppiger Schnee. So passiert im Dortmund der letzten Wochen. Aprilwetter eben, sagt man sich da gern. Aber was hat es eigentlich mit diesem “Aprilwetter” auf sich?

April ist, wenn man vor dem Spazieren nicht weiß, ob man sich für Winterstiefel, T-Shirt oder Regenschirm entscheiden soll — hinterher aber wahrscheinlich genau das Falsche mitgenommen haben wird.  April ist, wenn sich alle vier Jahreszeiten in genauso viele Wochen drängen. Und April ist, wenn jeder Blick aus dem Fenster eine Überraschung bieten kann. So oder so ähnlich lässt sich wohl das Verwirrspiel des Wetters im April beschreiben. “Der April macht, was er will” — das ist nicht umsonst ein gut etabliertes Sprichwort.

Schon der Dramatiker und Publizist Heinrich von Kleist hatte im 18. Jahrhundert etwas dazu zu sagen.  Der April könne kaum so schnell die Witterung wechseln wie die Franzosen ihre Kleidung, meinte er. Die Aussage über Frankreich und Mode sei dahingestellt. Aber die Idee vom unberechenbaren Aprilwetter scheint damals schon Thema gewesen zu sein. Und diese Wahrnehmung kommt nicht von irgendwo her, bestätigt Andreas Hense, Professor für Klimadynamik an der Universität Bonn.

Viel Luft… um einiges

Der Name “Aprilwetter” ist dabei eigentlich irreführend, sagt er. Trotz des eindeutigen Namens würden sich die Wetterturbulenzen nicht zwangsläufig auf den April beschränken. Oft setze das Aprilwetter schon zu Frühlingsbeginn, also Anfang März, ein. Das sei etwa auch in diesem Jahr der Fall gewesen. „Das hat man auch heute ganz massiv an den niedrigen Temperaturen gemerkt.“

Die Erklärung dieses Phänomens: Im Frühjahr strömt relativ kalte Luft aus Nord-West-Richtung vom Polargebiet nach Mitteleuropa. Gleichzeitig erwärmt sich der Boden durch die immer intensivere Sonneneinstrahlung. Es entsteht ein sehr starker Temperaturkontrast zwischen Boden und Luft. Liegt die Bodentemperatur über der Lufttemperatur, steigen Luftpakete mit kondensiertem Wasserdampf in die Höhe. Aufgrund des besonders hohen Temperaturkontrasts ist dieser Effekt im Frühling besonders stark. Wenn diese Pakete dann auf die polare Kaltluft treffen, entstehen Wolken. Daraus fallen dann die für das Aprilwetter typischen plötzlichen Regenschauer.

Da die Luft aus den Polargebieten bei circa -38 Grad Celsius liegt, kondensiert dieses flüssige Wasser oft nicht und fällt in Form von Schnee und Eis. So eine Regenwolke könne die Temperatur dann auch auf dem Flachland, wie in Dortmund, um 3-4 Grad Celsius senken, so Professor Hense. „Hier bei uns ist das häufig so wie gestern Mittag. Dann kommt der Niederschlag durchaus als Schnee an, schmilzt aber direkt bei Bodenkontakt.“ Der Boden sei durch die Sonneneinstrahlung im Frühjahr meist zu warm für Schnee. „Das ist genau der Effekt des Aprilwetters. Eine Standardsituation im April.“.

Andere Luft, ähnliche Verhältnisse

Diesen Effekt und damit das Aprilwetter gibt es logischerweise nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen Europas. In diesem Jahr sei der Kaltluftvorstoß aus dem Norden so stark gewesen, dass selbst Südfrankreich betroffen ist. „In den letzten Tagen sind den Winzern in Frankreich in Burgund 90 Prozent der Trauben eingefroren. Die haben jetzt schon ein massives Problem mit der Traubenernte im Herbst”, sagt Hense.

Ähnliche Effekte gibt es auch außerhalb Europas — nur zu anderen Zeiten. Etwa gibt es an der Küste Ostasiens das gleiche Kaltluftvorstoßphänomen. Dort strömt die Luft über Ostsibirien nach China und Japan. Längs der mittleren Breitengrade sei das ein ganz typisches Wetterphänomen, sagt Hense. Auch Blizzards, also die massiven Schneestürme in Nordamerika, können eine Folge dieses Effektes sein. Im Unterschied zu Europa existiert dort kein Ost-West Gebirge, sodass die Luftmassen dort ungehindert vom Nordpol bis nach Mexiko strömen können.  „Wir sollten froh sein, dass wir das hier nicht bei uns erleben.“

Wann genau das Phänomen auftritt, lässt sich dabei nicht exakt vorhersagen.  „Wenn das hier bei uns auftritt, kann es eben sein, dass das an der asiatischen Ostküste nicht so auftritt und umgekehrt. Das ist durch den reinen Zufall gesteuert“, sagt Hense.

Teaser- und Beitragsbild: Uwe Bachmann/Deutscher Wetterdienst

 

 

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