Es ist mal wieder so weit: Der 8. März. Weltfrauentag. Die Chance für alle Frauen, vergünstigte Klamotten, Tampons und Binden oder ausgewählte Beautyprodukte zu kaufen. Großartig, wie die Unternehmen die Werbetrommel rühren. Mit dabei die Politik, die wie jedes Jahr zufrieden klatscht. Mehr als 100 Jahre Frauenwahlrecht. Die Regierung ist zur Hälfte weiblich. Ein Grund zum Feiern – wenn die Lage nicht so beschissen wäre.
Die Feierlichkeiten zum 8. März sind reine Symbolpolitik. Denn die politischen Ziele sind seit ich denken kann die gleichen. Mal ehrlich: In wie vielen Koalitionsverträgen waren der Ausbau der Kinderbetreuung, die Abschaffung von ungleicher Bezahlung oder die Einführung von Frauenquoten das Thema? Heiterkeit und Beweihräucherung kann man sich an dieser Stelle also echt sparen. Deshalb ist das Konzept des Weltfrauentags längst überholt. Was wir brauchen ist ein feministischer Kampftag.
Die Liste der Ungleichheiten ist lang
Der 8. März sollte ein Mahnmal sein. Dafür, dass Frauen immer noch mehrheitlich in systemrelevanten Berufen wie der Pflege, der Pädagogik und im Einzelhandel arbeiten und dafür weder gesellschaftliche noch finanzielle Anerkennung erhalten. Dafür, dass Frauen viel mehr Care-Arbeit leisten als Männer. Das heißt, die Frau kümmert sich um Kinder, Haushalt und Familie. Im Durchschnitt investiert sie 52,4 Prozent mehr ihrer „Freizeit“ für diese Tätigkeiten als der Mann. Dafür, dass Frauen immer noch weniger Geld verdienen als Männer. Im Durchschnitt sechs Prozent – bei gleicher Leistung und Qualifikation. Wie kann es sein, dass Frauen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts für gleiches Gehalt kämpfen müssen? Ein Mahnmal dafür, dass Frauen öfter von Armut betroffen sind. Das gilt besonders im Alter: Im Schnitt bekommen sie 45 Prozent weniger Rente, vor allem, wenn sie in Teilzeit oder als Hausfrauen gearbeitet haben. Dafür, dass in den Vorständen der 200 größten Firmen Deutschlands der Frauenanteil im Jahr 2021 nur bei knapp 15 Prozent lag. In der Wissenschaft sieht es nicht besser aus: Im Jahr 2020 war nicht einmal jede vierte Professur mit einer Frau besetzt. Und auch wenn die Bundesregierung mittlerweile zur Hälfte aus Frauen besteht, macht ihr Anteil im Bundestag gerade mal ein Drittel aus.
Als wäre das alles noch nicht genug, sollte der 8. März auch eindringlich daran erinnern, dass in Deutschland jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer oder sexueller Gewalt betroffen ist. Es ist vielleicht gut gemeint, dass man jungen Mädchen beibringt, auf dem Nachhauseweg gut aufzupassen oder ihr Getränk im Club nicht aus den Augen zu verlieren, aber oft ist der Täter ein aktueller oder früherer Partner.
Es muss gegen alle Formen der Diskriminierung gekämpft werden
Die Liste der Dinge, die Frauen tagtäglich hinnehmen müssen, könnte ewig weitergeführt werden. In dieser Aufzählung dürfen aber auch andere Personen, die von Diskriminierung betroffen sind, nicht vergessen werden. Der feministische Kampftag richtet sich ebenso an Trans*-, Inter*- und nicht-binäre Personen. In einer Erhebung der EU-Grundrechteagentur gaben beispielsweise 58 Prozent aller Trans*Personen an, Diskriminierung oder Belästigung zu erleben. Ausgrenzung am Arbeitsplatz, Hass in den sozialen Medien und Gewalt sind nur einige Beispiele. Zum Teil wird ihnen sogar die bloße Existenz abgesprochen.
Es gibt mehr als genug Gründe, um heute wütend zu sein. Sammelt den Zorn und schöpft Energie daraus. Denn auf dem Weg zur Chancengleichheit hat bisher leider niemand etwas geschenkt bekommen. Das Erreichte zu feiern verstellt den Blick auf die vielen ungelösten Problemen. Der 8. März muss ein Gedenktag und ein feministischer Kampftag sein. Gegen alle Formen der Diskriminierung.
Titel- und Beitragsbild: miawicks9/Pixabay