8 Milliarden – Wie lassen sich so viele Menschen ernähren?

Im November 2022 wurde der achtmilliardste Mensch geboren. Wie lässt sich eine solch riesige Anzahl an Menschen ernähren, ohne dabei den Planeten bis ans Limit zu treiben? Und was hat das Ganze mit Grillen, Fischen und Tomaten zu tun?

Zum Vergleich: Heute leben dreimal so viele Menschen auf der Erde wie noch 1950. Der neueste UN-Bericht legt nahe, dass die Weltbevölkerung weiter wachsen wird – wenn auch langsamer. Schätzungsweise könnte die Weltbevölkerung bereits in 60 Jahren die zehn Milliarden geknackt haben. Bislang gingen Forscher*innen davon aus, dass diese Marke erst 20 Jahre später erreicht wird.

Gibt es bereits jetzt zu viele Menschen?

Der Film Soylent Green widmete sich bereits in den 70ern genau diesem Problem: der Überbevölkerung. Die Öko-Dystopie spielt in unserer Gegenwart, also 2022. Ein düsteres Bild wird gezeichnet. Der Planet platzt aus allen Nähten, die Meere sind überfischt, die natürlichen Rohstoffe bis zum Limit ausgebeutet und die große Mehrheit muss sich von synthetischen Substanzen ernähren. Ist die Sorge vor einer Überbevölkerung wirklich -angebracht? Wie lassen sich acht Milliarden Menschen ernähren?

Dr. Oliver Schlüter unterscheidet zwischen zwei Ansätzen: „Entweder wir produzieren einfach mehr, oder wir produzieren effizienter, das heißt Verluste vermeiden.“ Er leitet das Projekt zur Zucht von verzehrbaren Grillen bei foods4future. Das ist ein vom Bund finanziertes Verbundprojekts, das das Ziel hat, Innovationen für eine nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung zu entwickeln. Der Ansatz der Mehrproduktion scheint wenig sinnvoll, da schon jetzt Ressourcenknappheit, Klimawandel und Verringerung der Bodenqualität ein großes Problem darstellen!

Weniger Schwein und Rind, mehr Insekten!

Grundsätzlich gilt: Pflanzen wandeln Energie effizienter um in für uns essbare Biomasse als Tiere das tun. Bei Fleisch gibt es daher große Unterschiede in puncto Nachhaltigkeit. „Was für die Gesamtbetrachtung immer eine Rolle spielt, ist u.a. die Futterverwertung der Tiere, der Platzbedarf und der Wasserverbrauch“ erklärt Oliver Schlüter. In Anbetracht dieser Kriterien schneidet Fleisch von Rindern und Schweinen deutlich schlechter ab als das von Geflügel, Fischen und Insekten. Insekten lassen sich auf kleinem Raum versorgen, mit verhältnismäßig wenig Wasser und Futter. Außerdem lassen sie sich mit Lebensmittelabfällen ernähren, die sonst keine Verwendung finden würden.

Mal abgesehen davon sind Insekten reich an hochwertigen Eiweißen und gesunden Fetten. In vielen Ländern von Asien bis Zentralamerika werden Insekten daher schon lange verzehrt, so beschreibt Oliver Schlüter die Situation. Er stellt außerdem fest: „In Zukunft werden Insekten eine Rolle in unserer Ernährung einnehmen, auch in den westlichen Industrieländern.“ Er vergleicht den Verzehr von Insekten mit dem von Sushi. Vor einigen Jahrzehnten war es in Deutschland nicht üblich, rohen Fisch zu essen und nun finden sich Sushi-Restaurants in jeder Stadt.

Insekten schneiden in praktisch jedem Nachhaltigkeitskriterium besser ab als Rinder.
Insekten schneiden in praktisch jedem Nachhaltigkeitskriterium besser ab als Rinder. Foto: Grafik aus dem Fleischatlas 2018 zum Effizienzvergleich von Rindfleisch und Insekten. Abbildung: Bartz/Stockmar

Stichwort Fische: Insekten stellen nicht nur gute Nahrung für uns Menschen dar, sondern auch für Fische. Diese lassen sich ressourceneffizient auf kleinem Raum in Aquaponik-Systemen züchten. In einem solchen System wird das Wasser aus dem Fischtank mitsamt den Exkrementen in ein Pflanzenbecken geleitet. Hier werden die Fischausscheidungen durch Bakterien in Flüssigdünger umgewandelt. Das saubere Wasser fließt im letzten Schritt wieder zurück in den Fischtank. „So schön, wie bei den Fischen, dass man die Exkremente im Wasser praktisch weiterleiten kann, hat man es bei keinem anderen System. Gülle von Huhn, Rind und Schwein muss erst von Harnstoffen bereinigt werden“, erklärt Prof. Werner Kloas vom Leibniz Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei.

Bloß kein Wasser verschwenden!

Durch ein Aquaponik-System lässt sich vor allen Dingen jede Menge Wasser einsparen. Benötigt die herkömmliche Fischzucht noch 1000 Liter pro Kilogramm Fisch, so sind es bei einem Aquaponik-System, durch die zweifache Verwendung des Wassers, gerade einmal 100 Liter. Hinzu kommen noch fünf bis zehn Kilogramm Gemüse. „Wir dürfen uns die Wasserverschwendung nicht mehr leisten, wir müssen die Kreisläufe schließen“, sagt Werner Kloas.

Auch in Zukunft lässt sich die Menschheit also ernähren, ohne dabei die natürlichen Ressourcen überzustrapazieren. Experten sind sich einig: Insekten als Nahrungs- und Futtermittel und Fische aus Aquaponik-Systemen sind zwei wertvolle Werkzeuge, um dieses Ziel zu erreichen. Dennoch stellt Oliver Schlüter fest: „Insekten werden meiner Meinung nach eher eine Ergänzung zum Fleisch darstellen. Wollen wir uns aber wirklich ressourcenschonender und nachhaltiger ernähren, bleibt uns nichts anderes übrig als unseren Fleischkonsum zu reduzieren.“

 

Beitragsbild: pixabay.com/christophmeinersmann

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