Weil sie keinen nachhaltigen Rucksack fand, entwarf Katharina Schmidt selbst einen. Heute gehört ihr das Start-up „Sperling“, das Rucksäcke aus recycelten und natürlichen Materialen produziert. Warum es sich lohnen kann, eigene Lösungen zu schaffen.
Katharina, wie ist es dazu gekommen, dass du „Sperling“ gegründet hast?

Ich habe einen Rucksack für die Uni gebraucht. Das war 2018. Damals habe ich noch Jura an der Ruhr-Universität in Bochum studiert. Und ich habe mich immer ausgiebiger mit dem Thema Veganismus auseinandergesetzt. Es war mir wichtig, dass ich mich nicht nur vegan ernähre, sondern auch vegan lebe. Obwohl ich Produkte in Lederoptik sehr mag, war ein Lederrucksack keine Option mehr für mich. Einen Rucksack aus Plastik wollte ich auch nicht – das hat die Auswahl sehr erschwert.
Zufälligerweise kann mein Freund aber nähen. Zusammen haben wir in einer Nacht unseren allerersten Rucksack aus Kork für mich gemacht. Den Rucksack habe ich dann zwei Tage mit zur Uni genommen, dann haben wir ihn wieder auseinandergeschnitten und ein Muster daraus gemacht. Weil unsere Freunde und Familie so begeistert von dem Rucksack waren, haben wir gleich 200 Rucksäcke genäht und eine Marke angemeldet. Was als gut bezahlter Nebenjob begann, wurde zu einem schnell wachsenden Unternehmen – und es machte mehr Spaß als das Studium.
Wie habt ihr es geschafft, ohne lange zu planen, mit „Sperling“ durchzustarten?
Wir waren sehr schnell sehr weit über die Startphase hinaus. Wir haben direkt angefangen zu verkaufen. Das war ein ganz anderes Vorgehen als bei Gründern, die jahrelang geplant und den Businessplan geschrieben haben. Wir waren direkt mittendrin. Ich glaube, das war wichtig für unser Produkt. Es bringt nichts, in seinem Zimmer zu sitzen und darüber nachzudenken, was jemand über das Produkt denken könnte. Nur wenn ich es auf den Markt bringe, bekomme ich Feedback und kann mein Produkt verbessern – auch wenn es noch nicht richtig fertig ist. Ein Produkt muss möglichst schnell auf den Markt. Eine Idee lange liegen zu lassen, ist der Tod für jedes Produkt.
Aber wie war es möglich, das Produkt so schnell auf den Markt zu bringen?
Ich hatte nichts zu verlieren. Ich war Studentin und hatte dadurch kein richtiges Einkommen. Deshalb war es auch egal, ob ich einen Gewinn erziele. Was war das Schlimmste, was hätte passieren können? Ich habe zu dem Zeitpunkt 250 Euro warm für die Wohnung bezahlt – das hat das Bafög getragen. Es konnte nicht schlechter kommen, zur Not wäre ich in mein Kinderzimmer zurückgezogen. Ich habe keine Verantwortung getragen – kein Haus, keine Kinder, keinen Job. Ich hatte keinen Druck, dass das Unternehmen sofort gut laufen muss. Deshalb möchte ich junge Menschen ermutigen, geht euren Gründungsideen nach: Was habt ihr zu verlieren?
Wer oder was hat euch in eurer Gründungsphase am meisten vorangebracht?

Der Antrieb kam immer von uns selbst, aber natürlich war der Rückhalt von Freunde und Familie sehr wichtig. Am meisten hat es geholfen, sich mit anderen angehenden Gründer*innen auszutauschen: Menschen, die das Gleiche durchmachen, die genauso schlaflos im Bett liegen, die genauso krasse Erfolge haben, die genauso Tag und Nacht arbeiten. Wir haben von anderen Gründer*innen unfassbar viel gelernt und abgeschaut. Vor allem von Unternehmer*innen, die uns nur ein paar Schritte voraus waren, konnten wir enorm viel lernen. Denn die kannten unsere Probleme und wussten, wie wir sie lösen können. Deshalb war es für uns auch so wichtig, schnell ein breites Netzwerk aufzubauen.
Gibt es in deinem Netzwerk viele weibliche Unternehmerinnen?
Es gibt zwar immer mehr Unternehmen, die von Frauen gegründet werden, aber richtig groß wird keines dieser Unternehmen. Das liegt auch daran, dass viele Frauen im Nebenerwerb gründen und mit einem kleinen Unternehmen zufrieden sind. Vor allem in kapitalintensiven Gründungsszenarien gibt es kaum Frauen und das ärgert mich. Ich glaube, daran sind vor allem gesellschaftliche Rollenbilder und fehlendes Selbstbewusstsein schuld. Deshalb freue ich mich immer besonders, wenn ich mit einer Unternehmerin sprechen kann. Ich kann von Frau zu Frau ganz anders sprechen. Ich wünsche mir mehr große starke Frauen, die erfolgreiche Unternehmen gründen. Es wird Zeit, dass Frauen mutiger gründen – und dass wir sie genauso ernst nehmen. Es wird Zeit, dass auch im Unternehmertum echte Gleichberechtigung herrscht.
Beitragsbild: Adobe Stock/Dalibor, KI-generiert, keine echte Abbildung