Während ihres Bioingenieur-Studiums entwickelt Ronja Weidemann eine Idee für nachhaltiges Phosphatrecycling – heute gründet sie ihr eigenes Unternehmen. Wie aus einem Uniprojekt das Unternehmen “PhosFad“ entstand.
Ronja, wie kam es dazu, dass du neben deinem Studium angefangen hast, ein Unternehmen zu gründen?

Die Idee ist eher zufällig während meines Masterstudium zur Bioingenieurin entstanden. Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann ein Unternehmen gründe – vor allem nicht im Studium. In einem Modul haben wir an einem studentischen Wettbewerb mitgemacht. In einer Vierergruppe sollten wir ein neues Verfahren für Phosphatrecycling entwickeln, denn Phosphatdünger wird für unsere Landwirtschaft benötigt.
Da es in Deutschland kaum natürliches Phosphatvorkommen gibt, wird Phosphaterz unter anderem aus Marokko, China oder Russland importiert. Um weniger abhängig zu sein, versuchen Forscherinnen und Forscher momentan, Phosphat aus Abwasser und Gülle zu recyclen. Unser Ziel war es, mithilfe eines fadenförmigen Bakteriums Phosphat aus Abwasser wiederverwertbar zu machen. Mit unserer Idee haben wir bei diesem Wettbewerb sehr gut abgeschnitten. Die Jury ist nach dem Wettbewerb auf uns zugekommen und wir wurden ermutigt, weiter an unserem Projekt zu arbeiten. Wir haben dann noch an einem weiteren Wettbewerb teilgenommen und gemerkt, dass unser Projekt wirklich relevant ist.
Bis dahin hatten wir jedoch alles nur theoretisch ausgearbeitet. Der nächste Schritt war dann eine Machbarkeitsstudie im Labor – aber wir hatten weder Laborfläche noch das nötige Wissen. Uns hat jedoch ein Professor aus unserer Fakultät unter die Arme gegriffen und uns Laborfläche angeboten – und mir einen Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ich war zu dem Zeitpunkt gerade fertig mit meinem Master, die anderen noch im Studium. Und wir wurden auf das Female Founders Pogramm des CET aufmerksam gemacht. Das war ein Glückstreffer: So konnte ich meine Forschung vorantreiben und mich als Gründerpersönlichkeit weiterentwickeln.
Welchen Herausforderungen sind damit auf dich zugekommen?
Ich musste erst einmal dieses Mindset entwickeln, dass ich Unternehmerin werden und nicht nach dem Studium als Angestellte anfange. Ein Unternehmen zu gründen – das war für mich bis dahin keine Option. Aber auch mein Studium und mein Gründungsvorhaben zu vereinbaren, war schwer. Hinzu kam, dass sich mein Team leider aufgelöst hat.
Wieso hat sich dein Team aufgelöst?
Aus verschiedensten Gründen. Eine meiner Teamkolleginnen hat gemerkt, dass sie keine Gründerin sein möchte. Außerdem hat ihr das Thema Familienplanung immer wieder Sorgen bereitet. Ein Teamkollege ist zurück in seine Heimat gezogen, um dort einen Job anzufangen. Die andere Teamkollegin macht momentan ihren Doktor und hat es zeitlich nicht mehr geschafft. Die drei habe mir aber die Genehmigungen gegeben, sodass ich weiter an „PhosFad“ arbeiten kann. Außerdem habe ich das Angebot bekommen, eine Promotion zu dem Thema anzuschließen, das wäre im Team nicht möglich gewesen. Das war dann auch gleichzeitig der Punkt, an dem ich mich entscheiden musste: In die Industrie gehen und anfangen zu arbeiten – oder mich für die Promotion entscheiden und damit auch für die Unternehmensgründung. Ich habe mich für mein Herzensprojekt und damit für „PhosFad“ entschieden.
Wie sehen dann deine nächsten Schritte aus?
Erstmal werde ich einen Promotionsplan schreiben, um genaue Ziele für die nächsten drei Jahre festzulegen. Auf jeden Fall werde ich anschließend einen Prototyp erstellen. Dann kann ich mein Konzept besser vorstellen, Feedback zu meinem Produkt einholen und im besten Fall potenzielle Kunden finden.
Du hast eben das Thema „Familienplanung“ angesprochen. Hat dieser Aspekt eine wichtige Rolle in deiner Berufsentscheidung gespielt?
Für mich ist das Thema Familienplanung momentan noch nicht relevant, aber trotzdem war das etwas, über das ich mir Gedanken gemacht habe. Besonders bei diesem Thema hat es mir geholfen, mit anderen Unternehmerinnen zu sprechen. Sei es, um meine Bedenken auszusprechen oder sich über die Erfahrungen der anderen Gründer*innen austauschen. Das Thema Kinder ist bei Gründerinnen viel präsenter ist als bei Gründern. Wenn ich mit Gründerinnen spreche, kommt das Thema Familienplanung schonmal auf – aber mit einem Mann habe ich noch nie darüber gesprochen.
Gibt es weitere Unterschiede, die dir im Unternehmertum zwischen Männern und Frauen aufgefallen sind?

In der Branche, in der ich gegründet habe, kenne ich nicht viele Frauen. Frauen gründen öfter im sozialen Bereich. Zwar steigt die Frauenquote auch in den Life Sciences, aber es gründen noch immer deutlich mehr Männer im wissenschaftlichen Bereich. Außerdem sind die meisten Investoren männlich – und die geben das Kapital lieber an ihre männlichen Kollegen. Ich glaube, da könnten Erfahrungswerte helfen. Investor*innen müssen sehen, dass auch Frauen erfolgreich sein können. Allgemein braucht es im Unternehmertum mehr weibliche Vorbilder. Frauen müssen sehen, dass andere Frauen erfolgreiche Unternehmen führen, vielleicht finden sie dann selbst auch den Mut. Sichtbare weibliche Vorbilder machen einen Unterschied.
Was würdest du anderen Frauen raten, die mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen zu gründen?
Das sagt jeder, aber ihr müsst wirklich einfach starten. Traut euch, Risiken einzugehen und selbstbewusst aufzutreten. Was bringt eine gute Idee, wenn sie in der Schublade liegen bleibt?
Beitragsbild: Adobe Stock/Roman, KI-generiert, keine echte Abbildung