Awareness wird im Nachtleben immer präsenter – auch in Clubs aus dem Ruhrgebiet. Oft fehlen dort inklusive Strukturen. Das Team von „Club Care Crew“ spricht darüber, warum ein Zettel mit „Luisa ist hier“ nicht ausreicht.
Das Konzept „Luisa ist hier“ wurde vom Frauennotruf aus Münster ins Leben gerufen. „Wirst du von jemandem bedrängt? Fühlst du dich gerade nicht sicher?“ – Das sind Fragen, die einem auf der Internetseite des Konzepts direkt ins Auge springen. Es beinhaltet, dass sich Frauen, die sich sexuell belästigt fühlen, mit der Frage „Ist Luisa hier?“ ans Theken-Personal wenden können. Viele erkennen hinter „Luisa“ eine gute Idee, die aber noch weiterentwickelt werden muss. So auch Annelie Kleinschmidt und Kathi Bach vom Awareness-Team „Club Care Crew“.
Wie bewertet ihr „Luisa“ in Bezug auf Awareness?
Kathi: Es ist cool, dass es „Luisa ist hier“ gibt für Clubs. Das sind alles nette Ideen. Das Ursprungskonzept ist aus 2018 und nicht ganzheitlich. Ich, als non-binäre Person, existiere gar nicht in dem Konzept. Die Frage bleibt also: Wo gehen denn zum Beispiel nicht-binäre Personen hin? Das finde ich fatal. Wir sind in einer Zeit, in der viele junge Menschen versuchen, sich mit ihrer Identität auseinander zu setzen. Wenn es dann nicht genug Hilfsangebote gibt, dann finde ich das sehr ausschließend.
Was wäre also euer Wunsch?

Annelie: Ich wünsche mir erst einmal, dass sich mit Awareness auseinandergesetzt wird und das nicht einfach nur als Dienstleistung angesehen wird. Und darüber hinaus: Dass es einfach noch viel präsenter wird und sich durchsetzt.
Kathi: Weniger angezweifelt zu werden. Vieles wird in Frage gestellt, von wegen: Ist deine Arbeit jetzt wirklich nötig? Es braucht Räume für Utopien. Ich würde mir wünschen, dass unsere Gesellschaft sensibler wird. Aber man sollte dabei immer den Weg zur Realität zurückfinden.
Annelie: Aber da ist ja die Arbeit, die wir im Moment machen, eine gute Schnittstelle.
Ihr habt gerade davon gesprochen, dass eure Arbeit manchmal angezweifelt wird. Inwiefern?
Kathi: Wenn wir Leute der Veranstaltung verweisen, kommt manchmal der Satz, dass wir ja in einem Rechtstaat leben, in dem keiner beschuldigt werden dürfe, solange nicht die Unschuld bewiesen ist. Bei Awareness-Arbeit geht es aber um Betroffenen-Arbeit, also nicht um die Täter*innen oder Schuldzuweisung. Viele Sachen werden vor allem von denjenigen nicht ernstgenommen, die nicht betroffen sind. Meine Grundregel ist: Traue nie Veranstaltenden, die sagen, es sei noch nie was passiert.
Annelie: Ich frage mich, warum die das überhaupt sagen. Es ist ja nicht die Schuld der Veranstaltenden. Wir sind nicht zum Kontrollieren da.
Ihr macht jetzt schon seit einer ganzen Weile Awareness-Arbeit. Habt ihr auch für euer Privatleben etwas daraus mitgenommen?
Annelie: Was ich gelernt habe, ist, dass Awareness überall drin steckt …
Kathi: Es bestimmt mein Leben! (lacht)
Annelie: Die eigenen Werte werden viel präsenter im Leben. Die sind die Grundlage von allem. Das wird einfach viel intensiver, wenn man sich damit jeden Tag auseinandersetzen muss.
Kathi: Ich habe noch nie so bewusst Haltung entwickelt, wie in den vorigen Jahren und da bin ich auch sehr froh drüber.
Die Arbeit hat also positive Entwicklungen mit sich gebracht für euch?
Kathi: Ja total. Es geht wirklich um Bewusstsein und den Umgang miteinander. Das ist etwas, was wir auf das komplette System beziehen könnten…
Annelie: …wenn noch ein paar mehr Leute mitmachen würden.
Beitragsbild: Annika Faust