Kommentar: Rassismus ist Realität – Rassen sind es nicht!

Weltweit demonstrieren Menschen aktuell gegen Rassismus und auch in Deutschland wächst der Druck auf die Regierung, etwas gegen die Diskriminierung ethnischer Minderheiten zu unternehmen. Schon 2019 forderten Wissenschaftler eine Streichung des Wortes „Rasse“ aus dem Grundgesetz. Eine berechtigte Forderung, findet KURT-Autorin Paula Lechtenbörger, denn Begriffe ohne wissenschaftliche Grundlage haben im Grundgesetz nichts zu suchen. Ein Kommentar. 

Die Vorstellung, dass es Menschenrassen gibt, war und ist auch noch heute mit einer Bewertung dieser vermeintlichen „Rassen” verknüpft. So wurden Menschengruppen, die sich in Hautfarbe, Augen- oder Schädelform unterscheiden, verfolgt, versklavt und ermordet. Immer noch wird der Begriff genutzt, um menschliche Gruppen zu unterscheiden nur gibt es eben keine Unterschiede.

Keine wissenschaftliche Grundlage

Die biologischen Variationen zwischen allen heute lebenden Menschen sind marginal und haben nichts mit einer vermeintlichen Zuordnung zu „Rassen“ zu tun. Im menschlichen Erbgut gibt es etwa 3,2 Milliarden Basenpaare und doch gibt es bei keinem einzigen Basenpaar einen festen Unterschied, der zum Beispiel Afrikaner von Nicht-Afrikanern trennt. Es gibt also nicht nur kein einziges Gen, das solche angeblichen „rassistischen“ Unterschiede begründen würde, sondern nicht einmal ein einziges Basenpaar.

Eine Einteilung in „Rassen“ ist daher willkürlich und basiert auf keinerlei wissenschaftlichen Grundlagen. Äußere Merkmale wie die Haut- oder Haarfarbe sind nur eine oberflächliche und leicht veränderliche biologische Anpassung an örtliche Gegebenheiten – und trotzdem müssen diese oft als Beispiele für angebliche Unterschiede herhalten.

Auch in Europa hat sich die Hautfarbe in der Vergangenheit verändert, abhängig von der Sonneneinstrahlung und Ernährungsweise. Eine verwandtschaftliche Nähe oder stammesgeschichtliche Abstammung lässt sich daran jedoch nicht festmachen. In der „Jenaer Erklärung“ folgern die Wissenschaftler daher:

Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus – und nicht dessen Voraussetzung.

Aber, es gibt doch Hunderassen, oder?

Oft wird in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit dem Tierreich gezogen. Besonders das Lieblings-Haustier weltweit, der Hund, wird hier gerne genannt. So gibt es doch Labradore, Dackel, Pudel und viele andere. Eins macht jedoch einen wichtigen Unterschied zwischen Mensch und Hund: Hunderassen sind ausschließlich das Ergebnis menschlicher Züchtung und keinesfalls das eines natürlichen und biologischen Prozesses. Die englische Sprache löst dieses sprachliche Missverständnis übrigens auf einfache Weise: Dort wird von „Breeds”, also Züchtungen, und eben nicht von „Races”, also Rassen, gesprochen.

Was steckt hinter dem Begriff?

Nun war die ursprüngliche Absicht des 3. Artikels unseres Grundgesetzes 1949 eine durch und durch antirassistische, nur beruhte diese auf falschen Annahmen. Die Grünen fordern nun den Begriff „Rasse“ zu streichen und durch einen wertfreien Begriff wie „Population“ oder „Gruppe“ zu ersetzen. Zwar zeigen sich FDP, Linke und SPD dem Vorschlag gegenüber offen, die Union tut ihn jedoch als „Symbolpolitik“ ab. Da auf das Ersetzen des Begriffes keinerlei juristische Konsequenzen folgen werden, kann man der Union in diesem Fall wohl zustimmen. Allerdings wäre es kurzsichtig, hier nicht weiterzudenken.

Der Begriff „Rasse” im 3. Artikel GG

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Natürlich wird eine bloße Streichung des Wortes „Rasse“ aus dem Grundgesetz und Sprachgebrauch Intoleranz nicht verhindern und Rassismus beenden. Es schafft jedoch ein Bewusstsein dafür, dass solche problembehafteten Wörter nicht mehr benutzt werden sollten.

Dabei geht es nicht ausschließlich um sprachpolitische Korrektheit, also das Wort einfach durch ein anderes zu ersetzen, denn der Fehler liegt schon im Denken: Dadurch, dass wir sagen, dass niemand aufgrund seiner „Rasse“ diskriminiert werden darf, geben wir doch gleichzeitig zu, dass es verschiedene „Rassen“ geben würde. In biologischer Hinsicht unterscheiden sich Menschen etwa aus der Mongolei, Italien und Namibia nur wenig, viel größer sind die kulturellen Unterschiede, bezüglich Sprache, Religion oder Klamotten.

Aus historischem Anerkennen niedergeschrieben, ist der Begriff der „Rasse“ im Grundgesetz jedoch nur noch ein Begriff, der den Rassismus, vor dem er warnen will, selbst reproduziert. Der Begriff der „Rasse” muss aus dem Grundgesetz gestrichen werden, um ein Bewusstsein für problembehaftete Begriffe zu schaffen, die in unserem alltäglichen Umgang einen Platz einnehmen und die wir freimütig verwenden, ohne rassistische Intentionen zu haben.

Die kleinen Feinheiten, die vielleicht wertfrei gemeint sind, erschaffen trotzdem das rassistische Gesamtbild, das wir dringend loswerden müssen – und außerdem haben Begriffe, die offensichtlich der Wissenschaft widersprechen, in unserem Grundgesetz ohnehin nichts zu suchen.

Beitragsbild: Paula Lechtenbörger

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