Am Wochenende steigt das Pokalfinale zwischen RB Leipzig und dem SC Freiburg. Ein ungleiches Duell, bei dem mit RB ein erst vor 13 Jahren gegründeter Verein auf eine Traditionsmannschaft trifft. Wie sind die Auswirkungen der Geburt von RasenBallsport Leipzig auf den deutschen Fußball zu bewerten? Ein Spagat zwischen Erfolg und Marketing. Ein Kommentar:
Die 13 gilt als Unglückszahl. Gerade im Zusammenhang mit einem Freitag graut es vielen Menschen vor der Zahl. Aber auch aus Sicht vieler deutscher Fußballfans dürfte gerade am heutigen Donnerstag (19.05.2022) die Zahl eine negative Bedeutung mit sich tragen.
Vor exakt 13 Jahren, am Dienstag, den 19. Mai 2009, wurde der RasenBallsport Leipzig e.V. – kurz RB Leipzig – durch die Red Bull GmbH gegründet. Übernommen wurde damals das Spielrecht des südwestlich von Leipzig gelegenen Fußballvereins SSV Markranstädt. Zur Saison 2009/10 ging so der neugegründete RB in der Oberliga Süd des Nordostdeutschen Fußballverband an den Start. Was folgte, ist eine sportliche Erfolgsgeschichte, die seinesgleichen sucht.
Von der Oberliga in die Bundesliga
In nur sieben Jahren gelingt den „Roten Bullen“ der Durchmarsch von der Oberliga in die erste Fußball-Bundesliga. Mittlerweile hat sich RB im Oberhaus etabliert – mehr noch: RB Leipzig ist zu einem der erfolgreichsten deutschen Fußballvereine aufgestiegen und hat sich auch international einen Namen gemacht.
Seit dem Aufstieg in die Bundesliga 2016 ist Leipzig immer unter die Top-Sechs der Liga gekommen. Gleich in ihrer Premierensaison wurden die Sachsen Vizemeister. Fünf Qualifizierungen für die UEFA Champions League und eine für die UEFA Europa League bisher sind eine eindrucksvolle Bilanz des sportlichen Erfolgs. Auch im Vergleich mit einem etablierten Bundesliga-Spitzenteam wie dem BVB wird das deutlich. Auf Anhieb konnte RB um die vordersten Plätze der Liga mitspielen und den Mitaufsteiger SC Freiburg, der in der zweiten Liga sogar noch vor Leipzig auf Platz eins landete, weit hinter sich lassen (vgl. Diagramm).
Zusätzlich stand RB zweimal im DFB-Pokalfinale und steht es auch in diesem Jahr wieder. Am Wochenende (21.05.2022, 20 Uhr) treffen die Leipziger im Berliner Olympiastadion ausgerechnet auf den Sport-Club aus Freiburg und greifen nach dem ersten großen Titel der noch sehr jungen Vereinsgeschichte. Doch eine Frage drängt sich auf: Wie ist dieser beeindruckende sportliche Triumphzug RBs eigentlich überhaupt möglich?
Der Investor Red Bull spielt in Leipzig die zentrale Rolle. Ohne den österreichischen Brausehersteller Red Bull und die großzügige finanzielle Unterstützung wäre diese ganze Erfolgsstory nie möglich gewesen. Und genau da fangen die Gründe an, warum RB einer der meistgehassten Vereine bei deutschen Fußballfans ist.
RasenBallsport Leipzig und Red Bull sind eng miteinander verbunden – zu eng. Der Getränkehersteller ist gleichzeitig Hauptsponsor und zu 99 Prozent auch noch Gesellschafter. Nirgendwo anders in der Fußball-Republik ist das Marketing des Investors so sichtbar wie bei den Sachsen. Das Heimstadion trägt den Namen Red Bull Arena, auf den Tribünendächern sind Logos des Energiedrinks angebracht und auf den Trikots befindet sich quasi gleich doppelt Werbung der Red Bull GmbH.
Red Bull ist nicht nur Hauptsponsor in Leipzig
So ziert der Investor Red Bull mit seinem Logo nicht nur als Hauptsponsor die Brust der Spielertrikots, sondern war auch noch Inspiration für das neu geschaffene Vereinswappen der Sachsen. Zwei aufeinander stürmende rote Bullen sind ein wesentliches Element der Marke Red Bull und finden keinerlei Bezugspunkte zur Stadt und Region, noch weniger zum Vorgängerverein Markranstädt. Gleichzeitig wird bei RB durchgehend von den „Roten Bullen“ gesprochen. Den Hinweis, den Vereinsslogan ins Englische zu übersetzen, brauche ich an dieser Stelle eigentlich nicht geben.
Der Verein ist für mich klar ersichtlich Teil groß angelegter Marketingmaßnahmen der Red Bull GmbH, wie sie beispielsweise auch im Automobilsport oder im Eishockey zu beobachten sind. Die Besonderheit ist jedoch, das Leipzig im Red Bull Kosmos das Zentrum der Marketingaktivitäten im Fußball darstellt. So reiht sich Leipzig nicht in die Reihe der Vereine FC Red Bull Salzburg oder New York Red Bulls ein, sondern sticht aufgrund der Attraktivität und Größe der deutschen Bundesliga als zuschauerstärkste Liga der Welt klar hervor.
„Wir bauen RB Leipzig mit dem Ziel aus, in drei bis fünf Jahren in der Bundesliga zu spielen. Wir wollen auch in der Champions League dabei sein“, sagte Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz bereits zwei Jahre nach der Gründung des Vereins. Eine Aussage, die die klaren Absichten des Unternehmenschefs, den Klub als Marke auf die höchste Bühne zu heben, nicht besser beschreiben könnten.
Aber sieht so nachhaltiges Wachsen und das Aufbauen von Strukturen aus?
Man mag Red Bull zugutehalten, dass mit den Investitionen in ein hochmodernes Nachwuchsleistungszentrum oder dem Ausbau des eigens für die Fußballweltmeisterschaft 2006 erneuerten Leipziger Zentralstadions der Ostfußball an Attraktivität, Struktur und Professionalität gewonnen hat. Leipzig macht viel im Bereich Jugendarbeit, unterstützt soziale Projekte und ruft zu Spendenaktionen auf. All das könnte jedoch auch als „Social Washing“ beschrieben werden, was letztlich dem ganzen Marketingprojekt nur ein ökologisches oder soziales Image geben soll.
Durch die Investitionen des Unternehmens hat sich RB Leipzig quasi über Nacht die Position eines mehr als kompetitiven Klubs gesichert. Die Transferausgaben auf dem Weg in die erste Liga verdeutlichen dies. So investierten die Leipziger in der Winterpause 2015 10,7 Millionen Euro in gerade einmal zwei neue Spieler. Unter ihnen auch Spielmacher Emil Forsberg, der für 3,7 Millionen Euro vom schwedischen Championsleague-Teilnehmer Malmö FF in die zweite Liga wechselte. RB gab damals fast achtmal so viel Geld aus wie alle anderen Vereine der zweiten Liga zusammen. Unter den Top fünf der Transferrekorde der zweiten Liga befinden sich gleich drei RB-Spieler. In der dritten Liga hält RB mit dem Transfer von Yussuf Poulsen für geschätzte 1,55 Millionen Euro den Rekord, wohlgemerkt aus der Saison 2013/14.
Aber wie kann ein Konzern überhaupt so viel Einfluss bei einem Fußballverein erlangen?
RB profitiert seit seiner Entstehung von Zugeständnissen und Ausnahmeregelungen der Verbände. Begonnen beim Sächsischen Fußballverband, der die Übernahme billigte, weitergeführt über den DFB, der auch in der dritten Liga den Sachsen wenig Steine in den Weg legte, bis hin zur DFL, die in ihrer Zuständigkeit für die erste und zweite deutsche Profiliga das Konstrukt aus Leipzig duldet.
Zwar war der Erfolgsweg der Leipziger von einer Vielzahl von rechtlichen Hürden geprägt, wusste man doch insgeheim immer die Statuten und Regularien, wie die 50+1-Regelung der DFL, geschickt zu umgehen. RB wird, sofern nicht etwas Unvorstellbares passiert, auch in Zukunft um die Spitze in Deutschland mitspielen und damit dauerhaft einer der so heiß begehrten Plätze in der Bundesliga blockieren. Nicht nur als “Fußballromantiker” sollte das einem zu denken geben. Denn Fußball ist kein Marketingobjekt für eine Brausefirma.
Beitragsbild: jorono by Pixabay
hey till,
dein Artikel gefällt mir sehr gut. sachlich und mir Knowhow. da ich eine persönliche Verbindung mit Leipzig pflege(mein Sohn geb.und wohnhaft in schleussig), freue ich mich irgendwie trotzdem das RB in Leipzig ist. Es hat sich einiges getan und Investitionen im Nachwuchs und Zentralstadion sind überfällig gewesen. Leipzig hat auf jeden Fall profitiert und ist attraktiver geworden.TraditionsFussball wird sich trotzdem durchsetzen und ich kann selbst entscheiden wen ich supporte.
in diesem Sinne
eiserne Grüsse
marco