Der Traum vom Wettkampf-Bodybuilding

Bodybuilding ist ein tägliches Streben nach Perfektion. Josefine Ostros startete nach einem Fitnessprogramm von ihrem großen Vorbild Sophia Thiel ihre Karriere als Wettkampfbodybuilderin. Heute gibt sie alles für einen perfekten und muskulösen Körper. Das kostet viel Disziplin. Besonders vor einem Wettkampf muss alles perfekt geplant sein.

Die Mahlzeit wird vor dem Essen gewogen.

Der Kühlschrank ist prall gefüllt mit Magerquark, Frischkäse, Eiern und Gemüse. Josefine Ostros holt eine Packung körnigen Frischkäse aus dem Kühlschrank. Bevor sie essen kann, werden die Zutaten erst einmal akribisch abgewogen. Eine Tupperdose steht auf der Digitalwaage. Hinein kommen der Frischkäse, eine Dose Thunfisch und exakt 200 Gramm Gemüse. Josefine Ostros isst nicht nach Gefühl, wie es die meisten tun. Ihr Ernährungsplan wird von ihrem Coach bis auf das letzte Gramm genau durchgeplant. Auf dem Plan stehen mehrere Eiweißshakes, Fisch, Gemüse und Haferflocken. Das Wichtigste ist, dass die Kalorienbilanz am Ende des Tages stimmt.

Josefine Ostros ist 20 Jahre alt und kommt aus Köln. Seit gerade mal einem Jahr macht sie Bodybuilding und stand schon auf der Bühne. Die Athletin machte im April direkt den vierten Platz bei ihrem ersten Wettkampf in der Bikini-Klasse. Die junge Sportlerin arbeitet als Convention Sales Managerin, kümmert sich um die Belegung und Vermietung von Räumlichkeiten in einem Hotel. Wenn Josefine erzählt, dass sie Bodybuilding macht, reagieren viele Leute verwundert. „Du siehst ja gar nicht aus wie ein Mann“, wird ihr immer wieder gesagt. Bei dieser Sportart ist die Ernährung und das Training besonders wichtig.

Nahrungsergänzungsmittel gehören zum Alltag

In der Dose befinden sich verschiedene Nahrungsergänzungsmittel.

„Von Cheatdays, bei denen von morgens bis abends durchgegessen wird, halte ich nichts”, sagt Josefine. “Natürlich kann man sich mal was gönnen, allerdings nur in Maßen.” Vier Monate vor ihrem ersten Wettkampf, den sie im Mai absolviert hat, ist sie nicht einen Tag von ihrem Ernährungsplan abgewichen. Zusätzlich nimmt sie Supplemente, da ihr Körper durch den Sport mehr Mineralien und Vitamine benötigt. Die Athletin nimmt täglich Zink, Omega-3 und verschiedene Vitamintabletten ein. Das kann bei täglicher Einnahme schnell teuer werden.

Die Ernährung ist bei den meisten Bodybuildern und auch bei Josefine nicht kontinuierlich gleich. Sie wechselt zwischen einer Definitionsphase und einer Aufbauphase. In der sogenannten Aufbauphase versucht die Sportlerin möglichst viel Kraft und Muskeln aufbauen. In dieser Zeit wird neben einem strukturierten Training mehr gegessen als der Körper eigentlich benötigt. Sie kann dann auch mal etwas essen, was nicht auf dem Ernährungsplan steht. In der Definitionsphase nimmt sie dann deutlich weniger Kalorien zu sich. Das Ziel ist es die Muskeln freizulegen, um beispielsweise ein definiertes Sixpack zu sehen. Ohne einen niedrigen Körperfettanteil ist das nicht möglich. Josefine ist momentan in der Muskelaufbauphase und darf deutlich mehr Kalorien essen als ihr Körper eigentlich benötigt.

Nicht nur die Ernährung ist genau geplant

Neben der Ernährung spielt auch das Training eine wichtige Rolle im Alltag der Athleten. Es werden beinahe täglich schwere Gewichte gestemmt, um die Muskeln zu reizen und zum Wachsen zu bringen. Das Training wird in einzelne Muskelgruppen eingeteilt. So wird an einem Tag beispielsweise nur der Rücken isoliert trainiert. Eine Trainingseinheit dauert bei Josefine zwischen ein und zwei Stunden – und das meistens jeden Tag in der Woche. Das verlangt viel Disziplin: „Man hat kein Leben mehr. Es ist quasi wie ein Nebenjob und ein Hobby gleichzeitig und man hat ja auch noch einen Hauptjob. Mein kompletter Alltag richtet sich nach dem Bodybuilding“, sagt Josefine. Sie beansprucht immer die Muskelgruppe, wo sie gerade keinen Muskelkater hat und gestaltet ihre Einheiten flexibel. Ausdauertraining macht Josefine in der Aufbauphase nicht noch zusätzlich. Die Trainingspläne können je nach Sportler abweichen und sind sehr individuell.

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Josefine hat das Ziel ihren Körper im Herbst wieder auf einer Bühne zu präsentieren. Dabei werden die Körperform und das Aussehen von einer Jury bewertet. Die Teilnehmer treten in unterschiedlichen Größen- und Gewichtsklassen an und tragen dabei entweder einen Bikini oder einen Posingslip. Kleidungsstücke, die extra für die Bühne gedacht sind. Der Bikini ist mit Steinen besetzt und der Posingslip ist eine knappe Badehose für männliche Athleten. Im vergangenen Mai ist Josefine Ostros in der Bikini-Klasse angetreten. Es ist in der Klasse nicht das Ziel, dass Frauen maskulin und möglichst stark aussehen müssen. Die Juroren bewerten auch die feminine Erscheinung, das Make-up und die Frisur.

Als Josefine mit dem Sport angefangen hat, spielte sie immer häufiger mit dem Gedanken an einem Wettkampf teilzunehmen: „Ich bin mit einem Fitnessprogramm von Sophia Thiel angefangen und habe plötzlich immer von Wettkämpfen geträumt. Dann habe ich mir einen Coach gesucht.“, erzählt Josefine lächelnd, während sie ihre Thunfisch-Gemüse-Mahlzeit isst. Vor dem Wettkampf werden die Athleten mit Bräunungsfarbe angestrichen, damit die Haut eine ebenmäßige Farbe hat und die Muskeln gleichmäßig sichtbar sind. Bevor es dann auf die Bühne geht, werden nochmal alle Muskelgruppen aufgewärmt. Ein Preisgeld wird bei den Veranstaltungen nicht vergeben. Die Teilnehmer erhalten lediglich eine Trophäe für die Teilnahme.

Die Wettkampf-Vorbereitungen bringen die Sportler an die Belastungsgrenze

Sie hatte bei ihrem ersten Auftritt direkt Erfolg.

Die Vorbereitungen für diesen Tag können über mehrere Monate andauern. Nicht nur dem Körper wird einiges abverlangt, sondern auch der Psyche. Durch die geringe Kalorienanzahl kann es zu Stimmungsschwankungen kommen. Darüber hinaus ist auch der soziale Aspekt für viele Athleten belastend. In dieser Phase ist es unmöglich, mit Freunden oder mit der Familie gemeinsam Essen zu gehen. Auch auf ihren selbstgebackenen und mit Süßigkeiten verzierten Geburtstagskuchen musste Josefine verzichten. „Das war einer der schwersten Momente für mich“, sagt sie. In diesem Zeitraum hat die junge Bodybuilderin hauptsächlich Eiweiß und kaum Kohlenhydrate gegessen. Das hat Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit. „In den letzten Wochen hatte ich beim Training weniger Kraft und dafür Kopfschmerzen. Ich war schlecht gelaunt und hatte Hunger. Ab 16 Uhr konnte ich mich nicht mehr konzentrieren“, erzählt sie. Die Diät ist besonders für Herz und Nieren nicht ungefährlich, da sehr viel Eiweiß gegessen wird.

Die letzte Woche vor dem Wettkampf entwässern die Athleten und trinken bis zu acht Liter Wasser am Tag. In den letzten vierundzwanzig Stunden vor dem Auftritt wird dann nichts mehr getrunken, damit die Adern und Muskeln zur Geltung kommen. Eine Entwässerung ist mit gesundheitlichen Risiken verbunden: „Das übermäßige Trinken hat bei mir für Kreislaufprobleme gesorgt. Es gibt viele Athleten, die auf der Bühne zusammenbrechen oder sich übergeben“, so die Sportlerin. Die Gesundheit ist schon lange nicht mehr das wichtigste in ihrem Leben. Zusätzlich ist so eine Vorbereitung nicht günstig. Die ganze Wettkampf-Vorbereitung hat Josefine etwa 3000 Euro gekostet. Ins Gewicht fallen zum Beispiel die Studio-Gebühren, Nahrungsergänzungsmittel, der Bikini, die Startgebühren und der Coach. Im November wird Josefine bei den Westdeutschen Meisterschaften starten.

Der Sport ist garantiert nicht etwas für jeden. Einschränkungen und Planung gehören im Alltag eines Bodybuilders dazu. Auch die Gesundheit wird während der Wettkampfvorbereitung hinten angestellt. Wenn man allerdings Kraftsport in einem gesunden Maße betreibt und sich ausgewogen und ausreichend ernährt, kann der Sport eine Bereicherung für das Leben und die Gesundheit sein.

Josefine zwischen Job und Leidenschaft


Beitragsfoto: Marc Reuter
Zweites Foto in der Grafik: Marc Reuter
Sonstige Fotos: Melina Helf

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