“Kleider machen Leute” – zumindest unterbewusst ist der Spruch in unseren Köpfen verankert. Man folgt den Trends, schließlich will niemand im negativen Sinne aus der Masse stechen. Wie viel wir dabei im Überfluss besitzen und entsorgen, fällt im ersten Moment gar nicht auf. Ein Kommentar.
Wir haben eigentlich alles, was man braucht. Und trotzdem wollen wir immer mehr. Ständig etwas Neues, etwas Anderes, etwas Besseres. Das lässt sich vor allem an unserem Äußeren erkennen. Ob es nun Schuhe, Hosen oder Jacken sind: Die Marken sorgen ständig für die Entwicklung verschiedenster Stilrichtungen und damit für Nachschub. Und wir passen uns dem an, kaufen ein und befüllen regelmäßig den Kleiderschrank. Ein ganz normales Konsumverhalten – von dem Begriff der Nachhaltigkeit aber leider meilenweit entfernt. Denn eben so schnell, wie wir Neuheiten erwerben, werden wir sie in der Regel auch wieder los.
95 Teile hat jeder von uns durchschnittlich im Schrank
Ab wann wurde es uns wichtig, welche Klamotten wir tragen? Der Zeitpunkt variiert vermutlich bei jedem, doch von da an wurden alle in gewisser Weise gleich. Man hat erkannt, wie groß die Auswahl ist, die die Textilindustrie bietet – so groß, dass man kaum hinterher kommt. Dennoch versucht man seinen eigenen Stil zu finden – und das hat Folgen: Eine Greenpeace-Umfrage zum Thema Kaufverhalten, Tragedauer und Entsorgung von Mode ergab, dass jeder Erwachsene in Deutschland durchschnittlich 95 Teile im Schrank hat. Deutschlandweit sind das ungefähr 5,2 Milliarden Kleidungsstücke. Eine unvorstellbare Menge, bei der es allerdings nicht bleibt, da Mode bekanntlich ein endloser Wandlungsprozess ist.
Einen Großteil unserer Klamotten tragen wir selten bis gar nicht
Jetzt mag man so argumentieren, dass eine gewisse Vielfalt gegeben sein muss und unserem Standard entspricht. Dass man nicht tagelang dasselbe T-Shirt tragen kann und sich zu bestimmten Anlässen ja wohl den Luxus erlauben darf, kleidertechnisch eine Wahl zu haben. Vollkommen legitim, dem dürfte eigentlich niemand widersprechen. Solange man folgenden Fakt nicht kennt, der ebenfalls aus der Umfrage hervorgeht: Einen großen Teil unseres Schrankinhalts tragen wir nur ganz selten bis überhaupt nicht, bevor wir ihn in der hintersten Ecke vergessen oder bereits nach kurzer Zeit wieder entsorgen. Das zeigt, dass es hier weniger um Auswahlmöglichkeiten bei der Kleidung geht als vielmehr um Sammelwut und unüberlegte Käufe.
In britischen Studien wurde herausgefunden, dass insbesondere seit dem Erfolg der sehr günstigen Kleidungsketten das Wegwerfen von Kleidung zugenommen hat. Der Grund: Günstige Kleidung werde als weniger haltbar wahrgenommen. Hierzulande ist wohl das häufigste Argument zum Wegwerfen, dass uns die Sachen einfach nicht mehr gefallen. In Deutschland werden durchschnittlich etwa 40 Prozent (!) des Inhalts eines jeden Kleiderschranks entsorgt – und eben nicht, weil die Sachen nicht mehr tragbar wären. So viel brauchbare Kleidung wegzuwerfen, ist zum einen unnötig, zum anderen mehr als verschwenderisch. Und: Alternativen dazu bedeuten nicht mal einen übermäßig zeitintensiven Aufwand.
Verkaufen, tauschen, vermieten, spenden und: bewusster einkaufen
Neben der wohl geläufigsten Methode, nämlich dem Weiterverkaufen von nicht mehr getragenen Klamotten, gibt es die Möglichkeit des Tauschens. Tauschrausch beispielsweise veranstaltet an jedem letzten Sonntag des Monats in den TYDE Studios im Dortmunder Hafen eine Tauschparty, in speziellen Tauschgruppen auf Facebook geht das auch online. Für die Tauschwilligen gibt es zudem Webseiten wie Tauschbörse, Tauschgnom oder die bekanntere Plattform kleiderkreisel.
Eine weitere Option ist das “Sharing”. Hierbei kann man Kleidung vermieten, die Mieter zahlen für die Kleidung meist einen Monatsbeitrag. Offline geht das beispielsweise bei der Kleiderei in Köln, online ermöglichen dies Anbieter wie Kleiderei, Chicbychoice, myonbelle, Sister’s Closet oder für teurere Designermode dresscoded.
Wer lieber etwas für sein Karmakonto tun will, kann die Sachen auch spenden. Um Kleidung an Privatpersonen zu spenden, kann man sie kostenlos bei Ebay-Kleinanzeigen oder in speziellen Schenkgruppen auf Facebook inserieren, die Versandkosten für die Waren übernehmen in der Regel die Interessierten.
Vorsicht: Bei der Spende an gemeinnützige Organisationen lauern Fallstricke. Tipps, wie und an wen man am besten spendet, sind hier zu finden.
Ganz gleich, welches Konzept wem am meisten liegt, alle sind auf jeden Fall sinnvoller als das Entsorgen tragbarer Kleidung. Aber auch die Häufigkeit unserer Shoppingausflüge und der daraus resultierende Kleiderkonsum ist durchaus etwas, was wir überdenken sollten.
Beitrags- und Teaserbild: flickr.com/ Arne List – “Altkleidercontainer am Exer” – lizenziert nach Creative Commons.