Trans*, queer und Divers – Begriffe, die wir immer wieder hören. Aber was bedeuten sie eigentlich? Und wo liegen die Unterschiede? Obwohl die breite Masse der Bevölkerung von diesen Begriffe schon mal etwas gehört hat, werden sie oft falsch verwendet. Besonders verletzend ist das für all die Menschen, die sie betreffen – gerade wenn Begriffe vermischt werden, die nichts miteinander zu tun haben. Wie geht man mit den Begriffen richtig um und was unterscheidet sie voneinander?
Mika Schäfer hat die Stelle der Landeskoordination Trans* NRW inne, die eng mit dem Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW zusammenarbeitet. Die Landeskoordination Trans* NRW unterstützt die Vernetzung verschiedener Transgruppen in NRW, vertritt die Interessen der Community gegenüber politischen Entscheidungsträgern und hilft uns dabei, die Begriffe richtig zu verstehen und zu differenzieren.
Geschlecht
Wenn du an dein Geschlecht denkst, denkst du dann an das, was dir im Biologieunterricht beigebracht wurde, oder stellst du dir Fragen wie: „Wer bin ich?” und „Wie identifiziere ich mich?“?
Genau diese Fragen stellen sich Menschen, die sich mit dem Begriff „Geschlecht“ auseinandersetzen und versuchen, eine Definition dafür zu finden. Denn viele Menschen können sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde. Diese Zuschreibung findet laut dem Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW aufgrund von äußeren und inneren körperlichen Merkmalen statt, sei aber nicht immer für jede Person die richtige Entscheidung.
„Beim Geschlecht, da geht es um das Ich einer Person“, so beschreibt es Mika Schäfer. Es habe sehr viel mit dem eigenen Selbstempfinden und der Selbstwahrnehmung zu tun. „Man kann einem Menschen das Geschlecht nicht ansehen“, stellt Schäfer klar. Aber man könne es erfragen. „Kommunikation ist das Wichtigste und die Unsicherheit sollte angesprochen werden, wenn sie da ist“, so der Wunsch von Schäfer. Belohnt werde man mit der Erkenntnis über die Vielfalt des Geschlechtes, und dass es mehr gebe als nur „Frau“ und „Mann“.
Sexuelle Orientierung
Hat mit der Identifizierung mit dem eigenen Geschlecht genauso wenig zu tun wie Ketchup mit Sonnenblumen. „Sexuelle Orientierung thematisiert die Beziehungsebene zwischen zwei Personen. Wen begehre ich? Auf wen stehe ich? Mit wem möchte ich eine romantische Beziehung eingehen?“, erklärt Schäfer. Du siehst also, dass dein „Geschlecht“ und deine „sexuelle Orientierung“ zwei völlig verschiedene Sachen beschreiben.
Trotzdem werde beides oft im gleichen Zusammenhang erwähnt oder gleichgesetzt. Schäfer erklärt: „Die Vermischung kommt oft daher, dass sich in den LSBTQ (lesbisch, schwul, bi, trans, queer) Communities oft viele verschiedene Menschen zusammengefunden haben und für eine Sache gekämpft haben. LSBTQ kann man Überbegriff und Community für viele begreifen.“.
Begriffe, mit denen sich die sexuelle Orientierung ausdrücken lässt, sind also: lesbisch, schwul, bi und hetero. Begriffe wie trans, genderqueer, nicht-binär und alle, die „gender“ vor dem Wort haben, beziehen sich auf das Geschlecht.
Divers
Hier wird es schon etwas komplizierter. Divers ist der Geschlechtseintrag und laut Schäfer sei keine Geschlechterbezeichnung wie z.B. nicht-binär. Das Gesetz (Personenstandsgesetzes Artikel 1 §22 Abs. 3) regelt, dass Personen „mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ den Eintrag „Divers“ bekommen können, so Schäfer. Das wirft jedoch mehr Fragen auf, als es beantwortet, und führt zu unterschiedlichen Interpretationen des Begriffes. Schäfer erklärt: „Das, was eigentlich gefordert war, war eine dritte Option beim Geschlechtseintrag, die für alle Menschen offen ist, die das wollen. Also dass es nicht begrenzt ist auf bestimmte körperliche Merkmale und dass klar ist, das basiert auf Selbstbestimmung.“ Offen für alle heiße in dem Fall für alle, die sich nicht nur, -oder weder noch, dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen.
„Um sich aber tatsächlich die Option “Divers” eintragen lassen zu können, muss ein ärztlicher Nachweis vorgelegt werden, in dem steht, dass bei der antragstellenden Person “Varianten der Geschlechtsentwicklung” vorliegen. Das wird überwiegend so interpretiert, dass Geschlechtsmerkmale (also z.B. Genitalien und/oder Hormone) nicht dem Bild von “typisch weiblichen” und “typisch männlichen” Körpern entsprechen“ so Schäfer.
inter*
Der Begriff „inter*“ bezeichnet Menschen, deren angeborene genetische, hormonelle oder sonstige körperliche Geschlechtsmerkmale weder ausschließlich „männlich“ noch ausschließlich „weiblich“ sind. So ist es im Glossar der Website des Netzwerkes Geschlechtliche Vielfalt NRW zu lesen. Zu diesen Merkmalen gehören sowohl die Genitalien als auch Merkmale wie Hormone und Gene. Das Sternchen hinter dem Begriff diene als Platzhalter für verschiedene Begriffe und Bezeichnungen, die man an das Wort anschließen könne.
trans*
Unter dem Begriff trans* sammeln sich alle Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, mit dem sie geboren wurden. Dazu zählen verschiedene Unterbegriffe wie Trans*-Mann, Trans*-Frau, transsexuell und Transgender. Auch hier diene das Sternchen dazu, deutlich zu machen, dass unter dem Begriff mehrere Bezeichnungen zusammengefasst seien. Schäfer erklärt den Begriff trans* ganz offengehalten mit: „Transmenschen sind alle Menschen, für die das Geschlecht nicht passt, das bei der Geburt für sie festgestellt wurde.
nicht-binär
Nicht-binär ist sowohl Sammelbegriff (oder Übergruppe) als auch Einzeldefinition. „Es bezeichnet ein Geschlecht oder verschiedene Geschlechter, die weder männlich noch weiblich sind. Binäre Geschlechter sind Mann oder Frau und recht etabliert in der Gesellschaft. Und nicht-binär kann man als Überbegriff verstehen über eine Vielfalt von Geschlechtern, die entweder zwischen Mann und Frau liegen oder mit der Binarität gar nichts zu tun haben“, definiert Schäfer den Begriff. Als Überbegriff diene nicht-binär dann, wenn er als Übergruppe für weitere verschiedene und konkreter definierte Geschlechter genutzt werde. Dazu zählen beispielsweise die Begriffe agender, genderfluid, genderqueer und etliche andere, heißt es auf der Website queer-lexikon.net.
cis
Dem Begriff cis gehören laut dem Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW all die Personen an, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, das bei der Geburt für sie festgestellt wurde. Heißt alle Personen, die mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen (u.a. Genitalien) geboren seien und sich als Frau verstehen (cis Frau) und alle Personen, die mit männlichen Genitalien geboren seien und sich als Mann verstehen (cis Mann).
queer
queer nutzen viele als Sammelbegriff für alle Menschen, die nicht in das Geschlechtsbild der Gesellschaft passen. So definiert es queer-lexikon.net. Dazu zählen dann auch alle Personen, die eine andere sexuelle Orientierung haben als die Heterosexualität. Als queer können sich also Menschen aus allen der o.g. Gruppen bezeichnen.