Nach dem Vorstoß Mecklenburg-Vorpommerns, die Maskenpflicht in Geschäften abschaffen zu wollen, wird wieder intensiv über die Schutzmaske diskutiert. Kurt nimmt das zum Anlass, einmal zurück zu blicken: Wie kam es eigentlich dazu, dass wir inzwischen im Alltag Mund und Nase bedecken?
Für die einen ist er ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Für andere ist der Mund-Nasen-Schutz das Symbol überzogener staatlicher Maßnahmen. In jedem Fall hat sich die Maske in den letzten Monaten zu einem festen Bestandteil unseres Lebens entwickelt. Wer heute das Haus ohne Maske verlässt, wird nicht allzu weit kommen. Eine Chronologie:
Januar – Geringe Gefahr
Als im Januar die Region Wuhan in China bereits nahezu vollständig von der Außenwelt abgeschnitten ist, ist das Coronavirus in Deutschland noch in weiter Ferne. „Die Gefahr für die deutsche Bevölkerung ist sehr gering“, sagt Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, im ZDF-Interview. Er schätze das Risiko einer weltweiten Ausbreitung des Virus über Einzelfälle hinaus als „zurzeit gering“ ein. Als bester Infektionsschutz gilt da noch das Niesen in die Armbeuge, Handhygiene und gegenseitige Rücksicht. Dass sich Deutschland in einigen Wochen kollektiv in Mundschutz hüllen wird, scheint unvorstellbar.
Februar – Karneval in NRW
Helau und Alaaf! Der eine oder andere Jeck trägt zwar zu Karneval eine Maske, ein vollwertiger Mund-Nasen-Schutz ist das aber natürlich nicht. Auch abseits des Karnevals sind Gesichtsbedeckung noch kaum anzutreffen. Ende Februar empfiehlt Lothar Wieler (Robert Koch-Institut) Masken allenfalls für Personen mit Husten und Schnupfen. Ansonsten äußerte er sich laut Spiegel skeptisch: „Für den Alltag, für den Umgang hier in der Region, wenn wir unser Leben gestalten, durch die Gegend fahren, gibt es keinerlei Evidenz, dass das in irgendeiner Weise hilfreich ist.“
März – Kontaktverbot ohne Maskenpflicht
In den USA decken sich die Menschen mit Waffen ein. In Deutschland geht das Klopapier aus. Die Maskenpflicht ist weiterhin in weiter Ferne. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der als „Hardliner” in der Coronakrise gilt, lehnt im März eine Atemschutzmasken-Pflicht in der Öffentlichkeit noch ab. Und ein 24-Jähriger wird durch den Verkauf von zuvor gehorteten Atemmasken zum Start-up Millionär.
April – Es fehlen Masken
Eine Woche vor Ostern kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an, dass insgesamt 37 Millionen Schutzmasken in Deutschland angekommen sind. Dennoch mangelt es vielerorts an notwendigem Schutzmaterial. Auf dem Weltmarkt kämpfen die Staaten um die wenigen verfügbaren Atemmasken. NRW wird beim Kauf von Atemschutzmasken zum Opfer eines Millionenbetrugs. Andreas Scheuer kauft elf Millionen Masken, die laut Spiegel „alle Schrott“ sind.
Mai – Maskentragen als neue Gewohnheit
Das Infektionsgeschehen schwächt sich weiter ab und erste größere Lockerungen treten in Kraft. Die Maskenpflicht bleibt und wird ein Stück weit Normalität. Gleichzeitig kommt es vermehrt zu Protesten gegen die Corona-Maßnahmen.
Juni – Maske zum selber Basteln
Thüringen hebt zwar als erstes Bundesland die Kontaktbeschränkungen auf, aber eine Verpflichtung zum Abstandhalten sowie einer Mund-Nase-Bedeckung beim Einkauf und im ÖPNV bleibt auch dort bestehen. In NRW verschickt das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Mundschutz-Sets zum selber Basteln an Kindergärten. Bei den Erzieherinnen und Erziehern sorgt das für Unmut.
Juli – Bleibt es bei der Maskenpflicht?
Die Diskussion um Nutzen oder Schaden der Atemmasken lebt erneut auf. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe sagte in der Welt: „Wenn das Infektionsgeschehen so gering bleibt, sehe ich keinen Grund, länger an der Maskenpflicht im Handel festzuhalten.“ Er gehe davon aus, dass die Maskenpflicht Anfang August in Geschäften aufgehoben werde.
Auch die FDP möchte die Maskenpflicht auf den Prüftstand stellen. „Wo es regional über einen längeren Zeitraum gar kein akutes Infektionsgeschehen gibt, ist sogar der sehr geringfügige Eingriff einer Maskenpflicht nicht mehr verhältnismäßig“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Michael Theurer, der Deutschen Presse-Agentur.
Bei den politischen Entscheidungsträgern findet die Maskenpflicht allerdings weiterhin breite Unterstützung. Auch eine knappe Mehrheit von 54 Prozent der Bevölkerung spricht sich laut einer YouGov-Umfrage gegen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel aus.
Zumindest die Gefahr, dass Deutschland noch einmal zu wenige Schutzmasken haben sollte, scheint in Zukunft gering zu sein. Auf Anfrage der Rheinischen Post teilt das Wirtschaftsministerium mit, dass bis Ende Juni 2021 die Unternehmen hierzulande in der Lage sein sollen, bis zu sieben Milliarden Masken in zertifizierter Qualität zusätzlich herzustellen.
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