Maske auf! – Eine Chronologie der Schutzmaske

Nach dem Vorstoß Mecklenburg-Vorpommerns, die Maskenpflicht in Geschäften abschaffen zu wollen, wird wieder intensiv über die Schutzmaske diskutiert. Kurt nimmt das zum Anlass, einmal zurück zu blicken: Wie kam es eigentlich dazu, dass wir inzwischen im Alltag Mund und Nase bedecken?

Für die einen ist er ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Für andere ist der Mund-Nasen-Schutz das Symbol überzogener staatlicher Maßnahmen. In jedem Fall hat sich die Maske in den letzten Monaten zu einem festen Bestandteil unseres Lebens entwickelt. Wer heute das Haus ohne Maske verlässt, wird nicht allzu weit kommen. Eine Chronologie:

Januar – Geringe Gefahr

Als im Januar die Region Wuhan in China bereits nahezu vollständig von der Außenwelt abgeschnitten ist, ist das Coronavirus in Deutschland noch in weiter Ferne. „Die Gefahr für die deutsche Bevölkerung ist sehr gering“, sagt Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, im ZDF-Interview. Er schätze das Risiko einer weltweiten Ausbreitung des Virus über Einzelfälle hinaus als „zurzeit gering“ ein. Als bester Infektionsschutz gilt da noch das Niesen in die Armbeuge, Handhygiene und gegenseitige Rücksicht. Dass sich Deutschland in einigen Wochen kollektiv in Mundschutz hüllen wird, scheint unvorstellbar.

27. Januar: Erster bekannter Coronavirus-Fall in Deutschland
Ein Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern ist am 27. Januar der erste bekannte Fall eines Coronavirus-Infizierten in Deutschland.

Februar – Karneval in NRW

Helau und Alaaf! Der eine oder andere Jeck trägt zwar zu Karneval eine Maske, ein vollwertiger Mund-Nasen-Schutz ist das aber natürlich nicht. Auch abseits des Karnevals sind Gesichtsbedeckung noch kaum anzutreffen. Ende Februar empfiehlt Lothar Wieler (Robert Koch-Institut) Masken allenfalls für Personen mit Husten und Schnupfen. Ansonsten äußerte er sich laut Spiegel skeptisch: „Für den Alltag, für den Umgang hier in der Region, wenn wir unser Leben gestalten, durch die Gegend fahren, gibt es keinerlei Evidenz, dass das in irgendeiner Weise hilfreich ist.“

25 Februar: Erster Coronavirus-Fall in NRW
Ein 47-jähriger Mann aus Gangelt ist der erste Coronavirus-Fall in NRW. Zehn Tage zuvor hatte er an einer Karnevalsfeier teilgenommen.
26. Februar: Ausnahmezustand im Kreis Heinsberg
Um die Ausbreitung im Kreis Heinsberg zu bremsen, werden alle Kitas, Schulen und städtischen Einrichtungen geschlossen.

März – Kontaktverbot ohne Maskenpflicht

In den USA decken sich die Menschen mit Waffen ein. In Deutschland geht das Klopapier aus. Die Maskenpflicht ist weiterhin in weiter Ferne. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der als „Hardliner” in der Coronakrise gilt, lehnt im März eine Atemschutzmasken-Pflicht in der Öffentlichkeit noch ab. Und ein 24-Jähriger wird durch den Verkauf von zuvor gehorteten Atemmasken zum Start-up Millionär.

3. März: Export von medizinischer Schutzausrüstung ins Ausland wird verboten
Der Krisenstab des Innen- und Gesundheitsministeriums beschließt den Export von medizinischer Schutzausrüstung (Atemmasken, Handschuhe, Schutzanzüge etc.) ins Ausland zu verbieten. Das Bundesministerium für Gesundheit ist für die zentrale Beschaffung von medizinischer Schutzausrüstung für Arztpraxen, Krankenhäuser sowie für Bundesbehörden verantwortlich.
9. März: Erste Coronavirus-Tote in NRW
Zwei Wochen nach dem ersten bestätigten Coronavirus-Fall sterben die ersten beiden Menschen in NRW an den Folgen von Covid-19.
22. März: Die Bundesregierung beschließt Kontaktverbot
Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur noch alleine, mit einer weiteren Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. Gastronomiebetriebe werden geschlossen, nur die Mitnahme von Speisen und Getränken ist noch erlaubt.

April – Es fehlen Masken

Eine Woche vor Ostern kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an, dass insgesamt 37 Millionen Schutzmasken in Deutschland angekommen sind. Dennoch mangelt es vielerorts an notwendigem Schutzmaterial. Auf dem Weltmarkt kämpfen die Staaten um die wenigen verfügbaren Atemmasken. NRW wird beim Kauf von Atemschutzmasken zum Opfer eines Millionenbetrugs. Andreas Scheuer kauft elf Millionen Masken, die laut Spiegel „alle Schrott“ sind.

6. April: Jena führt Maskenpflicht ein
Als erste Stadt in Deutschland führt Jena (Thüringen) die Maskenpflicht ein. Ein Diskussionspapier von Wirtschaftsforschern legt nahe, dass das eine erfolgreiche Strategie war, um die Infektionszahlen zu reduzieren.
14. April: Materialmangel: RKI empfiehlt medizinischem Personal das Tragen einfacher Atemmasken
Auch wenn bekannt ist, dass einfache OP-Masken Ärzte und Pfleger deutlich weniger schützen, empfiehlt das RKI, diese zu tragen, „wenn FFP2-Masken nicht zur Verfügung stehen.“ Daraufhin gibt es starke Kritik. Wie der Spiegel schreibt, fordert der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Björn Böhning, das RKI schriftlich auf, die Empfehlung „umgehend “zu ändern“. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das RKI die Gesundheit von Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich beim Umgang mit Corona-Patienten „so eklatant missachten kann“. Beispiele aus Italien und Spanien hätten gezeigt, dass solche Nachlässigkeiten „zu vielen Todesfällen bei Patienten und Beschäftigten geführt habe“.
24. April: Das RKI ändert seine Empfehlung
Als Reaktion auf die Kritik ändert das RKI den umstrittenen Passus in der Empfehlung. Nun heißt es: „Bei der direkten Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19 müssen gemäß der Arbeitsschutzvorgaben mindestens FFP2-Masken getragen werden.“
27. April: NRW führt Maskenpflicht ein
Seit Ende April müssen Bürgerinnen und Bürger ihren Mund und ihre Nase bei der Fahrt im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, dem Einkauf im Einzelhandel und in Arztpraxen bedecken. Ziel ist es, dadurch die Ansteckungsgefahr dort zu minimieren, wo der Abstand von 1,5 Metern kaum oder gar nicht einzuhalten ist.

Mai – Maskentragen als neue Gewohnheit

Das Infektionsgeschehen schwächt sich weiter ab und erste größere Lockerungen treten in Kraft. Die Maskenpflicht bleibt und wird ein Stück weit Normalität. Gleichzeitig kommt es vermehrt zu Protesten gegen die Corona-Maßnahmen.

 

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11. Mai: Restaurants dürfen in NRW wieder öffnen
Unter Auflagen dürfen die Restaurants nun auch wieder Gäste empfangen. Neben der Angabe des Kontakts gehört auch das Tragen einer Maske dazu, solange man nicht am Tisch sitzt.

Juni – Maske zum selber Basteln

Thüringen hebt zwar als erstes Bundesland die Kontaktbeschränkungen auf, aber eine Verpflichtung zum Abstandhalten sowie einer Mund-Nase-Bedeckung beim Einkauf und im ÖPNV bleibt auch dort bestehen. In NRW verschickt das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Mundschutz-Sets zum selber Basteln an Kindergärten. Bei den Erzieherinnen und Erziehern sorgt das für Unmut.

Juli – Bleibt es bei der Maskenpflicht?

Die Diskussion um Nutzen oder Schaden der Atemmasken lebt erneut auf. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe sagte in der Welt: „Wenn das Infektionsgeschehen so gering bleibt, sehe ich keinen Grund, länger an der Maskenpflicht im Handel festzuhalten.“ Er gehe davon aus, dass die Maskenpflicht Anfang August in Geschäften aufgehoben werde.

Auch die FDP möchte die Maskenpflicht auf den Prüftstand stellen. „Wo es regional über einen längeren Zeitraum gar kein akutes Infektionsgeschehen gibt, ist sogar der sehr geringfügige Eingriff einer Maskenpflicht nicht mehr verhältnismäßig“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Michael Theurer, der Deutschen Presse-Agentur.

Bei den politischen Entscheidungsträgern findet die Maskenpflicht allerdings weiterhin breite Unterstützung. Auch eine knappe Mehrheit von 54 Prozent der Bevölkerung spricht sich laut einer YouGov-Umfrage gegen eine Abschaffung der Maskenpflicht im Einzelhandel aus.

Zumindest die Gefahr, dass Deutschland noch einmal zu wenige Schutzmasken haben sollte, scheint in Zukunft gering zu sein. Auf Anfrage der Rheinischen Post teilt das Wirtschaftsministerium mit, dass bis Ende Juni 2021 die Unternehmen hierzulande in der Lage sein sollen, bis zu sieben Milliarden Masken in zertifizierter Qualität zusätzlich herzustellen.

Beitragsbild: Pexels/Anna Shvets

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