Es ist offiziell: Friseursalons öffnen ihre Türen ab März wieder. Das wurde beim Coronagipfel mit der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten beschlossen. Die Haarpracht zählt nun also zu den Grundbedürfnissen. Gesunde, schöne Nägel aber nicht. Aus Sicht unserer Autorin ist das unfair.
Die Ansätze sind rausgewachsen. Neue Strähnen wären bitter nötig. Die Spitzen könnten auch mal wieder einen Schnitt vertragen. Aktuell können sich falsche Blondinen nicht mehr verstecken. Doch was tun? Friseure haben ja zu. Der Eigenversuch zu Hause endet meistens mit rotem Kopf und roten Haaren. Bei Kurzhaarfrisuren läuft es auch nicht besser: Irgendwie scheint es da nur zwei Möglichkeiten zu geben: Lange, wuchernde Haare und Bärte und Nacken, die aussehen wie ungepflegte Wildwiesen. Oder halt der rabiate überall-drei-Milimeter-Schnitt. Wir alle sind in der letzten Zeit an unseren Haaren ein bisschen verzweifelt – doch nun wurden unsere Gebete erhöht und die Friseure öffnen, dank hoffentlich weiter sinkenden Infektionszahlen, am 1. März wieder. Halleluja!!!
Persönliche Körperhygiene geht über die Haare hinaus
Die Begründung der Politik stützt sich auf die Bedeutung von Friseuren für die persönliche Körperhygiene. Doch neben einer perfekten Frisur gibt es noch andere Faktoren, die zum Gefühl von Hygiene beitragen. Zum Beispiel die Fingernägel: Wer fühlt sich schon mit krummen, dreckigen oder einwachsenden Nägeln wohl? Doch im Gegensatz zu den Friseursalons müssen Nagelstudios noch weiterhin geschlossen bleiben.
Der Salon als kleines Therapiezentrum
Besonders ältere Menschen seien auf die Haarsalons angewiesen, besonders aus psychischen Gründen: Für die Omi von nebenan sei es sehr wichtig, ihren wöchentlichen Besuch beim Friseur durchzuführen. Die Pandemie stürzt vor allem alleinlebende, ältere Menschen in die Einsamkeit und da kann so ein Salonbesuch Welten verändern. Ein nettes Gespräch mit der Friseurin erhellt den ganzen Tag. Jedoch gehen viele dieser älteren Damen – denen ihre Haare und auch ihr gesamtes Aussehen sehr wichtig sind – ins Nagelstudio. Wenn ich mir meine Nägel im Studio um die Ecke machen lasse, sitzen rechts und links von mir Seniorinnen, die strahlenden Lächelns neue French-Nails bekommen. Da wird dann noch schnell ein Pläuschchen gehalten und die Nageldesignerin angeschnauzt, dass sie es falsch machen würde… Ein rundum schöner Nachmittag also. Der Besuch im Nagelstudio hat aber anscheinend nicht den gleichen Stellenwert wie der beim Friseur.
Außerdem sei laut der Bundesregierung und den Länderchefs eine Eröffnung der Friseurstudios auch aus wirtschaftlichen Gründen enorm wichtig. Die Salons hätten ja schon seit Dezember geschlossen. Bis März wären das dann ungefähr zweieinhalb Monate. Nagelstudios haben seit Oktober geschlossen. Ich bin nicht besonders gut in Mathe, aber nach meiner Rechnung ist das fast doppelt so lange. Enorm viele Nagelstudios wissen gar nicht mehr, ob sie je wieder öffnen können. Ihnen geht es mindestens genau so schlecht wie Friseuren, wenn nicht noch schlechter. Ich freue mich für die Friseure und gönne es ihnen wirklich. Aber fair finde ich das nicht.
Strenge Hygienevorschriften – nichts Neues für Nagestudios
Des Weiteren sollen Friseure unter „Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung von medizinischen Masken“ eröffnet werden. Nichts, was wir noch nicht kennen. Plexiglasscheiben zur Trennung der Kunden*innen, Abstand halten, eine beschränke Anzahl an Kunden*innen und natürlich kein Kaffee-Plausch mit der Nachbarin, die man ja so lange nicht mehr gesehen hat. Vor der letzten Schließung im Dezember habe ich bei Friseuren noch keine Plexiglasscheiben gesehen. Da wurde (nur) auf den Abstand geachtet.
Gegenbeispiel Nagelstudios: Die arbeiteten 2020 schon den ganzen Sommer mit Plexiglasscheiben. In meinem Nagelstudio saßen alle Designer hinter Scheiben und die Kunden*innen hatten mindestens 2 Meter Abstand zueinander. Beim Reinkommen Hände desinfizieren und Platz nehmen. Dann die Hände durch den vorgesehenen Spalt in der Scheibe stecken. Mehr Abstand geht bei einer körperlichen Dienstleistung eigentlich nicht. Zu meinem Nageldesigner habe ich eindeutig mehr Distanz, als manche Männer zu ihrem Friseur, wenn der ihnen den Bart sauber schneidet. (Andere) „Körpernahe Dienstleistungsbetriebe“ können erst bei stabilen Coronazahlen wieder öffnen. Am Bart eines fremden Typen hängen ist also eher „scherennah“ als körpernah.
Eine Frage der Fairness
Gratulation an alle Friseure da draußen. Sie haben harte Monate hinter sich, in denen viele um ihre Existenz gebangt haben. Sie haben Wege gesucht, wie sie das Infektionsrisiko beim Haareschneiden senken können. Viele von uns freuen sich darauf, wenn die Frisur wieder etwas Form bekommt. Aber aus meiner Sicht ist es nicht fair, dass Friseure öffnen dürfen, Nagelstudios aber weiter zu bleiben müssen.
Beitragsbild: Filip Bunkens Unsplash.com