Alle Jahre wieder: Glühwein, Spekulatius und rekordhohe Corona-Zahlen. Professor Timo Ulrich erklärt, wieso wir dieses Jahr trotz Virus ein wenig entspannter in die Feiertage starten können.
Während fröhliche Weihnachtsmusik auf den Weihnachtsmärkten dudelt, steigen deutschlandweit die Inzidenzen und die Intensivstationen füllen sich. Am 2. Dezember haben sich Bund und Länder deswegen auf strengere Corona-Regeln geeinigt. Großveranstaltungen finden nur noch eingeschränkt statt, es gilt die 2G-Regel in Restaurants und Kneipen und es gibt eine Impflicht für Beschäftige im medizinischen Bereich.
Trotzdem könnten diese Beschlüsse zu spät kommen, um ein sicheres Weihnachtsfest zu garantieren. Viele sind unsicher, ob sie guten Gewissens über den Weihnachtsmarkt schlendern oder über die Feiertage in die Heimat fahren können. Timo Ulrichs, Professor für internationale Not- und Katastrophenhilfe an der Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin, beantwortet KURT einige dieser Fragen.
Mit welchen Zahlen müssen wir über die Feiertage rechnen?
“Es wird über die Weihnachtsfeiertage wieder mehr Kontakte geben, das kann natürlich auch für erhöhe Neuinfektionen sorgen.” Ulrichs betont aber, dass wir erst mal abfedern müssten, was wir gerade haben: Sehr hohe Zahlen. Und die werden zeitversetzt zu erhöhten Krankenhauseinweisungen führen. “Da haben wir den Peak leider noch nicht erreicht, der ist um die Feiertage zu erwarten. Das heißt, es kann noch ziemlich hart werden. Auch ohne, dass noch weitere Neuinfizierte hinzukommen.”
Kann ich Weihnachten wie immer mit meiner Familie feiern?
„Das kommt auf den Status der Personen an“, meint Ulrichs. „Wenn sie vollständig geimpft sind oder noch besser geboostert, dann kann man sich schon treffen. Da ist das Restrisiko relativ überschaubar.“ Anders sei das, wenn auch Ungeimpfte dabei sind. Das Risiko, dass sich jemand anstecke und das Virus an andere Ungeimpfte weitergebe, sei dann direkt viel größer. „Das ist eine Belastung für das Gesundheitssystem und das können wir uns im Moment einfach nicht leisten.“
Sind Weihnachtsfeiern mit geimpften Risikogruppen zu riskant?
Wenn alle geimpft sind, das Treffen also unter 2G-Regelung stattfindet, sei das schon okay, zum Beispiel die Großeltern zu besuchen. Wenn jemand bereits die Booster-Impfung erhalten habe, sei das sogar noch besser. Um das Risiko einer Infektion trotzdem möglichst gering zu halten, könnte jeder einen tagesaktuellen Test machen, so Ulrichs.
Sollte ich vor Weihnachten etwas unbedingt vermeiden?
Timo Ulrichs findet: Alle Reisen. Da könne man nie ausschließen, dass das Virus mitreise. Wenn man jemanden besuchen möchte, sollte man die eigentliche Reise möglichst risikofrei planen. Das könnte zum Beispiel bedeuten, das Auto anstelle der Bahn zu nehmen.
Kann ich trotzdem noch auf Weihnachtsmärkte gehen?
„Weihnachtsmärkte sind natürlich immer ein zweischneidiges Schwert“, meint Ulrichs. Es sei schon gut, dass Weihnachtsmärkte unter 2G und Einlasskontrollen stattfinden. Weil man an der frischen Luft ist und sich bewegt, würden sich Aerosole schnell verflüchtigen. „Das ist dann relativ ungefährlich.“ Zum Problem würde es dann, wenn Menschen über längere Zeit auf kleinem Raum, wie etwa beim Glühweintrinken, eng zusammenstehen. Dann sei kein Luftaustausch gewährleistet und es könne zu Übertragungen kommen.
Was ist mit der Weihnachtsmesse? Kann ich an Heiligabend in die Kirche?
Nach Einschätzung von Timo Ulrichs kommt es da ganz auf das Hygienekonzept der Kirche oder entsprechenden Gemeinde an. Gerade kleine Dorfkirchen, die eine schlechte Lüftung haben, könnten an Heiligabend überfüllt sein. „Was man außerdem nicht machen sollte, ist Singen. Das ist immer ein Risiko für ein großflächiges Ausdringen von Aerosolen.“
Was kann jeder einzelne machen, um ein möglichst sicheres Weihnachten zu feiern?
“Kontakte reduzieren, Mobilität einschränken, sich nur in kleinen Kreisen treffen und die Booster-Impfung vervollständigen. Dann ist schonmal eine ganze Menge getan.”
Es fühlt sich so an, als würden wir 2020 ein zweites Mal erleben. Kurz vor Weihnachten steigen die Zahlen und Corona-Maßnahmen werden verschärft. Trotzdem ist diesmal etwas grundlegend anders: Die Impfung sorgt dafür, dass wir etwas entspannter in die Feiertage starten können.
Teaser- und Beitragsbild: kaboompics auf pixabay, lizenziert nach CC.