Fast 8500 Menschen in Deutschland benötigen ein neues Organ, um weiterleben zu können, aber es gibt zu wenig Spender*innen. Um der Knappheit entgegenzuwirken, forschen viele Einrichtungen weltweit an sogenannten Xenotransplantationen – dabei werden nicht-menschliche Organe eingesetzt. Vergangene Woche hat zum ersten Mal ein Schweineherz im Körper eines Menschen zu schlagen begonnen – ein medizinischer Durchbruch und vielleicht ein großer Schritt in die Zukunft.
Oft warten schwerkranke Personen jahrelang auf ein passendes Spenderorgan. Das liegt unter anderem daran, dass man der Organspende in Deutschland aktiv zustimmen muss – dafür gibt es den Organspendeausweis. Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2018 zeigt, dass 42 Prozent der befragten Personen noch nicht entschieden haben, ob sie ihre Organe spenden wollen.
Insgesamt bekommen deshalb viel zu wenige Patienten*innen ein Organ: Ende 2021 stehen noch 8448 Menschen auf der Warteliste. Und der Jahresbericht Organspende und Transplantation in Deutschland für das Jahr 2020 zeigt, dass in diesem Zeitraum mehr Menschen auf der Warteliste dazugekommen sind, als Organtransplantationen stattgefunden haben. Das heißt, selbst wenn am Anfang des Jahres niemand auf ein Organ gewartet hätte, hätten nicht alle Neuanmeldungen bedient werden können. Dr. Susanne Venhaus von der Deutschen Stiftung Organtransplantation bestätigt: “Es ist auf jeden Fall ein Mangel da.”
Was tun gegen die Organknappheit?
In der Gesellschaft gibt es schon seit längerer Zeit die Debatte, ob die rechtlichen Regelungen für die Organspende geändert werden sollten. In Österreich gilt beispielsweise die sogenannte Widerspruchslösung – das bedeutet, dass jeder hirntote Verstorbene grundsätzlich als Spender*in infrage kommt, außer er hat der Organentnahme zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Manche finden, dass dieses Verfahren auch in Deutschland angewandt werden sollte. Sie glauben, dass die Widerspruchslösung zu mehr Organspender*innen führen würde. Kritiker*innen befürchten einen sogenannten „Zwang zur Organspende“.
In Zukunft könnte man dem Mangel an Organen auf andere Art beikommen. In Baltimore, Maryland, schlägt im Körper eines 57-jährigen Mannes seit dem 07.01. ein neues Herz – es ist aber kein menschliches Spenderherz, sondern kommt von einem Schwein.
Gibt es künftig Organspenden von Tieren?
Die Transplantation ist ein medizinischer Durchbruch. Es handelt sich dabei um eine Xenotransplantation – also eine Transplantation zwischen verschiedenen Spezies. Damit beschäftigen sich zwar schon lange Forschende weltweit, dabei werden größtenteils Tiere untersucht. In München beispielsweise forschen Wissenschaftler*innen an Organtransplantationen von Schweineorganen in Primaten.
Für den 57-Jährigen war die Entscheidung, das Schweineherz anzunehmen, die einzige Möglichkeit, weiterzuleben. Er war dem Tod nah und wurde für ein menschliches Spenderherz als nicht geeignet eingestuft.
Dass gerade ein Schweineherz für ihn ausgewählt wurde, liegt daran, dass diese Tiere als Spender besonders gut geeignet sind. Der Stoffwechsel funktioniert ähnlich wie bei uns Menschen und die Herzen von Schweinen haben eine passende Größe.
Genetische Veränderung ist notwendig
Schon normale Transplantationen sind sehr risikoreich. Zum Beispiel sind Maßnahmen nötig, um zu vermeiden, dass das neue Organ nicht vom Körper abgestoßen wird. Bei nicht-menschlichen Organen ist eine solche Abstoßung noch deutlich gefährlicher – deshalb musste das eingesetzte Schweineherz vor der Transplantation genetisch verändert werden, damit der Körper es für ein menschliches Organ hält.
Auch wenn der Körper des Mannes in Baltimore das Schweineherz nicht direkt abgestoßen hat, kann es noch einen Rückschlag geben. Deshalb wird sein Zustand auch in den kommenden Wochen streng überwacht. Unabhängig davon: Bevor solche Xenotransplantationen zur Regel werden und der Organknappheit entgegenwirken können, sind die Menschen auf der Warteliste auf Spender*innen angewiesen.
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