Man will seine Ziele erreichen und ackert sich ehrgeizig dafür ab. Obendrauf noch komplett freiwillig, ja sogar mit Freude! Doch dann kommt oft die Überlastung. Einige Perfektionist*innen leiden unter Depressionen, Süchten und Ängsten. Nur, wie kommt es dazu?
Zuerst einmal, was ist das eigentlich: Perfektionismus? Eine Suche im Duden führt zu folgender Definition: “übertriebenes Streben nach Perfektion”. Hohe Leistungsstandards, die oftmals schwer oder gar nicht zu erreichen sind. Häufig können diese Eigenschaften negative Folgen haben. Doch hier gilt es genauer hinzuschauen.
Den einen Perfektionismus gibt es nämlich nicht. Es gibt viele Ausprägungen, und noch mehr Studien dazu. Dr. Christine Altstötter-Gleich ist Perfektionismus-Expertin und hat zusammen mit der Psychotherapeutin Dr. Fay Geisler ein Buch zu dem Thema geschrieben. Mit Bezug auf die Forschung unterscheiden sie unter anderem zwischen zwei Arten: dem „positiven“ und dem „negativen“ Perfektionismus. Dabei seien die Bezeichnungen eher Definitionen als Wertungen. Die Auswirkungen gehen zwar in diese Richtungen, die Symptome sind aber keinesfalls komplett positiv oder negativ.
Einen wesentlichen Unterschied der beiden Arten sehen sie in dem Umgang mit dem Erfolg und dem Scheitern. Grob zusammengefasst sollen positive Perfektionist*innen aus ihren Fehlern lernen wollen, während negative Perfektionist*innen eher unter ihnen leiden.
Also positive Perfektionist*innen sind besser im Umgang mit ihren Fehlern und lassen sich von ihnen weniger beeinflussen. Negative Perfektionist*innen würden sich dagegen um jeden Preis vor Misserfolgen schützen wollen. Fehler dürften in ihren Augen nicht passieren, sie hätten regelrecht Angst davor. Es entstehe ein übertriebener Fokus auf die bloße Möglichkeit zu scheitern. Betroffene würden damit intensive negative Gefühle wie Traurigkeit, Schuld oder sogar Scham verbinden.
Der Perfektionismus: Eine rein zerstörerische Charaktereigenschaft?
Ist der Perfektionismus nun eine gute oder schlechte Eigenschaft? Die beiden Autorinnen haben keine direkte Antwort auf diese Frage. Für sie kommt es auf den Umgang mit dem Selbstwertgefühl an. Die hohen Ansprüche seien dabei erstmal kein Problem. Erst wenn Perfektionist*innen bei Fehlern das Gefühl bekommen, dass Andere sie nicht mehr wertschätzen. Genauer gesagt ihren Selbstwert an ihre Leistungsfähigkeit knüpfen, kann die Charaktereigenschaft zum Problem werden. Unter anderem dann sprechen die beiden von dem zerstörerischen Charakter des Perfektionismus.
Viele Betroffene würden diese negativen Symptome ignorieren. Sie würden sie gar als notwendig ansehen, um ihre Ziele zu erreichen. Auch bei immer wiederkehrenden Misserfolgen würden Perfektionist*innen an ihrem Verhalten festhalten, selbst wenn dies schadet. Erst wenn Sie ihre Ansprüche herunterschrauben, könne sich etwas verändern.
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