Mehlwürmer statt Proteinshakes – Insekten als Proteinquelle der Zukunft

Sie sind klein, krabbeln und wenn man sie in der Wohnung entdeckt, setzt bei manchen Menschen kurz der Herzschlag aus. Auf die Idee, Insekten zu essen, kommen viele nicht. Die Tiere haben aber mehr zu bieten, als wir im ersten Moment erwarten.

Insekten sind nicht die beliebtesten Tiere der Menschen und erst recht nicht auf dem Teller. Dabei sind Mehlwürmer, Heuschrecken und Raupen eine gute Nahrungsalternative. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit ernähren sich laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) von verschiedenen Formen von Insekten.

Der Grund: Insekten haben einen hohen Proteinanteil und sind eine gute Quelle für Mineralstoffe, B-Vitamine und ungesättigte Fettsäuren.  Zum Großteil erhält die Weltbevölkerung ihre Proteine  aus herkömmlichen tierischen Produkten wie Fleisch oder Eiern. Die Nutztierhaltung verbraucht aber sehr viel Wasser und benötigt große landwirtschaftliche Flächen.

Viele Wissenschaftler*innen sind sich einig, dass  die heute vorherrschende Ernährung in Zukunft nicht mehr möglich ist. So auch Guido Ritter, Ernährungswissenschaftler und Professor für Ökotrophologie an der Fachhochschule Münster. „Man braucht für die Ernährung von Nutztieren eine sehr hohe Menge an pflanzlichen Proteinen und bekommt letztendlich nur wenige tierische Proteine“, sagt Ritter. Insekten seien effizienter, weil sie weniger Futtermittel benötigen. Von einem Insekt können Mensch rund 80 Prozent des Körpers verzehren, bei einem Rind sind es nur knapp 40 Prozent. Außerdem würden die Tiere es mögen, auf engem Raum zusammenzuleben. So bräuchten sie weniger Platz. Anders als herkömmliche Nutztiere stoßen Insekten zudem keine schädlichen Gase aus.

Mehlwürmer und Hausgrillen – doch nur ein nerviger Störenfried?

Ziemlich viele Vorteile. Stößt die Ernährung von Insekten vielleicht irgendwo an ihre Grenzen? Eine Züchtung in großer Menge benötige laut Ritter viel Energie, da die Tiere heruntergekühlt werden. Insekten sind wechselwarme Tiere. Somit hängt ihre Körpertemperatur von der Temperatur ihrer Umgebung ab. Wenn es besonders kalt ist, werden die Tiere ruhiger. Außerdem sei es wichtig, darauf zu achten, welche Insekten gegessen werden und wo sie herkommen, sagt Ritter. Sie könnten sonst Krankheiten übertragen oder schlecht verträglich sein. Menschen mit einer Hausstaubmilbenallergie hätten zudem ein höheres Risiko, auch gegen Insekten eine Allergie zu entwickeln.

In der Diskussion um essbare Insekten kommt immer wieder die ethische Frage auf: Ist es gerechtfertigt, weiterhin Tiere für menschliche Lebensmittel zu töten? Hersteller*innen von Proteinprodukten aus Insektenmehl argumentieren damit, dass Insekten kein hohes Schmerzempfinden haben und beim Tötungsprozess kaum Stresshormone ausgeschüttet werden. Ritter betont: „Tiere empfinden anders als wir Menschen. Trotzdem wird in dieser Debatte der Schmerz von Insekten vermenschlicht. Insekten können auch empfinden, zeigen das nur anders.“ Ihr Verhalten wirke auf den Menschen normal, könne aber eine Reaktion auf das Empfinden sein. Daher könne er diesem Argument nicht zustimmen. Insekten seien immer noch Tiere, die getötet werden.

Lebensmittel in zehn Jahren – schokolierte Würmer statt Chips?

Blickt man heute in den Supermarkt oder auf die Speisekarte in Restaurants, ersetzen Mehlwürmer und Grillen hierzulande die traditionellen tierischen Produkte kaum. Laut Ritter werde das auch in den nächsten Jahrzehnten so bleiben. Die Beziehung zwischen Mensch und Tier werde aber bewusster. Es handle sich immer noch um einen Tötungsprozess, mit dem man sich auseinandersetzen müsse. „Eine Massentierhaltung entwöhnt die Tiere von der Natur.“ Ritter vermutet, dass einige Menschen einen Schritt Richtung pflanzlicher Ernährung gehen und einen vegetarischen oder veganen Lebensstil in Betracht ziehen werden. Ganz weg von tierischen Produkten seien wir in zehn Jahren aber noch nicht. Die Insekten kämen zwar immer mehr als Proteinquelle in den Salat oder in Snacks. Das sei aber nur ein kleiner Baustein. „Wir sollten zurück zum Sonntagsbraten“, sagt Ritter. Und den solle es dann wirklich nur noch sonntags geben.

 

Beitragsbild: pixabay.com/ivabalk

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