Der Naturschutzbund veröffentlicht jährlich ein Kreuzfahrt-Ranking. Darin werden die Reedereien hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes bewertet. Das Ergebnis ist ernüchternd. Warum junge Menschen sich trotzdem für eine Kreuzfahrt entscheiden.
„Die Kreuzfahrtbranche hat noch eine lange Fahrt vor sich, bis Umwelt und Klima nicht mehr so stark belastet werden“, sagt der Naturschutzbund (NABU) Deutschland auf seiner Website. Um aufzuzeigen, wie groß der Ausbaubedarf der Reedereien hinsichtlich des Klima- und Umweltschutzes ist, veröffentlicht der NABU jährlich ein Kreuzfahrtranking. Das fokussiert sich auf die Umwelt- und Klimamaßnahmen, die die Reedereien bereits umsetzen, aber auch auf jene Maßnahmen, die sie für die Zukunft planen. Dafür sendet der NABU Fragebögen aus, um ebendiese Maßnahmen und Strategien abzufragen. 2024 sind die Schlusslichter des Rankings Phoenix Reisen aus Bonn und Viking Ocean Cruises aus der Schweiz. Sie haben sich nicht zu dem Fragebogen geäußert. An der Spitze hingegen steht Hurtigruten aus Norwegen, sie haben am besten abgeschnitten.
„Es ist durchaus wichtig, sich vor Augen zu führen, dass auch diese Spitzenreiter des Kreuzfahrtrankings keine Kreuzfahrt anbieten, die Klima und Umwelt nicht belasten“, betont Raija Koch, Referentin für Verkehrspolitik beim Naturschutzbund Deutschland. Sie hat sich auf den Bereich Schifffahrt und wertet die Fragebögen aus.
Kreuzfahrten werden beliebter
Prof. Dr. Dr. Alexis Papathanassis ist Professor für Kreuzfahrtmanagement und Rektor der Hochschule Bremerhaven. Er sagt: Kreuzfahrten sind vor allem aus zwei Gründen nach wie vor gefragt: wegen des Preisleistungsverhältnisses und der Kombination aus Pauschal- und Rundreise mit einem Service rund um die Uhr.
Die Passagiere seien hauptsächlich zwischen 40 und 50 Jahren alt, aber auch junge Menschen interessierten sich für Kreuzfahrten. „Viele haben diese Urlaubsform mit ihren Eltern und Großeltern miterlebt und ich glaube, dass diese Gruppe dabei bleibt – auch, wenn sie unter 30 ist“, sagt Papathanassis.
Einer der jungen Leute, die gerne Kreuzfahrten machen, ist Niklas Gilhaus. Er hat sich im Reisebüro beraten lassen und bekam damals einen Sonderpreis, weil er unter 25 war. „So war das preisleistungstechnisch unschlagbar“, sagt Niklas. Nach der ersten Kreuzfahrt war er überzeugt: So viele Ziele in so kurzer Zeit, die Unterhaltung an Bord, die Restaurants – seine Erwartungen wurden erfüllt.
Die Schattenseiten
Der Naturschutzbund kritisiert an der Branche vor allem den Einsatz von fossilen Treibstoffen. Diese seien eine immense Umweltbelastung, erklärt Raija Koch. Im Gegensatz zu Transportschifffahrten haben Kreuzfahrtschiffe den Hotelbetrieb, für den sie ebenfalls Treibstoffe nutzen. So entstehe ein enormer Energiebedarf.
„Dadurch, dass bis heute die Antriebstechnologie zu 93 oder 95 Prozent über fossile Kraftstoffe läuft, ist das einfach ein sehr, sehr großes Problem für Klima und Umwelt“, erklärt Raija Koch.
Der andere Urlaub auf dem Schiff
Elias Hamann teilt die Ansichten des NABUs. Ihn stören bei Kreuzfahrten nicht nur der Kraftstoffverbrauch, sondern auch der Massentourismus. Er bevorzugt Gebiete mit weniger Menschen. Auch der Preis ist ihm zu hoch, denn die Leistungen, die er auf einer Kreuzfahrt in Anspruch nehmen könnte, braucht er nicht, sagt er. Und weil Elias 25 ist, bekommt er auch keinen Sonderpreis.
Das Wasser gehört zu seinen Urlauben trotzdem dazu. Elias segelt. „Da bin ich zwar auch auf einem Boot, aber eher mit der Kraft der Natur als gegen die Natur“, sagt er. Außerdem habe er so die Freiheit, seinen Tag zu gestalten, wie er möchte und müsse sich an keine Abfahrtszeiten halten. Drei bis sechs Personen passen in Elias‘ Boot.
Prof. Papathanassis weiß, dass viele junge Menschen ähnliche Ansichten haben wie Elias. Er kann sich vorstellen, dass viele unter 30-Jährige noch keine Erfahrung mit Kreuzfahrten haben, sich aber aus Nachhaltigkeitsgründen dagegen entscheiden. Niklas sagt, auch er habe den Umweltaspekt im Blick, sei aber zuversichtlich, dass dieser bei den Reedereien in Zukunft weiter in den Vordergrund rückt.
Klimafreundlichere Zukunft?
„Ich finde, die Reedereien sind immer aktiver dabei, etwas fürs Klima zu tun und versuchen schon, die Umwelt weniger zu belasten. Sie versuchen, die Technik weiterzuentwickeln, sodass die Fahrten umweltfreundlicher werden“, sagt Niklas. Er hofft, dass die Kreuzfahrtindustrie in Zukunft noch nachhaltiger wird.
Der NABU fordert konkret von den Reedereien, dass sie sich zu den Klimazielen in Paris inklusive der Klimaneutralität bis 2045 bekennen. Die Branche soll sofort auf Schweröl verzichten und erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs einsetzen. Zusätzlich setzt sich der NABU dafür ein, dass Reedereien vermehrt alternative Energien wie Wind- und Solarenergie nutzen und zur Kraftstoffreduktion langsamer fahren. Raija Koch sagt: „Es ist sehr wichtig, sich klarzumachen, dass aufgrund des weiterhin hohen Einsatzes fossiler Energieträger in der Kreuzfahrt ein ‚Weiter wie bisher‘ eigentlich nicht möglich ist. So sind die Klimaziele von Paris nicht erreichbar und die Kreuzfahrt hat aus unserer Sicht nur dann eine Zukunft, wenn sie eben Umwelt- und Klimaschutz auch prioritär behandelt.“
Beitragsbild: Niklas Gilhaus