
Werden wir uns der Klimakrise bewusst, können viele Emotionen auf uns einprasseln. Hoffnung ist vielleicht nicht das erste Gefühl, was wir mit der Krise in Verbindung bringen. Warum es trotzdem wichtig ist, genau diese nicht zu verlieren.
„Die Optimisten hier lang“, ruft Dr. Patrick Knopf. Es ist ein warmer Sommerabend. Die Sonne scheint, nachdem es tagsüber geregnet hat. Ein paar Kanadagänse begrüßen die Besuchenden des Rombergparks am Eingang. Gegen 19.30 Uhr versammeln sich knapp 30 Menschen um Patrick Knopf, den Direktor des Botanischen Gartens Rombergpark. „Die Optimisten sind in der Überzahl, das ist für den Planeten gut“, ruft er über die Menge hinweg und lacht fröhlich, als sich eine kleinere Gruppe entfernt. Patrick Knopf leitet die Führung mit dem Titel: „Klimawandel für Optimisten“. Die kleinere Gruppe hat sich für die parallele Führung für Pessimist*innen entschieden.
Der Diskurs um die Klimakrise ist seit einigen Jahren in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Reaktionen auf die Krise sind dabei völlig unterschiedlich. Menschen sind ängstlich, frustriert, hoffungsvoll, manchmal auch gleichgültig oder wütend. Egal, welche Emotionen im Vordergrund stehen, eines ist klar: Um noch gravierendere Umweltfolgen durch die Klimakrise abzuwenden, muss sich etwas ändern. Was motiviert Menschen zu klimabewusstem Verhalten – Hoffnung oder Angst?
Die Angst vor der Klimakrise

Einige der Teilnehmenden besuchen die Führung „Klimawandel für Optimisten“, um Hoffnung zu schöpfen. Mit dabei ist Ursula Hettwer. Die 60-Jährige ist mit ihrem Ehemann im Rombergpark. Er besucht die Pessimist*innen-Führung, sie beschäftigt sich mit der optimistischen Seite. „Das war Zufall, wir haben das mehr oder weniger ausgelost“, erklärt Ursula Hettwer und lacht. Am Abend wollen sie diskutieren. Die Veganerin schaut trotz der Anmeldung zur optimistischen Führung klar pessimistisch auf die Klimakrise: „Uns wird’s wahrscheinlich nicht mehr belangen, aber unsere Kinder und Kindeskinder, die werden große Probleme haben.“
Obwohl der Spaziergang durch den Rombergpark von Leichtigkeit und Sonnenschein geprägt ist, tritt in Gesprächen mit den Teilnehmenden immer wieder die Sorge vor dem Klimawandel hervor. Auch der 63-Jährige Dieter Oltmanns ist besorgt: „Ich hoffe eigentlich immer noch, dass wir die Kurve kriegen. Aber die Realität sieht leider oft anders aus.“
Professor Stephan Heinzel forscht an der TU Dortmund zu den Zusammenhängen zwischen Klimakrise und psychischer Gesundheit. Er betont: „Klimaangst ist eine natürliche Reaktion auf eine akute gravierende Bedrohungslage.“ Reagieren Menschen trotz Bedrohung optimistisch, dürfe das eines nicht bedeuten: „Ein Optimismus, der meint, man könne die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass jetzt irgendwie ein Wunder passiert, ist naiv“, ordnet der Psychologe ein.
Es gibt Lösungsansätze
Bei der Führung im Rombergpark erklärt Patrick Knopf, wie sich Städte an die Folgen des Klimawandels anpassen können. So können Schwammstädte besser mit Starkregen-Ereignissen umgehen. Sie speichern Wasser – auch bei Starkregen – wie ein Schwamm und geben dieses langsam wieder ab. So sollen Überschwemmungen verhindert werden.
Auch Dortmund soll zur Schwammstadt werden, das hat die Stadt 2024 bekannt gegeben. Geplant sind zum Beispiel Regenrückhaltebecken und Versickerungsanlagen für Regenwasser. Diese Maßnahmen sollen dazu dienen, Regenwasser nicht erst in eine Kläranlage zu befördern, sondern vor Ort zu speichern und langsam in den natürlichen Wasserkreislauf zurückzugeben.
Belastbare Gewächse

Direktor Patrick Knopf wünscht sich außerdem große, schattenspendende Bäume in der Stadt. Im Botanischen Garten Rombergpark setzt er einige Ideen bereits um, um den Park gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähiger zu machen. So versucht er zum Beispiel, Baumarten im Botanischen Garten anzupflanzen, die besser mit Trockenheit umgehen können. Auch die Beete möchte er besser anpassen. Die Pflanzen dort kommen ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Patrick Knopf erklärt begeistert, dass diese mediterranen Beete pflegeleicht und insektenfreundlich sind, keinen Dünger brauchen und schön anzusehen sind. Dort haben der Direktor und sein Team den übriggebliebenen Schotter von der Kreuzung um die Ecke genutzt – er bedeckt die Erde in den Kübeln. So soll verhindert werden, dass Unkraut wächst und Wasser zu stark verdunstet. Die Blumenkübel der Beete wurden aus Plastikmüll geschmolzen. Fast am Ende der Führung zeigt Knopf stolz das Moor im Rombergpark, das als großer CO2-Speicher gilt.
Zwischendurch gibt Knopf immer wieder Tipps für den eigenen „Optimisten-Garten“: So ist es laut dem Direktor wichtig, den Rhododendron im Garten herunterzuschneiden, damit er besser treibt und neue Wurzeln entwickelt. Patrick Knopf hat weitere klare Vorstellungen im Kopf: „Im Optimisten-Garten haben wir zehn Quadratmeter Blütenfläche.“ Bei dieser wird dann erst eine Hälfte heruntergeschnitten, dann haben die Tiere Zeit, sich zu verkriechen. „Im September werden vier weitere Quadratmeter heruntergeschnitten und ein Quadratmeter soll so bleiben, wie er ist.“ Diese Vorgehensweise ist für Tiere, die auf der Wiese leben, schonender.
Optimismus ist manchmal hart

Trotz aller Ideen fällt es ab und zu schwer, Knopf seinen Optimismus abzunehmen. Nach der Führung bestätigt er: „Ich habe keinen Glauben mehr an die Menschheit, dass wir es wirklich hinkriegen.“ Bisher habe er immer die pessimistische Führung geleitet, dieses Jahr wurden die Gruppen getauscht. Trotz seiner Worte wirkt Patrick Knopf nicht wie ein resignierter Mensch. Er bringt die Teilnehmenden zum Lachen und alle merken: Er setzt sich ein für ein Umdenken. „Vielfalt im Ökosystem ist in unserer Optimisten-Stadt wichtig. Wenn die Innenstädte zu warm werden, schaffen das zum Beispiel die Birken nicht – vielleicht sollten wir einen anderen Baum nehmen.“
In Leipzig forscht Professorin Ana Bastos zu Land-Atmosphären-Interaktionen. Sie hat an einem Projekt mitgewirkt, bei dem Wissenschaftler*innen acht Handlungsfelder definieren, um die Biosphäre zu schützen. Für alle Themen präsentieren die Forschenden Lösungsansätze. Auch Ana Bastos fällt es schwer, die Frage nach Hoffnung in Bezug auf die Klimakrise zu beantworten. Sie entscheidet sich für einen Zwischenweg: „Die Energiewende haben wir, vielleicht zu spät, aber trotzdem, begonnen. Erneuerbare Energien ersetzen mittlerweile einen großen Teil davon, was früher mit fossilen Brennstoffen betrieben wurde – da sehe ich gute Zeichen, um an Hoffnung zu denken. Gleichzeitig ist das alles zu langsam. Wir kommen nicht auf 1,5 Grad. Wir entfernen uns von diesem Ziel, obwohl wir wissen, dass mit jedem 0,1 Grad Erwärmung die Folgen vom Klimawandel schwieriger zu lösen sind und Kosten bringen.“
Was uns helfen kann
Bei der Führung im Rombergpark konnte Ursula Hettwer, die mit ihrem Ehemann gemeinsam im Rombergpark ist, Hoffnung schöpfen. Sie sieht die Sache pragmatisch: „Hoffnung sollten wir immer haben, sonst können wir uns den Strick nehmen. Das ist so, denn die Erde kommt ohne Menschen aus. Aber wenn wir so an die Sache herangehen, ist es nicht mehr lebenswert. Ich konnte etwas Positives aus der Führung ziehen.“ Am Ende der Führung kommen beide Gruppen – die optimistische und die pessimistische – zusammen. Patrick Knopf hat einen Appell zu klimafreundlichem Verhalten für alle: „Wandel kommt aus der Gesellschaft. Wir müssen von uns heraus, aus der Mitte, handeln.“

Um das umzusetzen, hat Psychologe Stephan Heinzel einen Ratschlag. Damit die Angst nicht ins Negative kippt, empfiehlt er, sich bewusst zu machen, was in den vergangenen Jahren gut funktioniert hat. Ihm würden diese Positivbeispiele helfen: „Das ist zum Beispiel der Ausbau erneuerbarer Energien. Der Ausbau hat viel schneller stattgefunden, als wir uns das vor zehn Jahren vorstellen konnten. Ich finde, sowas macht total Mut.“
Hoffnung als Antrieb
Der Psychologe erklärt, was dann passieren kann: „Wir sehen die Positivbeispiele und denken gleichzeitig daran, was alles noch nicht passiert ist. Und dann kommt sehr schnell der Punkt, dass aus einer Angst und Hoffnungslosigkeit auch eher eine Wut oder ein Ärger wird, auf die Entscheidungsträger*innen weltweit. Denn die verhindern, dass wir diese Lösungen umsetzen“, sagt Heinzel.
Außerdem könne Hoffnung neben Angst wichtig sein, um sich aktiv für Klimaschutz einzusetzen, erklärt Heinzel: „Wenn wir es gleichzeitig schaffen, eine gewisse Hoffnung zu behalten, dass wir das Schlimmste verhindern können, wenn wir uns aktiv einsetzen für den Klimaschutz – dann führt das dazu, dass die Leute eher etwas tun.“
Eine gute Perspektive finden

Der Geophysikerin Ana Bastos ist es wichtig, Lösungen zu kommunizieren. Sie ist überzeugt: „Die Leute kommen zusammen, wenn wir die Lösungen mit einer vielseitigen Perspektive kommunizieren. Also nicht nur: ‚Wir müssen die Brennstoffemissionen mindern.‘ Sondern auch: ,Mit weniger Autos im Stadtzentrum haben wir weniger Atemwegsprobleme. Dann ist es leiser und dadurch angenehmer, in der Stadt zu spazieren.‘ So sind die Leute den Maßnahmen nicht so abgeneigt.“
Auch für Patrick Knopf aus dem Rombergpark gibt es trotz aller Probleme Hoffnung: „Kinder. Kinder sind wie kleine Küchenschwämme, die nehmen alles auf – jeden Tropfen Wissen, den wir raushauen. Das Wissen nehmen die mit und erzählen es anderen Kindern. Die Hoffnung liegt bei den Kindern.“
Beitragsbild: Charlotte Huster
