Vom Menschen zum Cyborg – Das steckt hinter Mikrochipimplantaten

Bizarre Theorien kursieren rund um das Chippen von Menschen mittels der Corona-Impfung. Warum das aber in der Realität nicht möglich ist, erklärt Dr. Patrick Kramer, Gründer und Geschäftsführer der Biohacking-Plattform “digiwell.com”:  “Das eine hat mit dem anderen absolut gar nichts zu tun. Wer schon mal eine Mikrochipnadel gesehen hat, der weiß, das geht nicht mal eben so.”

Die Größe eines Implantats lässt sich mit der eines Reiskorns vergleichen. Dementsprechend größer ist die Nadel für einen Mikrochip im Vergleich zu einer herkömmlichen Impfnadel. Unbemerkt bliebe ein solches Implantat auch nach dem Einsetzen nicht. Da es nur unter der ersten Hautschicht implantiert wird, sei es von außen deutlich zu spüren. “Tiefer eingesetzt, funktionieren die Mikrochips nicht mehr. Das ist wie mit einem Instrument, das unter Wasser gespielt wird”, ergänzt  Kramer.

Das bestätigt Sven Becker, Gründer und Geschäftsführer vom Dortmunder Start-up “I am Robot”. Die Theorie einmal zu Ende gesponnen, sieht Becker auch keinerlei Mehrwert im heimlichen Chippen von Menschen: “Die Technik reicht nicht so weit, dass man dadurch jemanden kontrollieren oder überwachen kann. Die Chips können nur aus nächster Nähe ausgelesen werden. Sie per Funk auszulesen, ist nicht möglich.” Jemanden über ein Mikrochipimplantat zu orten, wie man es aus Film und Fernsehen kennt, sei damit nur ein Mythos, der so in der Realität nicht umsetzbar ist.

Wie werden die Microchipimplantate technisch gelesen?
Die Mikrochips kommunizieren über die radio-frequency identification (kurt: RFID) Sender-Empfänger Technologie. Ältere Chips Nutzen dabei eine niedrige Frequenz. Darauf können einzelne Nummern eins zu eins überschrieben werden. Die heutigen Implantate nutzen höhere Frequenzen und bieten dadurch mehr Sicherheit. “Die Sicherheit bei der RFID-Technologie ist in soweit gegeben, dass die Mikrochips nur auf sehr geringe Distanz gelesen werden können”, so Klaus Patenberg, Verbraucherzentrale NRW.

Das können die Mikrochipimplantate

“Die ursprüngliche Vision war: Was haben alle Menschen weltweit, wenn sie das Haus verlassen, bei sich? Das sind Portemonnaie, Handy und Schlüssel”, erzählt Patrick Kramer. Daraus galt es, eine Lösung zu schaffen, die das Leben nicht weiter kompliziert macht, sondern vereinfacht.

An einem konkreten Beispiel erklärt er weiter: “Um das mal ganz bildlich zu beschreiben: Stellen Sie sich vor, Sie haben auf dem kleinen Reiskorn zwei Schubladen. Die eine Schublade enthält eine Nummer. Mit dieser Nummer melde ich mich an digitalen Geräten um mich herum an. Die andere Schublade ist leer. Da kann ich quasi alles drauf schreiben, was ich möchte”.

Quelle: www.digiwell.com

Die Nummer der ersten Schublade könne beispielsweise zum Öffnen von Haus- und Autotüren genutzt werden. Aber auch, um sich am Handy oder am Laptop anzumelden. In der zweiten Schublade können Daten gesichert werden. “Die meisten, die ich kenne, haben entweder ihre Visitenkarte darauf oder einen Link zu einem Online-Fotoalbum oder dem Ehegelübde”, so Kramer. Auch Lerninhalte von Studierenden darauf zu speichern, wäre denkbar.

Das individuelle Anfertigen von Implantaten ermöglicht auch die Nutzung eines Chips als Ersatz für die Uni-Card, erklärt Sven Becker: “Speziell für die TU Dortmund haben wir das jetzt noch nicht ausprobiert. Testweise haben wir das aber schon mal mit anderen gemacht. Je nachdem, was für ein Chip in der Uni-Card verbaut ist, kann das recht aufwendig sein. Da ist die Frage, ob sich das überhaupt lohnt”.

Was für den Gesunden vielleicht ‘nice to have’ ist, kann für den Kranken eine Frage von Überleben sein.

Die Tür mit einem Chip im eigenen Körper zu öffnen, mag für viele nur ein “cooles Gadget” sein. Für Menschen mit einer Beeinträchtigung kann es dagegen den Alltag deutlich erleichtern.

Auch das Speichern von “In Case of Emergency”-Daten, kann im Ernstfall entscheidend sein. Dazu gehören zum Beispiel Unverträglichkeiten oder die Blutgruppe. Kramer: “Was für den Gesunden vielleicht ‘nice to have’ ist, kann für den Kranken eine Frage von Überleben sein”. Und wer sich dann doch Sorgen um den Datenschutz mache, der kann seine Informationen mit einem Passwort sichern. “Ich kann aber auch nur eine Handynummer einspeichern, die der Arzt dann anrufen kann. Dann kann im Gespräch entschieden werden, was man sagen möchte, oder auch eben nicht sagen möchte”, sagt Patrick Kramer.

“Mit dem Gesundheitsministerium hatten wir neulich einen Austausch. Da geht es darum, Mikrochipimplantate zu nutzen, um ein Coronatestergebnis darauf zu speichern”, sagt Kramer. Dabei gehe es nicht darum, Menschen zu kontrollieren oder dazu zu verpflichten. Im Gegenteil. Es gehe darum, die Information besonders gut zu sichern und zu verschlüsseln, besser als es mit der Papierform aktuell möglich ist.

Medizinische Risiken

Die medizinischen Risiken beschränken sich laut Sven Becker und Patrick Kramer auf den Wundheilungsprozess direkt nach der Implantation. Ähnlich wie bei einem Piercing. Voraussetzung dabei sei es, dass das Implantat professionell und steril eingesetzt wird, um Entzündungen zu vermeiden.

“Dass sich jemand einen bereits implantierten Chip in der Hand zerbrochen hat, hab ich noch nicht erlebt. Bis es so weit käme, wären die Kräfte, die da wirken, so groß, dass er oder sie wahrscheinlich ganz andere Probleme hätte”, beschreibt Sven Becker.

Was könnte in Zukunft passieren?

“Die Frage, die mich dazu immer beschäftigt, ist eigentlich immer: Was passiert, wenn sich der Mensch mit immer mehr digitalen Schnittstellen versorgt? Wie ändert sich Kommunikation in Zukunft? Kann ich Empathie auch irgendwann digitalisieren? Und wie funktioniert Lernen eigentlich, wenn ich mir den Stoff direkt in die Gedächtniscloud hochlade?”, visioniert Patrick Kramer.

Beitragsbild: www.digiwell.com

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