Cinderella kniet in dreckigen Sachen im Raum und schrubbt den Boden. „Geh Kaffee holen“, befiehlt ihre Mutter. Als sie raus eilt, stellen ihr ihre rothaarigen Stiefschwestern lästernd ein Bein und lachen sie aus: „Du gehörst in den Stall, nicht auf einen Ball.“ Plötzlich tönt aus dem Publikum die Stimme eines kleinen Mädchens: „Die will ich nicht als Schwestern haben!“
Die beiden Schwestern – das sind die Schauspielerinnen Talisa Lara und Bianka Lammert. Sie spielen in diesem Jahr beim Weihnachtsmärchen des Kinder- und Jugendtheaters (KJT) Dortmund mit. Gespielt wird das Kindermärchen „Cinderella“ und die beiden Frauen spielen die Stiefschwestern der Hauptfigur. Fast 50 Vorstellungen in drei Monaten gehen im Schauspielhaus am Hiltropwall über die Bühne.
Für die beiden Schauspielerinnen ist das Weihnachtsmärchen etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil sie fast 50 Mal dasselbe Stück spielen, sondern auch, weil der Großteil des Publikums bei vielen Aufführungen aus Kindern besteht. Denn viele Vorstellungen finden vormittags statt, damit auch Schulklassen kommen können.
Ob die beiden lieber vor Kindern oder Erwachsenen spielen, können sie nicht sagen. „Beides hat Vor- und Nachteile“, sagt Lammert. Aber eines sei klar: „Es fühlt sich ganz anders an!“ Bei Kindern kriege man sofort Reaktionen auf das, was gespielt wird, erklärt Lammert. „Diese Unmittelbarkeit gefällt mir richtig gut. Bei Erwachsenen ist die Reaktion meistens sehr viel zurückhaltender.“ Auch Talisa Lara findet, dass die Kinder sehr viel schneller reagieren: „Positives Feedback bekommst du beim Spielen vor Kindern sofort. Die Kleinen nehmen dich wirklich als die Person wahr, die du spielst, und fiebern total mit. Sie nehmen diese Illusion des Theaters mit nach Hause, das finde ich total schön.“
Erwachsene würden realistischer denken. Trotzdem hörten sowohl Erwachsene, als auch Kinder immer gespannt zu, meint Lara. Und es gibt in beiden Gruppen auch mal Menschen, die einschlafen oder während eines Stückes ihr Handy benutzen. „Die Konzentrationsspanne vor allem bei den Kindern hat in den letzten Jahren stark abgenommen“, ist sich Lammert sicher. Aber, wenn die Kinder an eher ruhigen Passagen unruhig werden, kriege man das sofort mit und könne auch dementsprechend reagieren. „Gerade im KJT versuche ich immer noch etwas heiterer und aufgeweckter zu spielen, damit die Kinder dranbleiben“, sagt sie.
Die Proben für das Stück haben im September, etwa acht Wochen vor der Premiere am 15. November, begonnen. Obwohl Lara und Lammert als Stiefschwestern die „Bösewichte“ sind, werden die Kinder sie nicht ausbuhen, ist sich Lara bei der Probe eine Woche vor der Premiere sicher: „Egal welcher Bösewicht, die Kinder wollen einen nach der Vorstellung trotzdem immer kennenlernen und ein Autogramm aufs Plakat bekommen.“ Außerdem würden sie eher über die beiden Schwestern lachen: „Wir hauen uns und fallen auch hin, stellen uns das Bein…richtig böse sind wir also nicht, auch, wenn wir Cinderella manchmal ganz schön mobben“, schmunzelt sie.
Bianka Lammert gefällt das Weihnachtsmärchen besonders gut, weil das gesamte Ensemble mit dabei ist. „Da ich in den letzten Jahren meine beiden Kinder bekommen habe, konnte ich ein paar Mal nicht mit dabei sein. Das war schon schade“, erinnert sie sich zurück. Trotzdem sei das Weihnachtsmärchen mit den vielen Aufführungen „nicht ganz ohne“. Die fast 50 Vorstellungen bedeuten auch, dass man teilweise zwei- und sogar dreimal an einem Tag dasselbe Stück spielt. Besonders ungünstig finden die beiden Schauspielerinnen die Aufführungen rund um Weihnachten: „Wir spielen am 23. und am 25. und 26. Dezember. Das bedeutet für mich, dass ich gar nicht nach Baden Baden zu meiner Familie fahren kann, um mit ihnen gemeinsam zu feiern“, erzählt Talisa Lara – das sei das erste Mal, dass sie nicht mit ihrer Familie zusammen feiern könne. „Aber trotzdem freue ich mich auf die vielen Aufführungen, denn man kommt dann nach und nach in so eine Routine rein“, sagt Lara.
Routine heiße für sie aber nicht, dass sie sich dann „darauf ausruhen“ könne. Stattdessen bedeute es, dass sie freier beim Spielen sei und dadurch zum Beispiel Pannen aufnehmen und darauf reagieren könne. Besonders interessant sind für die Schauspielerinnen auch die Reaktionen der Zuschauer:
Als die Hochzeitsgesellschaft des glücklichen Paares auf den goldenen Treppen zum Palast steht und anfängt, eine verrückte Choreographie zu tanzen, steht ein Junge im Publikum auf und tanzt einfach mit. Die Erwachsenen im Publikum lächeln.
Cinderella läuft noch bis Ende Januar im Schauspielhaus. Tickets und Termine gibt’s unter www.theaterdo.de