Erst vor ein paar Wochen hat in Dortmund der evangelische Kirchentag stattgefunden. Mehr als 100.000 Christen kamen dabei zusammen, um ihren Glauben zu feiern. Der Dortmunder Soziologe Aladin El-Mafaalani fordert nun etwas Ähnliches: einen bundesweiten “Muslim-Tag”.
Im ersten Moment könnte man Aladin El-Mafaalani’s Aussagen provokant finden. “Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt”, heißt ein Buch des Dortmunder Soziologen und Politikwissenschaftlers. Am Montag (1. Juli) dann die nächste Schlagzeile: El-Mafaalani möchte einen Kirchentag für Muslime einführen. Das soll er auf dem Kongress “Muslimisches Engagement in NRW” gesagt haben, berichtete die WAZ.
Damit fordert der 41-Jährige eine Veranstaltung, bei der Muslime ihren Glauben feiern können – so wie beim evangelischen Kirchentag, der erst vor Kurzem in Dortmund war. El-Mafaalani will außerdem, dass der erste (hypothetische) Muslim-Tag in NRW stattfindet. Alles andere wäre eine “Katastrophe”, zitieren ihn die Ruhr Nachrichten.
Experte unterstützt die Idee
Die Forderungen von El-Mafaalani könnten mehr sein als nur leere Behauptungen. Der Dortmunder ist nämlich nicht nur Soziologe und Politikwissenschaftler an der Universität Osnabrück, sondern auch Regierungsberater von NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP).
Aus Expertenreihen kommt Zustimmung zu dem Vorschlag: Bei einem Muslim-Tag würde ein Forum entstehen, in dem sich eine Streitkultur und ausgleichende Instanz etablieren könnte. Das findet zumindest Johann Büssow.
Der Islamwissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum glaubt, dass die Muslime in Deutschland bisher zu regional aufgestellt sind. “Im Kleinen ist es sehr schwierig, zusammenzukommen. Da sind die Strukturen noch nicht so ausgeprägt”, sagt Büssow.
Durch einen Kirchentag könnte sich das ändern und ein größerer Austausch stattfinden. Büssow sagt zudem:
Sich öffentlich auf einem Podium anderen Argumenten zu stellen, kann eine sehr positive, fast heilsame Wirkung haben.
Wichtig sei hierbei aber, dass sich die Muslime nicht rechtfertigen müssten, sondern den Muslim-Tag vor allem als Austausch für sich selbst nutzen würden.
Bei Integration entstehen “neue Probleme”
Der Dortmunder El Mafaalani ist selbst Einwandererkind der zweiten Generation mit syrischen Wurzeln. Bei seiner Arbeit konzentriert er sich generell auf Themen wie Migration und Integration. Sein 2018 erschienenes Buch “Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt” beschäftigt sich mit der Frage, was Migration mit unserer Gesellschaft macht und wie integrationsfähig diese überhaupt ist.
Zwar seien die Rahmenbedingungen für eine Integration heute sehr gut. Das würde aber zu neuen gesellschaftlichen Problemen führen. Denn das Bildungsniveau von Migranten sei in den vergangenen Jahren gestiegen, und damit auch das Bedürfnis nach mehr Teilhabe in der Gesellschaft.
Islamwissenschaftler Johann Büssow meint: “Dass neue Probleme entstehen, sollte man nicht als gescheiterte Integration sehen.” Damit müsse man umgehen können in einer pluralistischen Gesellschaft. Ein Kirchentag für Muslime könnte diese Probleme ansprechen. Nur für realistisch umsetzbar hält der Bochumer Wissenschaftler die Idee bisher noch nicht.
Wir haben uns auf dem Campus der TU Dortmund umgehört, was ihr von einem “Muslim-Tag” haltet. Das habt ihr geantwortet:
Beitrags- und Teaserbild: David Monje via Unsplash