19 Universitäten und Universitätsverbünde gingen ins Rennen um den Titel als “Exzellenzuniversität”. Elf gewannen und acht verloren. Und der Rest war gar nicht angetreten. Anstatt auf einzelne Universitäten zu setzen, sollten mehr finanzielle Mittel für alle staatlichen Universitäten zur Verfügung gestellt werden, denn unter dem Status “Exzellenzuniversität” leiden letztlich die Forschung, die Hochschullandschaft und die Studierenden in Deutschland.
“Exzellenzuniversität” – in anderen Ländern würden wir sie auch “Eliteuniversität” nennen. Hochschulrankings gibt es viele und meistens stehen britische oder US-amerikanische Universitäten an der Spitze und bilden “die Elite”. Das sind die Besten, die Auserlesenen, genau die, die die besten Startbedingungen haben, die Allerbesten der Besten. Und wie viel Elite steckt in Deutschlands Universitäten? Seit Kurzem können sich elf deutsche Hochschulen mit dem Titel “Exzellenzuniversität” schmücken, darunter die RWTH Aachen und die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, gleich drei Universitäten im Universitätsverbund in Berlin und die LMU in München. Sie werden für sieben Jahre eine Millionenförderung aus Mitteln des Bundes und der Länder erhalten, bis sie beim nächsten Wettbewerb ihr Elitepotenzial von Neuem unter Beweis stellen müssen.
“Die Exzellenzstrategie ist ein Förderprogramm von Bund und Ländern zur nachhaltigen Stärkung der Spitzenforschung und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Universitäten”, so beschreibt es die offizielle Erklärung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Diese Spitzenuniversitäten hätten das Ziel, eine Wirkung auf die gesamte Hochschullandschaft zu haben. “Die Leuchttürme” der Forschung. Ungefähr so, als würden sie etwas von ihrer Strahlkraft an alle anderen Hochschulen abgeben. So heißt es zumindest. Bewerben um den Titel der Exzellenzuniversität können sich nur diejenigen, die sich bereits durch zwei “Exzellenzcluster” profiliert haben, über Forschungsprojekte also, die schon vorher durch Bundes- und Ländermittel gefördert wurden. Insgesamt stehen jährlich 533 Millionen Euro zur Verfügung; 148 Millionen Euro für die sogenannten Exzellenzuniversitäten und 385 Millionen Euro für die Exzellenzcluster. Die jeweilige Hochschule oder der jeweilige Universitätsverbund erhält maximal 28 Millionen Euro. Ein Drittel davon bezahlt der Bund, den Rest das jeweilige Bundesland.
Die Qualität der Forschung und der Lehre leidet unter dem Titel
Forschung ist nicht immer erfolgreich, denn manchmal ist auch ein Neustart für ein Projekt notwendig. Wo bleibt der Mut und die Motivation für Forschung und Lehre auch mal zu scheitern und neu anzufangen, wenn sich die Universitäten nur auf einen Wettbewerb konzentrieren, um finanzielle Mittel zu erhalten? Während alle Kapazitäten auf den Wettbewerb ausgerichtet waren, blieb keine Zeit und kein Geld für eine Vermittlung von wissenschaftlicher Forschung, für Studierende und für studienbegleitende Projekte. Studierendenvertretungen von zehn Universitäten kritisieren die Strategie, darunter auch Vertretungen der Universitäten, die selbst auf den Titel hofften. Laut der linken Hochschulpolitikerin Nicole Gohlke sei die Qualität in der Betreuung für Studierende und die Lehre nicht in der Exzellenzstrategie berücksichtigt.
An den Universitäten wird der Wettbewerb monatelang intensiv vorbereitet, Stellen geschaffen, um mehr Chancen auf den Ehrentitel zu ergattern, während in anderen Bereichen zugunsten des Wettbewerbs massiv abgebaut wird. Die Konzentration ist auf den Wettbewerb gerichtet, auf das Ziel der Finanzierung. Und wie die Studierenden genau von der Exzellenzstrategie profitieren, bleibt ebenfalls unklar. Denn wenn alles zugunsten der Forschung ausgerichtet ist, bleibt die Lehre auf der Strecke. Besonders die Studierendenschaft der Universität in Freiburg kritisierte die Exzellenzstrategie und wies auch darauf hin, dass viele Universitäten unterfinanziert seien.
Der regionale Wettlauf um Prestige
Im Osten hat es nur die TU Dresden “geschafft” und so scheint es, als mache der ewig schwelende Ost-West-Konflikt auch vor der Wissenschaft keinen Halt. Der FDP-Bildungssprecher sprach vom “abgehängten Osten” und forderte, dass mehr in die Forschungsinnovation im Osten investiert würde. Mit der Strategie der Exzellenzuniversitäten werden Standorte gefördert, die bereits vorher einen begünstigten Status hatten und bei vielen fachübergreifenden Forschungsprojekten und Exzellenzcluster gefördert wurden. Besonders profitieren Universitäten, die sich im Südwesten Deutschlands befinden von den Fördergeldern, während viele andere leer ausgehen, wie zum Beispiel auch die Fachhochschulen, die gar nicht erst zum Wettbewerb zugelassen sind. Ganz nach dem Motto : “Wer schon hat bekommt noch mehr”.
Die deutsche Forschungsgemeinschaft gibt zur finanziellen Förderung einen Atlas heraus, der auf einer Deutschlandkarte darstellen soll, an welchen Standorten welche Fächer gefördert werden. Vor allem zeigt er, dass hauptsächlich naturwissenschaftliche Fächer unterstützt werden, während geistes- und sozialwissenschaftliche Bereiche die Schlusslichter bilden. Er zeigt auch die größeren Förderungsmaßnahmen im Südwesten. Selbst am Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 14 öffentlich-rechtlichen Hochschulen haben nur zwei Universitäten den Exzellenzstatus erreichen können. Die Strategie zerreißt die Hochschullandschaft regional und fachlich, denn eine faire Verteilung von Fördermitteln ist schließlich nicht gegeben, wenn die bereits Geförderten noch mehr erhalten. Überhaupt – woran ist denn der Elitestatus einzelner Universitäten überhaupt messbar?
Nicht nur wissenschaftlicher Eifer entscheidet – sondern vor allem die Politik
Laut der deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsrat, die das Auswahlverfahren leiteten, ginge es bei dem Wettbewerb allein um wissenschaftliche Kriterien. Doch die Politik hat dabei auch nicht gänzlich untätig zugesehen. Gewonnen haben Universitäten, die sich bereits im Voraus an selbstbewussten Wissenschaftspolitik erfreuen konnten. So ist da zum Beispiel Berlins Bürgermeister Michael Müller, der in den letzten Jahren intensiv in Forschung und Lehre investiert hat.
Und nicht nur das, denn die ausgewählten Universitäten sollen schließlich die Leuchttürme sein, die die deutsche Forschung so international repräsentieren. Die Idee ist nicht erst kürzlich entstanden. Im Kabinett Schröder rief die damalige Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn den Wettbewerb ins Leben mit der Idee nur zwei bis drei Universitäten fördern zu wollen. Da dies jedoch in der Kritik stand, wurde die Anzahl der geförderten Hochschulen seit 2006 Runde um Runde erhöht. Deutschland wollte seine Hochschulen also auch in der Welt präsentieren und das Land als Wissenschaftsstandort attraktiver machen. Normalerweise sind im weltweiten Ranking nur drei deutsche Universitäten unter den Top 50 gelistet. Der Wunsch nach einem deutschen Harvard schien größer zu sein, als der nach einer umfassenden Förderung der gesamten deutschen Hochschullandschaft.
Eine Förderung für alle Hochschulen ist notwendig
Statt nur einzelne Hochschulen konkret zu fördern braucht es eine umfassende Verbesserung, wie Studium, Lehre, Forschung und Wissenschaft unterstützt werden kann. Nicht nur an auserlesenen Standorten, sondern in ganz Deutschland. Denn während einzelne, hier elf, Auserwählte alles bekommen, stehen andere ohne diese enorme Menge an finanziellen Mitteln daneben. Denn auch im Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung stellt sich die Frage, was denn eigentlich die Studierenden von der Strategie hätten. Es sollte doch weniger um das internationale Prestige gehen, als um das Interesse an deutscher Forschung an sich. Mit dem Wettbewerb erschafft man sich die Konkurrenz, obwohl es bei der Wissenschaft doch auch um Austausch, um Kooperation, um gemeinsames Arbeiten gehen sollte. Durch die Exzellenzstrategie entsteht ein Zwei-Klassensystem, das die einen fördert un die anderen nicht. Dabei sollte es doch an jeder Universität eine erstklassige Ausbildung geben, für jeden Studierenden gleiche Startbedingungen.