“Wo wohnen wenig kostet” – dieser Slogan eines bekannten deutschen Möbelhauses spiegelt in großen Teilen die Wohnungsbaupolitik in Deutschland wieder. Eigentlich will man „qualitätsvollen, sicheren und bezahlbaren“ Wohnraum – vor allem in den Großstädten. Nicht umsonst fließen dafür jährlich Millionen Euro vom Staat in die Haushalte der einzelnen Städte und Kommunen.
In Dortmund verfallen am Freitag (13.12.2019) knapp zehn Millionen Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau. Dabei ist sozialer Wohnungsbau für die Investoren doch so viel attraktiver geworden in diesem Sommer. Warum also möchte niemand investieren? Und warum ist es so schwer, Antworten auf diese Frage zu finden?
Die Wohnungsmarktsituation in Dortmund spannt sich an
Aktuell werden die Sozialwohnungen in Dortmund sogar weniger: Laut Ruhrnachrichten waren es im Jahr 2017 noch 22.200 Sozialwohnungen, 2018 waren es dann nur noch 21.900. Und das, obwohl rund 90.000 Haushalte in Dortmund einen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Also können nicht mal 30 Prozent dieser Haushalte tatsächlich in öffentlich geförderten Wohnungen wohnen.
Und auch für Studenten ist es oft nicht einfach, in Dortmund eine Unterkunft zu finden. Die Wohnheime sind dauerhaft ausgelastet, die Wartelisten lang. Das Studierendenwerk in Dortmund ist zwar für insgesamt 16 Wohnanlagen verantwortlich, darunter 12 in Dortmund. 2.682 Plätze stehen den Studierenden der TU und FH zur Verfügung. Im Oktober 2019 befanden sich dennoch rund 1000 Personen auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz. Freie Plätze gibt es also gar nicht.
Sozialer Wohnungsbau ist für die Unternehmen – zumindest auf dem Papier – attraktiver geworden. Die Stadt Dortmund bekommt nämlich jährlich Fördergelder vom Land NRW für öffentlich geförderten Wohnungsbau, wie viele andere Städte auch. Die nun zu Beginn des Jahres 2019 festgelegten Mietstufen und Fördergelder wurden jedoch zum 01.06.2019 für Dortmund so verändert, dass die Stadt für sozialen Wohnungsbau attraktiver werden sollte: Dortmund bekam für dieses Jahr 39,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Die Bedingung: Das Geld muss in sozialen Wohnungsbau fließen. Das Problem: Das Geld verfällt am 13.12.2019. Zusätzlich – und das ist das vermeintlich Interessante für die potenziellen Investoren – wurde die Stadt Dortmund in die nächsthöhere Mietenstufe eingeordnet: Mietenstufe 4.
Das heißt: Wer Fördergelder nimmt, zahlt dafür keine Zinsen, muss auch weniger zurückzahlen und kann höhere Mieten verlangen, nämlich 6,20 Euro pro Quadratmeter an Kaltmiete für sozialen Wohnungsbau. Laut Wohnraumförderungsgesetz aus dem Jahr 2001 sind die Zielgruppen für sozialen Wohnungsbau „Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind“.
Oft sind strenge Regelungen das Problem
Viel Geld zum Bauen und vermutlich mehr Mieteinnahmen- dennoch gibt es einige Gründe, nicht in Dortmund zu bauen. Diese Gründe teilte die Firma Wilczek Immobilien Management der Redaktion auf Anfrage mit: Die Grundstückspreise seien sehr hoch. Außerdem seinen die Bebauungspläne oft zu streng, um die geplanten Häuser so zu bauen, wie der Bauherr sich das vorstellt. Auch strenge Vorgaben der Grundstücksverkäufer seien oft problematisch, denn diese wollen ihre Immobilien zum Beispiel nur an Eigennutzer verkaufen, so ein Sprecher der Firma. Das Unternehmen selbst baue zur Zeit “leider” nicht in Dortmund, man habe aber bereits gute Erfahrung mit der Bearbeitung der Anträge bei der Stadt Dortmund gemacht. Andere Bauunternehmen, die in der Vergangenheit auch schon in Dortmund Sozialwohnungen gebaut hatten, wollten sich dazu nicht äußern.
Viele Kommunen bleiben auf den Fördermitteln sitzen
Nicht nur in Dortmund hat man Probleme damit, die Fördermittel auszuschöpfen, um das zu bauen, was gebraucht wird. Schon in der Vergangenheit hatte es immer mal wieder Fälle von nicht genutzten Geldern gegeben: Im September 2017 berichtete beispielsweise die Rheinische Post über 500 Millionen Euro aus einem Förderprogramm zur Sanierung von Schulen. Laut Rheinischer Post hatten die NRW-Kommunen bis Ende August 2017 aber noch nicht einmal ein Viertel der Fördergelder beantragt.
Die nordrhein-westfälische Bau- und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) sah die Schuld damals bei den technischen Ämtern selbst: Grund sei unter anderem die geringe Personalausstattung.
40 Millionen – aber scheinbar nur eine zuständige Person
In Dortmund ist anscheinend nur eine einzige Person bei der Stadt für das Thema der Presse gegenüber zur Auskunft berechtigt und diese war dauerhaft nicht zu erreichen. Über Wochen hinweg war es also nicht möglich, ein Statement von der Stadt zu bekommen.
Erst nach mehrmaliger Nachfrage erhielt KURT doch noch eine Antwort: Der Bewilligungsschluss wurde um zwei Wochen verlängert. Die Fördergelder würden nun erst am 13.12.2019 verfallen und nicht schon am 30.11.2019, wie ursprünglich vorgesehen. Außerdem lägen der Stadt derzeit Förderanträge in Höhe von rund 31 Millionen Euro vor. Allerdings könnten nicht alle Anträge direkt bewilligt werden. Bis Ende November wurden daher erst rund 10 Millionen Euro bewilligt. Bei den restlichen Anträgen fehlen beispielsweise noch Unterlagen, aber man arbeite “mit Hochdruck daran” auch diesen Anträgen noch rechtzeitig eine Zusage zu erteilen und gehe davon aus, dass bis zum 13.12.2019 rund 30 Millionen Euro bewilligt werden können.
Auf die Frage, warum aus Sicht der Stadt Dortmund niemand in sozialen Wohnungsbau investieren wolle, führte ein Sprecher der Stadt folgende Gründe an: Die Planung und Bewilligung von geförderten Wohnungsbauprojekten habe einen sehr langen Vorlauf. Da die Fördermittel für Dortmund erst zum 01.06.2019 wirksam wurden, war schlichtweg nicht genug Zeit. Außerdem komme die Bauwirtschaft langsam an ihre Kapazitätsgrenzen und Bauland würde stetig teurer.
Wie auch das Unternehmen Wilczek Immobilien Management, nennt auch die Stadt die rechtlichen Anforderungen als zusätzlichen Grund, warum sozialer Wohnungsbau nicht attraktiv genug ist: Dazu würden zum Beispiel Brandschutzvorgaben, Barrierefreiheit und die Gewährleistung von Stellplätzen zählen.
Bleibt die Frage offen, wo Menschen, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, in Zukunft wohnen sollen.
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