Egal ob als Blüten, Tees, Kapseln, Sprays oder Öle. CBD gilt schon seit Längerem als das Wundermittel mit positivem Effekt auf den menschlichen Körper und die Psyche – angeblich ganz ohne Nebenwirkungen. Doch wie wirksam sind CBD-Öle wirklich?
Auf Instagram werben Influencer mit Rabattcodes für die Öle, die Cannabidiol – also CBD – enthalten. Es ist neben THC das zweithäufigste Cannabinoid in der Hanfpflanze. Aber anders als Tetrahydrocannabinol, auch THC genannt, wirkt CBD nicht psychoaktiv und macht somit auch nicht high. Es soll bei Schlafstörungen, Entzündungen, Angstzuständen und sogar bei Schmerzen helfen.
CBD-Öl ist nicht gleich CBD-Öl
Die CBD-Öle, die auf Social Media beworben werden, sind freiverkäufliche Nahrungsergänzungsmittel. CBD-Öle gibt es aber nicht nur in dieser Form, sondern auch als verschreibungspflichtige Arzneimittel. Für diese Arznei-Öle fanden Studien Hinweise auf eine therapeutische Wirkung gegen Angst- und Schlafstörungen. Die Datenlage ist hier allerdings auch dabei nicht so eindeutig, dass diese Effekte abschließend wissenschaftlich
belegt sind.
Kirsten Müller-Vahl ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie an der Medizinischen Hochschule Hannover und beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Cannabis-basierten Medikamenten. “Es gibt Hinweise darauf, dass CBD eine therapeutische Wirkung hat, aber wir sprechen hier von ganz anderen Dosierungen als bei freiverkäuflichen [Nahrungsergänzungsmitteln]. CBD als Arzneimittel ist verschreibungs,- aber nicht betäubungsmittelpflichtig. Es handelt sich zwar um die gleiche Substanz”, so Kirsten Müller-Vahl, “aber die Konzentration ist im Vergleich zu CBD als Arzneimittel viel geringer. Somit müsste der Konsument beispielsweise – je nach Konzentration – die halbe Flasche austrinken, um einen positiven Effekt zu bemerken”.
Freiverkäufliches CDB-Öl wird üblicherweise in 10 Milliliterflaschen mit einer CBD-Konzentration von 5 bis 15 Prozent verkauft. Eine Flasche mit 10 Prozent enthält je nach Qualität zwischen 900 und 1.000 Milligram CBD — und kann durchaus 50 Euro kosten. Zum Vergleich: In einer Studie, in der CBD gegen Angststörungen eingesetzt wurde, nahmen Probanden 800-1000 mg CBD pro Tag, ehe Hinweise auf einen Effekt bemerkbar wurden. Um einen therapeutischen Effekt festzustellen, müsste ein Konsument also mindestens eine Flasche des freiverkäuflichen Öles pro Tag trinken.
Irrtümliche Werbung und weniger Regulation
Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel und sind daher grundsätzlich nicht zur Behandlung von Erkrankungen geeignet. Tritt dennoch nach Einnahme geringer Dosen eine Symptomverbesserung ein, so ist von einem Placeboeffekt auszugehen. Die Hersteller der Produkte versuchen allerdings oft, dies zu verschleiern. “Besonders problematisch sehe ich, dass Nahrungsergänzungsmittel häufig wie Arzneimittel beworben werden. Den Herstellern ist schon bewusst, dass sie das eigentlich nicht dürfen. Aber anstatt dann Versprechen wie “Hilft gegen Kopfschmerzen” drauf zu schreiben, schreiben sie ein Zitat eines angeblichen Konsumenten hin. Der Verbraucher wird hier in meinen Augen getäuscht”, sagt Müller-Vahl.
Der CBD-Gehalt in CBD-Ölen, die als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, wird nicht besonders stark reguliert. Bei Nahrungsergänzungsmitteln darf der Inhalt nämlich bis zu 50 Prozent von den Angaben auf der Verpackung abweichen. Heißt: Eine Flasche mit 10 Prozent CBD-Anteil darf theoretisch auch nur 5 Prozent enthalten oder sogar 15 Prozent. Bei Arzneimitteln dagegen ist die Apotheke, die das Öl auf Rezept herstellen, dazu verpflichtet, das CBD-Öl auf genaue Mengenangaben zu testen.
Schwankungen auch beim THC-Gehalt
Aber nicht nur bei dem CBD-Gehalt gibt es bei den CBD-Nahrungsergänzungsmittel Schwankungen, sondern auch bei dem THC-Gehalt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) legte 2015 als niedrigste Dosis mit beobachtetem toxischen Effekt eine Dosis von 2,5 Milligramm THC pro Tag fest. Daraus folgt eine akute Referenzdosis, die angeben soll, wie viel CBD ein Verbraucher pro Tag ohne erkennbares Gesundheitsrisiko nehmen kann.
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hat mit diesen Werten 49 Hanf- und CBD-Produkte untersucht. “Besonders bemerkenswert ist, dass in Untersuchungen CBD-Öle dabei waren, wo relevante Anteile an THC drin waren. Diese waren zum Teil sogar so hoch waren, dass man bei einer Verkehrskontrolle ein Problem gehabt hätte”, sagt Müller-Vahl zu den Ergebnissen.
CBD-Öle derzeit eigentlich nicht erlaubt als Lebensmittel
CBD ist – anders als THC – kein Suchtmittel und darf deshalb grundsätzlich als Lebensmittelzutat verkauft werden. Allerdings war CBD vor 1997 nicht in nennenswertem Umfang im Verkehr. Damit fällt die Substanz unter die Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union. Für eine Zulassung dieser neuartigen Lebensmittel ist eigentlich eine Sicherheitsprüfung nötig. Solange es diese Sicherheitsprüfung nicht gibt, gilt das Lebensmittel laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel als nicht verkehrsfähig. Zwar sind zurzeit einige CBD-haltige Lebensmittel im Zulassungsverfahren, noch wurde aber für kein freiverkäufliches CBD-Öl eine solche Zulassung gewährt. Der Verkauf ist also streng genommen nicht zulässig.
Auch für CBD als Arzneimittel liegen bis heute kaum Studien vor. Zugelassen ist in Deutschland lediglich ein Fertigarzneimittel für seltene Epilepsieformen bei Kindern. Daneben kann CBD aber – unabhängig von einer Zulassung – als Rezepturarzneimittel verordnet werden. Der Mangel an Studien liegt zum einen an den enormen Kosten einer guten Studie mit robusten Daten, sagt Müller-Vahl: “Die Firmen, die im Moment CBD-Produkte vertreiben, sind häufig kleinere Firmen, die diese gigantischen Summen nicht aufbringen können”. Dazu komme das Risiko, dass die Studien negativ ausfallen können und alle positiven Effekte Placebo waren. “Wenn eine Firma viel Geld in Studien steckt und am Ende der positive Effekt bewiesen ist, freuen sich auch die anderen”.
Insgesamt lässt sich der Hype um CBD-Öle zurzeit wissenschaftlich nicht belegen. Zwar geben Studien Hinweise darauf, dass CBD als Arzneimittel einen positiven Effekt haben kann. Dafür müssen die Dosierungen an CBD aber deutlich höher liegen, als es für die frei als Nahrungsergänzungsmitteln verkäuflichen Produkten empfohlen wird. Wer an Beschwerden leidet, gegen die CBD-Öl angepriesen wird, sollte daher von freiverkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln Abstand nehmen. Im Zweifel lohnt sich ein Gespräch mit der Hausärztin – die kann dann gegebenenfalls ein Rezept für CBD aus der Apotheke ausstellen.
Teaser- und Beitragsbild: pixabay.com/Laura Teichmann