Im Alltag glücklicher und optimistischer sein? Das geht: Indem man an der eigenen Denkweise und Einstellung arbeitet. Glückscoach Sven Bauer gibt Tipps, um diesem Ziel näher zu kommen.
Sven Bauer hilft anderen Menschen bei ihrem persönlichen Glück auf die Sprünge. Als Glückscoach Sven hält er Vorträge, gibt Workshops und bringt den Teilnehmern bei, wie sie glücklicher werden können.
Bist du glücklich, Sven?
Grundsätzlich bin ich glücklich, aber auch in meinem Leben gibt es natürlich Sachen, die schon mal besser liefen. Also auch an mir geht Corona nicht spurlos vorbei, aber grundsätzlich bezeichne ich mich als glücklichen Menschen, klar.
Was ist Glück überhaupt?
Ich habe da eigentlich keine allgemeingültige Definition. Jeder muss für sich selber beurteilen, was ihn glücklich macht und seine eigene Definition entwickeln.
Was macht Leute unglücklich?
Auch das muss jeder für sich beurteilen. Aber es gibt durchaus Leute, die von Haus aus negativer sind. In der Theorie nennt sich das die vererbte Bandbreite des erreichbaren Glücks. Das kann man sich so ein bisschen vorstellen wie ein Glücksthermostat. Also bei einigen ist die Heizung ein bisschen heißer geschaltet und bei anderen ein bisschen kühler. Daran kann man tatsächlich nicht viel ändern. In anderen Themenbereichen aber schon. Da ist der Wille das Zentrale und die Frage, wie ich mit Dingen umgehe. Da kann man durch Übung eine ganze Menge machen.
Das erinnert mich an den Partner, mit dem ich den Podcast produziere. Bei ihm geht das sehr leicht mit dem Glücklichsein und ich tue mich eher etwas schwerer.
Ja, das ist bei Männern und Frauen nicht ungewöhnlich. Männer und Frauen sind im Durchschnitt gleich glücklich. Aber eben nur im Durchschnitt. Frauen können sowohl glücklicher als auch unglücklicher sein und häufig passiert das eben auch schneller. Also wir Männer pendeln da nicht so stark zwischen den Extremen.
Kann ich – zumindest für mich persönlich – so unterschreiben. Gibt es denn allgemein Dinge, die Glückspilze besser machen als Pechvögel?
Glückspilze pflegen ihr Glücksnetzwerk. Das heißt, dass sie sich viel mit anderen Leuten unterhalten. Und wenn sie dabei erwähnen, dass sie gerade auf Jobsuche sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Gesprächspartner entsprechende Beziehungen hat und man dadurch am Ende zu seinem Traumjob kommt. Und so tun Glückspilze eben aktiv etwas für das eigene Glück.
Ein weiterer Punkt ist, dass Glückspilze stärker auf ihr Bauchgefühl hören. Wir haben ja alle diese innere Stimme, aber uns wurde abtrainiert, darauf zu hören. Wir sollen nicht aus dem Bauch heraus entscheiden, sondern unseren Verstand benutzen. Unser Bauchgefühl konkretisiert aber die Dinge, die unser Verstand nicht bewusst aufgenommen hat, die in der alltäglichen Informationsflut untergehen. Ich sage nicht, dass man nur auf sein Bauchgefühl hören sollte. So nach dem Motto „Ach Mensch, die finde ich ganz nett. Ich glaub, die heirate ich mal“. Bei ganz wichtigen Entscheidungen sollte man schon ein paar Fakten zugrunde legen.
Du hast gerade eben gesagt, man kann auch durch Übungen die eigene Einstellung und Denkweise beeinflussen. Welche Tipps hast du dafür?
Es gibt da eine sehr schöne Symbolik, die die eigene Denkweise positiver machen kann. Stell dir eine Glasschale vor. In diese Glasschale packst du so viele Golfbälle, bis sie augenscheinlich voll ist, aber das ist sie nicht. Wenn du nämlich noch Murmeln dazu schüttest, landen diese in den Zwischenräumen der Golfbälle. Und trotzdem ist die Schale immer noch nicht komplett voll. Man kann nämlich noch Sand dazu schütten und auch der Sand wird noch Platz finden.
Die Glasschale kannst du dir als dein Leben vorstellen. In dein Leben kommen verschiedene Dinge rein. Die Golfbälle sind die wichtigsten Dinge deines Lebens. Die meisten nennen hier Freunde, Familie und Gesundheit. Die Murmeln sind mittelwichtige Dinge. Vielleicht Hobbys, Beruf, Studium oder Urlaub. Und der Sand ist der ganze kleine Mist, der so oder so in dein Leben kommt. Ob du willst oder nicht. Zum Beispiel eine nervige Verabredung, ein kaputtes Auto oder eine Steuererklärung. Entscheidend ist jetzt, dass du zuerst die wichtigen Dinge in dein Leben reinlässt. Wenn du erst den Sand reintun würdest und dann die Murmeln, dann würden nicht mehr alle Golfbälle reinpassen.
Wenn irgendwas doof läuft, über das ich mich ärgere, dann überlege ich: Was ist das in meinem Leben? Fast immer ist es Sand. Es sind ganz selten Murmeln und fast nie sind es Golfbälle.
Den Tipp kann ich aber natürlich nur in einer konkreten Situation anwenden. Gibt es auch tägliche Übungen, um kontinuierlich an der eigenen Denkweise zu arbeiten?
Ein Tipp ist, ein Dankbarkeitstagebuch zu schreiben. Da schreibst du dann jeden Tag auf, wofür du dankbar sein kannst. Und gerade hier in Deutschland können wir für ganz schön viel ganz schön dankbar sein. Mir persönlich ist das mit dem Dankbarkeitstagebuch aber tatsächlich zu aufwendig. Ich habe mir stattdessen angewöhnt, jeden Abend vorm Schlafengehen an drei Sachen zu denken, für die ich diesen Tag dankbar sein konnte. Und die sind in aller Regel klein. Es ist ja nicht „Ich habe im Lotto gewonnen, habe einen neuen Job gefunden und mein neues Auto ist toll“, sondern das sind „Ich hatte einen total tollen Spaziergang mit meiner Frau, ein leckeres Glas Rotwein und ein schönes Gespräch mit einem meiner Söhne“. Das bewirkt in mir dann ganz viel.
Man hat ja immer nur Platz für einen Gedanken in seinem Kopf. Und das sind dann eben positive Gedanken. Dann ärgere ich mich auch nicht oder sorge mich um all die Sachen, die vielleicht nicht so gut gelaufen sind. Sondern freue mich über die Dinge, die schön gelaufen sind.
Würdest du sagen, dass Glück zu einem Gesellschaftsideal geworden ist?
Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde und sagen, dass es ein Gesellschaftsideal ist. Aber es kommt mir schon so vor, dass das Thema in den Medien immer präsenter geworden ist. Das sehe ich auch im Supermarkt. Es gibt Glücksmarmelade, Glückstee, Glücksgrillwürstchen. Die Industrie würde ja nicht auf den Zug aufspringen, wenn das Thema egal wäre. Und wenn wir es mal ganz hart runterbrechen, ist es eigentlich das einzig relevante Thema. Das sag ich jetzt nicht, weil ich Glückscoach bin. Sondern: Es ist ja egal, ob ich groß, klein, dick, dünn, schwarz, weiß, bunt, gesund oder krank bin, solange ich dabei glücklich bin. Und niemand anderem schade.
Und wie ist deine Einschätzung zu Leuten, denen es sehr schwer fallen würde, Glück als Gesellschaftsideal zu entsprechen? Zum Beispiel Menschen mit Depressionen, die sich durch die mediale Thematisierung vielleicht noch mehr unter Druck gesetzt fühlen?
Das stimmt, das finde ich einen guten Einwand von dir. Natürlich ist es für diese Menschen noch schwieriger, wenn sie medial nur um die Ohren gehauen bekommen „Sei doch glücklich“. Depressionen sind ja eine Krankheit. Das ist ja nicht „Ich steh mal heute Morgen auf und mir geht‘s nicht so gut“. In meinen Vorträgen passiert mir das leider hin und wieder, dass Leute danach zu mir kommen und sagen „Hey, ich habe vor ein paar Monaten oder einem Jahr mein Kind verloren. Jetzt sag mir mal, wie soll ich glücklich werden?“ Und das ist ja auch eine Art Depression. Natürlich ist das dann nicht so, dass man sagt „Ach komm, wird schon wieder“, sondern man muss da wirklich ganz anders rangehen.
Hast du noch abschließende Worte, die wieder etwas positiver stimmen?
Kofi Annan [Anm. d. Redaktion: Ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen], der leider verstorben ist, hat mal gesagt: „Es gibt Optimisten und Pessimisten. Beide liegen falsch, aber der Optimist lebt glücklicher.“ Und da ist schon viel Wahres dran. Ich kann auch nicht bei jeder Situation sagen, dass das Glas halbvoll und alles super ist. Aber eine grundsätzlich positivere Einstellung kann man sich definitiv ein Stück weit aneignen.
Vielen Dank für das Gespräch, Sven!
Sehr gerne.