Royale Hochzeit: Kitsch und Kapitalismus

Hochzeiten der britischen Königsfamilie sind riesige Medienereignisse. Nach der Veröffentlichung der Verlobungsfotos von Prinz Harry und Meghan Markle ist klar: Die Trauung im Mai 2018 wird da keine Ausnahme sein. Leider. Eine Glosse.

Fast sieben Jahre ist es her, dass die Welt massenhaft mit den kitschig pompösen Bildern der Hochzeit eines britischen Prinzen überschüttet wurde. Es gab kein Entrinnen vor dieser Lawine aus kreischenden Menschenmengen, Union Jacks und wehmütig herausgeputzten Devotionalien des Viktorianischen Zeitalters. Und genau damit drohen die britischen Royals im Frühjahr 2018 wieder.

Niemand entkommt dem Kitsch …

Auch wenn im Königshaus die Uhren mitunter langsamer ticken, geht man manchmal doch mit der Zeit: Inzwischen gehört es ja zum guten Ton, die Verlobung zu einer Hochzeit vor der Hochzeit aufzubauschen. Es hat sich zu einer regelrechten Kunstform entwickelt, möglichst individuelle und kreative Hochzeitsanträge zu planen – als ob der Erfolg der Ehe davon abhänge. Wenn die Hochzeit eines der größten Medienereignisse des Jahres wird, darf dann das Medienecho durchaus auch lauter ausfallen. Aber perfekt inszenierte, herrlich gestellt wirkende Pärchenbilder mit schmalztriefenden Unterzeilen zu versehen? Das ist nicht zwangsläufig die höchste Spielart des Journalismus.

Wenn selbst Qualitätsmedien texten wie die nächstbeste 70-Cent-Illustrierte, erkennt man: Kitsch ist ansteckend! Und wie! Die Hochzeit von Kate und William vor sieben Jahren wurde in über 180 Ländern live übertragen. Hunderte Millionen Menschen sahen die Trauung. Es gab Kommentatoren, Vorberichte, eine Zusammenfassung und so weiter – fast wie ein Fußballspiel. Nur größer. In Deutschland übertrugen ARD, ZDF, RTL und Sat.1 parallel – die ersten drei Sender sechs Stunden, Sat.1 sogar 12 Stunden lang. Und RTL – man mag es kaum glauben – verzichtete ganze drei Stunden auf Werbung.

… aus gutem Grund

Wenn vier der größten TV-Sender eines Landes das gleiche, eigentlich ziemlich langweilige Ereignis über Stunden live begleiten, muss das Interesse der Zuschauer riesig sein. Fast alles, was im Entferntesten mit royalen Familien zu tun hat, hat Nachrichtenwert. Die Ironie dahinter ist nicht zu verkennen. Jeder schätzt seine Privatsphäre, nur für Promis und Royals soll das nicht gelten. Die Gesellschaft scheint einer Art kollektivem sozialem Voyeurismus anzuhängen. Und Paparazzi und Klatschpresse füttern die Süchtigen mit immer mehr Stoff. Diese Leute sind es, die im Mai bei der Hochzeit in Ekstase kreischen werden, nur weil sie aus der zehnten Reihe einen kurzen Blick auf das aus seiner Kutsche winkende Paar erhaschen konnten.

Und wie bei eigentlich allem treten auch hier findige Kapitalisten auf den Plan, die das Spektakel für sich nutzen wollen: Die offiziell lizenzierten Händler der britischen Regierung sind klar in der Unterzahl. Unzählige Anbieter produzieren wahrscheinlich wieder billige Souvenirs wie Regenschirme, Tassen oder T-Shirts mit dem Konterfei der Brautleute, die während der Hochzeit in Massen verkauft werden. An diesem Tag wird es wahrscheinlich mehr Porträts von Harry in London geben als von Kim Jong-un in Pjöngjang – und das ganz ohne Zwang.

Teaser-/Beitragsbild: flickr.com/raghavvidya, lizenziert nach CC BY-NC-ND 2.0.

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