TU-Student Hendrik Pfeiffer: Über seinen Hindernismarathon zu Olympia

Dass die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden konnten, war für viele Athleten eine Erleichterung. Hendrik Pfeiffer, Marathonläufer und Journalistik-Student an der TU Dortmund, war dabei. Doch sein Weg war durch eine stetige Verletzung nicht einfach. Jetzt nach Olympia kann er sich zu den Top 50 Marathonläufern der Welt zählen.

Deutschland auf der größtmöglichen sportlichen Bühne vertreten – das ist wohl der Traum eines jeden Hochleistungssportlers. Hendrik Pfeiffer ist Journalistik-Student an der TU Dortmund und wird von der Bundeswehr sportlich gefördert. Sein Weg zu den Olympischen Spielen war einerseits geprägt von Enttäuschungen und Verletzungen. Auf der anderen Seite waren da immer die Hoffnung und viel harte Arbeit. 2016 konnte der 28-Jährige nicht teilnehmen, auch fünf lange Jahre musste er hart dafür kämpfen, seinen Traum endlich zu verwirklichen. Unser Autor Humberto Mario Consuegra Cardozo hat mit dem Marathonläufer vom TV-Wattenscheid 01 gesprochen.

Seit wann träumst du von Olympia?

Geträumt von Olympia habe ich schon immer, aber spätestens seit 2015 als ich damals im Halbmarathon in Köln den deutschen U23 Rekord gelaufen bin. Da wusste ich dann, dass ich tatsächlich eine Chance habe, dahin zu kommen. Da wurde es für mich langsam realistisch.

Wann hast du dich für den Olympischen Spielen qualifiziert?

Am 24. April 2016 hatte ich in Düsseldorf auf der Marathondistanz erfolgreich debütiert. Ich erreichte dort eine Zeit von 2:13:11 Stunden und habe so die Nominierung für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro erhalten. Leider verlor ich auf den letzten Meter die Chance meinen Traum zu verwirklichen. Die Koffer bereits gepackt und für Olympia ausgerüstet, musste ich kurzfristig absagen.

Plötzlich so viel erreicht, rasch war alles wieder weg: Wie ging es dir damit?

Es war natürlich schade, weil ich mich so kurz vorher verletzt habe und dann nicht hinfahren konnte. Ich war sehr traurig, aber da wusste ich, dass ich es draufhatte. Ich habe eine Fersenverletzung gehabt. Ich konnte mich leider nicht mehr bis Olympia retten, ich musste halt vorher einfach unters Messer. Es war eine der schlimmsten Situationen bisher in meine Karriere. Und dabei war die Verletzung eigentlich unnötig und kam von den Schuhen, die im Fersenbereich zu hart waren. Wenn ich jetzt Bundestrainer wäre, dann würde ich jeden jungen Athleten auf diese Problematik hinweisen, sodass die von vornherein gar nicht ein solches Problem kriegen.

In Tokia hat Hendrik Pfeiffer, Marathon-Läufer und TU-Student, bei den olympischen Spielen am Marathon der Männer teilgenommen. Foto: Clive Brunskill/Getty Images

Wie ging es dann weiter?

Nach der Operation bereitete ich mich auf das nächste große Herzensziel vor. Die Teilnahme an der Europameisterschaft 2018 in Berlin. Ich qualifizierte mich, doch die Geschichte wiederholte sich. Die Beschwerden an der Ferse wurden so schlimm, dass ich die EM-Teilnahme auch absagen musste. Wieder OP, wieder Reha, wieder Beginn eines neuen Trainings.

Wie hast du diese schwere Zeit überwunden?

Abgesehen von der körperlichen Verletzung und der medizinischen Behandlung war die Fersenverletzung für mich zu einem traumatischen Erlebnis geworden. Es hat mich als Sportler und als Mensch psychisch stark getroffen. In dieser Phase habe ich sehr darunter gelitten. Man hätte die Reha intensiv durchziehen können, das wäre eine Herangehensweise gewesen. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mir besser getan hat, mich etwas völlig anderem zu widmen, das erstmal nichts mit Sport zu tun hat. Weil sich meine Gedanken ständig um diese Verletzung und die Enttäuschung gedreht haben. Das ist auf jeden Fall eine der wichtigsten Lehren in meiner Karriere.

Hendrik Pfeiffer hat vor den Olympischen Spielen am Trainingslager in Kenia teilgenommen.

Es scheint, als wäre deine Sportlergeschichte von sehr vielen dramatischen Erlebnissen geprägt gewesen. Hast du damit gerechnet, deiner Sportkarriere bei den Olympischen Spielen eine beispiellose Wendung zu geben?

Ja, für mich ist die Teilnehme die Wendung. Ich hatte mich bisher für fünf große Meisterschaften qualifiziert, also zweimal für Olympia, und die Europameisterschaften 2016, 2018 und 2020. Das sind die Höhepunkte, die ich mir gesetzt habe. Aber ich bin bisher nicht einmal gestartet.

Wie hat es sich für dich angefühlt, endlich Olympia zu erreichen und dann ohne Zuschauer laufen zu müssen?

Das war sehr traurig. Gerade als das bekannt gegeben wurde, hat es mein Training negativ beeinflusst. Einfach weil ich gedacht habe, dass ich dafür mein Leben lang gearbeitet habe. Und ich finde es unwürdig für Olympia, dass ausgerechnet da keiner zuschaut. Vor allem in einem Land wie Japan, wo Marathon das ist, was bei uns in Deutschland Fußball ist: Volkssport Nummer eins. Aber es war nach wie vor so, dass Olympia stattfinden sollte und das war das allerwichtigste.

Hendrik Pfeiffer trainierte in Kenia 14 Wochen. Foto: Pfeiffer

Nun hast du dein Ziel erreicht. Wie fühlt es sich an, endlich am Ziel angekommen zu sein und unter den Top 50 Athleten zu stehen?

Für mich hat sich endlich dieser Kreis geschlossen. Ich habe meine Teilnahme erreicht und meinen Lebenstraum verwirklicht. Wie ich abschneide, war für mich zwar trotzdem wichtig, aber in Grunde zweitrangig, weil für mich die Teilnahme das große Ziel war.
Ich war mit meiner Bestleistung auf Position 75 von 105 Teilnehmern gemeldet. Das war eine gute Position, da ich ohne Druck laufen könnte, weil einfach das Hauptziel schon abgehakt war. Und trotzdem ist es mir gelungen, viele Plätze gutzumachen.

Wie geht es jetzt für dich weiter?

Nach Olympia habe ich auf jeden Fall einen Monat, wo das Training erstmal nur nach Lust und Laune stattfindet. Und in Paris bei den Olympischen Spielen 2024 werde ich es wieder versuchen, mehrere Plätze aufzuholen und vielleicht geht es noch weiter nach vorne.

 

Beitragsbild: Lintao Zhang / Getty Images

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